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Vereinsabteilung darf mit Einnahmen eigenen Verein gründen

Viele Vereine bestehen aus mehreren Untergliederungen, die jeweils eigenen Tätigkeiten nachgehen. So hat ein Turn- und Sportverein etwa je eine eigene Abteilung für Leichtathletik, Tennis, Fußball usw. Oft agieren die Abteilungen relativ autonom, sodass sich die Frage stellen kann, inwieweit überhaupt noch eine Abhängigkeit vom Hauptverein besteht. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte nun darüber zu entscheiden, ob ein Karnevalsverein (als Hauptverein) die Instrumente und die Vereinskasse seines Musikzuges herausverlangen kann, wenn dessen Mitglieder aus dem Verein austreten.

Musikzug organisierte sich selbst

KarnevalsvereinDie Musiker des Zuges waren Mitglieder eines Karnevalsvereins, durch den Musikzug jedoch selbständig organisiert. Zwischen Musikzug und Karnevalsverein wurde zur Zeit der Gründung der Musikabteilung eine „Vereinbarung Musikzug“ getroffen, die auch als „Zusatz zur Satzung“ bezeichnet wurde. Demnach wählten die Mitglieder des Musikzuges eigene Vorstände und führten eine gesonderte Vereinskasse. Über die Aufnahme von Neumitgliedern in die Abteilung entschied allein deren Vorstand, nicht der des Hauptvereins. Durch eigenständig organisierte Auftritte, die nur zu Beginn im Namen des Hauptvereins, später unter eigenem Namen absolviert wurden, erwirtschaftete der Musikzug Einnahmen, mit denen er teilweise Instrumente anschaffte.

In der Folge traten die Mitglieder des Musikzuges geschlossen aus dem Karnevalsverein aus, um sich selbständig zu organisieren. Die Instrumente und die Vereinskasse nahmen sie mit, wogegen sich der ehemalige Hauptverein vor dem Landgericht (LG) Köln sowie dem OLG Köln zur Wehr setzte. Seiner Ansicht nach gehörten sowohl die Gelder als auch die Instrumente dem Karnevalsverein, da der Musikzug als Unterabteilung stets in dessen Namen gehandelt habe.

Ein Verein im Verein ist immer noch ein Verein

Beide Gerichte entschieden jedoch zu Gunsten des Musikzuges. Zur Begründung führten die Gerichte an, der Musikzug sei aufgrund seiner autonomen Verfassung bereits von Beginn an als sog. nicht-rechtsfähiger Verein selbständig gewesen. Inwieweit die „Vereinbarung Musikzug“ Satzungscharakter für den Hauptverein habe und ob der Musikzug damit Teil des Vereins oder gar selbst nur Mitglied sei, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass die Einnahmen selbständig erwirtschaftet und verwaltet wurden, sodass es unter Abwägung aller Umstände nur folgerichtig sei, diese auch weiterhin dem Musikzug zu belassen.

Auch mit dem Klageantrag auf Herausgabe der Musikinstrumente scheiterte der Hauptverein. Der Verein habe die Instrumente nicht exakt genug identifiziert. Außerdem befanden sich in den Beständen des Musikzuges auch viele Instrumente, die zweifelsfrei im Privateigentum der Mitglieder standen.

Auf Satzungsregelungen achten

Die Entscheidung der Gerichte beruht auf einer Gesamtabwägung der Umstände im konkreten Fall. Mit in die Erwägungen einbezogen wurde, was „recht und billig“ erscheint. Im Einzelfall kann eine Entscheidung aber durchaus auch einmal andersherum ausgehen.

Zur Vermeidung unnötiger Rechtsunsicherheit sollte daher auf klare Absprachen und Satzungsregelungen geachtet werden, vor allem in Fällen, in denen sich Vereinsabteilungen inhaltlich sehr von der Tätigkeit des Hauptvereins unterscheiden und es zumindest nicht fernliegt, dass sie später einmal einen eigenen Verein gründen möchten. Ähnlich einem Ehevertrag kann so schon im Voraus festgelegt werden, wer im Falle der „Scheidung“ Ansprüche hat – und wer eben nicht.

LG Köln, Urteil vom 27.06.2017, Az. 8 O 151/15
OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2018, Az. 18 U 110/17

Weiterlesen:
Was ist eine Vereinsabteilung?
Vereinssatzung rechtssicher gestalten und Fallstricke vermeiden

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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