Häufig legen Stifter fest, auf Lebenszeit dem Vorstand „ihrer“ Stiftung anzugehören und die weiteren Vorstandsmitglieder selbst bestimmen zu dürfen. Für die Zeit nach ihrem Tod wird diese Befugnis meist auf ein gesondertes Organ übertragen. Das Landgericht (LG) Aachen musste nun die Frage entscheiden, ob ein Stifter in seinem Testament Vorstände berufen darf, obwohl er selbst von seinem Vorstandsamt zurückgetreten war.
Vorstandsbestellung in Satzung ausdrücklich geregelt
Im Fall des LG Aachen hatte sich der Stifter lebenslänglich zum Vorstand ernannt und sich zudem das Recht vorbehalten, während seiner Amtszeit die weiteren Vorstandsmitglieder selbst zu bestimmen. Um auch für die Zeit nach seinem Tod die Geschicke der Stiftung beeinflussen zu können, hatte er in der Satzung außerdem vorgesehen, seinen eigenen Amtsnachfolger per Testament vorgeben zu dürfen.
Verlust der Rechte durch Amtsniederlegung?
In der Satzung nicht geregelt hingegen war die Frage, was passiert, wenn der Stifter, wie hier, sein Vorstandsamt noch zu Lebzeiten niederlegt. Die übrigen Vorstandsmitglieder waren der Ansicht, dass der Stifter als geborenes Mitglied durch seine Amtsniederlegung insgesamt in einen „inaktiven“ Status gewechselt sei und damit auch das Recht zur Bestimmung der Vorstandsmitglieder verloren habe.
Auslegung der Satzung
Für diese Ansicht fand das Gericht jedoch keinen Anhaltspunkt in der Satzung. Vielmehr sei es auch geborenen Mitgliedern stets möglich, von ihrem Vorstandsamt zurückzutreten. Damit einher gehe noch nicht automatisch auch der Verlust aller sonstigen Rechte. Vielmehr bedürfe es zunächst der Auslegung der Satzung entsprechend dem Stifterwillen, die im vorliegenden Fall zugunsten des Stifters ausgehe: Angesichts seiner ursprünglich lebenslänglichen Vorstandszeit, dem Recht der Nachfolgerfestlegung noch per Testament sowie seiner Befugnis, Vorstandsmitglieder jederzeit abberufen zu können, sei klar, dass der Stifter stets umfangreiche Bestimmungsrechte behalten wollte. Daher müsse er, so das Gericht, auch über seine Amtsniederlegung hinaus bis an sein Lebensende zur Vorstandsbestellung berechtigt sein.
Der Fall zeigt erneut, wie weitsichtig Stifter bei der Gestaltung „ihrer“ Satzung vorgehen müssen. Zwar ist in Zweifelsfällen stets der Stifterwille entscheidend, doch lässt sich dieser nicht immer eindeutig ermitteln. Es gilt nämlich der Wille im Zeitpunkt der Stiftungserrichtung, nicht der in dem Zeitpunkt, in dem der Streit über die Satzungsregelungen entbrennt. Bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer Stiftungssatzung sind Ihnen unsere spezialisierten Anwälte gerne behilflich.
LG Aachen, Urteil vom 20.06.2017, Az. 10 O 470/16
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