Eine als Verein organisierte betriebliche Unterstützungskasse aus Österreich wollte ihren Sitz nach Deutschland verlegen. Aber unter welchen Voraussetzungen kann sie hier rechtsfähig werden? Das Verwaltungsgericht (VG) Augsburg ist der Auffassung, dass der wirtschaftliche Verein jedenfalls die falsche Rechtsform ist.
Wirtschaftlich oder nicht-wirtschaftlich
Die Frage ist vor einem Verwaltungsgericht gelandet, da die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von wirtschaftlichen Vereinen – anders als die Eintragung in das bei den Amtsgerichten geführte Vereinsregister bei nicht-wirtschaftlichen („ideellen“) Vereinen – durch eine Landesbehörde erfolgt. Während der ideelle Verein bloß eingetragen werden muss, wird die Rechtsfähigkeit an wirtschaftliche Vereine nur dann verliehen, wenn keine andere Rechtsform in Betracht kommt, was äußerst selten der Fall ist: Vorrangig sind bei solchen Vereinen nämlich Rechtsformen zu wählen, die bei wirtschaftlicher Betätigung mehr Gläubigerschutz bieten – etwa die (g)Genossenschaft oder die (g)GmbH.
Andere Länder, andere Sitten
Der österreichische Verein scheiterte mit seinem Antrag auf Verleihung der Rechtsfähigkeit, da betriebliche Unterstützungskassen nach Ansicht des VG Augsburg keine wirtschaftlichen, sondern ideelle Zwecke verfolgen. Das Gericht argumentiert hierbei mit der (im Zivilrecht bereits aufgegebenen) Theorie, wonach es bestimmte Vereinstypen gebe, die typischerweise aufgrund ihrer Gläubigergefährdung nicht als ideelle Vereine in das Vereinsregister eingetragen werden können. Eine Unterstützungskasse verfolge jedoch das Ziel der ideellen Förderung von Betriebsangehörigen – etwaige Wirtschaftstätigkeiten unterfielen dem sog. Nebenzweckprivileg. In Österreich sei zudem die Rechtsform des Wirtschaftsvereins abgeschafft, der Verein hat daher auch nach österreichischem Recht ideelle Zwecke verfolgen müssen.
Abgrenzung wirtschaftlicher und nicht-wirtschaftlicher Verein
Die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem und nicht-wirtschaftlichem Verein ist und bleibt eine der schwierigsten Fragen des Vereinsrechts – trotz (oder gerade wegen) der aktuellen BGH-Rechtsprechung hierzu. Stellt sich die Abgrenzungsfrage, sind andere Rechtsformen meist ohnehin die bessere Wahl. Das Kammergericht Berlin stuft betriebliche Unterstützungskassen übrigens als wirtschaftliche Vereine ein, in Berlin hätte der österreichische Verein mit seinem Antrag also richtig gelegen. Die Rechtsauffassungen sind zwischen den Bundesländern verschieden – das gilt es schon bei der Wahl des Sitzes zu berücksichtigen.
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