Ein Verein kann ohne Mitglieder nicht bestehen – nicht nur, weil ohne sie keine Tätigkeiten ausgeübt werden, sondern auch, weil sie durch Wahlen und Beschlüsse dem Verein überhaupt erst Leben einhauchen. Dafür binden sich Mitglieder oft über Jahre hinweg an „ihren Verein“, immerhin möchten sie das Vereinsleben mitgestalten und von den Leistungen des Vereins profitieren. Doch was ist, wenn Menschen nur von den Vereinsleistungen profitieren möchten, nicht aber am Vereinsleben teilhaben wollen – oder dies gar nicht sollen?
Verein erhält Aufstiegserlaubnis für Mitglieder
Diese Frage trat nun bei einem Verein auf, dessen Zweck die Wahrung, Pflege und Förderung des Modellflugsports ist. Hierzu betreibt der Verein ein Modellfluggelände, auf dem die Vereinsmitglieder ihre Fluggeräte steigen lassen können. Der Verein verfügt über die hierfür erforderliche „Aufstiegserlaubnis“ der zuständigen Landesluftfahrtbehörde, ohne die nicht in den Luftraum eingedrungen werden darf. Die Genehmigung wurde dem Verein erteilt – umfasst sind somit nur Mitglieder des Vereins.
Um diesen Kreis zu erweitern, wollte der Verein auch Tagesmitgliedschaften in seiner Satzung zulassen. Tagesmitglieder sollten das Recht zur Nutzung des Fluggeländes haben, nicht jedoch an Mitgliederversammlungen teilnehmen. Das Vereinsregister verweigerte die Eintragung der Satzungsänderung, da solche Tagesmitglieder keine Mitglieder im Sinne des Vereinsrechts sein könnten.
Satzungsfreiheit ermöglicht auch Tagesmitgliedschaften
Gegen diese Entscheidung legte der Verein Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ein – und bekam Recht. Zwar sei eine zeitlich dermaßen befristete Mitgliedschaft vor dem Hintergrund der fehlenden Mitwirkungsrechte in der Mitgliederversammlung als kritisch anzusehen und werde in der Literatur auch kontrovers diskutiert. So seien z.B. Tagesmitgliedschaften in Raucherclubs, die der Umgehung des Rauchverbots in Gaststätten dienten, sowie bei Veranstaltungsvereinen, die das Verbot der öffentlichen Veranstaltungen an bestimmten Sonn- und Feiertagen zu umgehen versuchten, zweifelhaft.
Um einen solchen Missbrauchsfall handele es sich bei dem Modellflugsportverein jedoch nicht – die Aufstiegserlaubnis beziehe sich vielmehr explizit auf sämtliche Mitglieder des Erlaubnisinhabers und damit eben auch auf Tages- und Wochenmitglieder. Letztlich gelte hier der vereinsrechtliche Grundsatz der Gestaltungsfreiheit, der auch die Schaffung von Tagesmitgliedschaften zulasse.
Tagesmitglieder sind zugelassen
Ob bei Tagesmitgliedschaften tatsächlich noch von Vereinsmitgliedern gesprochen werden kann oder ob diese Mitgliedschaften mit entsprechendem Tagesbeitrag nicht vielmehr einem regulären Eintrittsgeld entsprechen, mag man diskutieren können. Die Vereinsautonomie jedenfalls lässt sie zu. Jedem Verein steht es frei, solche kurzfristigen Mitgliedschaften satzungsmäßig zuzulassen oder eben nicht. Den Tagesmitgliedern wiederum werden keine Rechte genommen – ihnen steht es schließlich frei, sich um eine „ordentliche“ Mitgliedschaft zu bemühen oder darauf zu verzichten.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2018, Az. 8 W 428/15
Wollen auch Sie Tagesmitglieder in Ihrem Verein zulassen oder planen Sie anderweitige Satzungsänderungen? Wir prüfen Ihr Vorhaben aus vereins- und gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht und begleiten gerne auch den erforderlichen Abstimmungsprozess auf Ihrer Mitgliederversammlung.
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