Unternehmereigenschaft bei NFTs

Eine Händlerin mit Brille vor einem Computerbildschirm

Wann ist ein NFT-Händler ein Unternehmer? Diskussionen innerhalb der EU

Der Handel mit Non-Fungible Tokens (NFTs) ist ein dynamischer und komplexer Bereich, der zunehmend auch umsatzsteuerliche NFT-Fragen aufwirft. Zentral ist dabei die Frage, wann eine handelnde Person oder Organisation im Sinne des Umsatzsteuerrechts als Unternehmer gilt. Innerhalb der EU wird diese Frage intensiv diskutiert, insbesondere vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung des NFT-Markts und dessen noch nicht abschließend geklärter rechtlicher Qualifikation. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Überlegungen und Erkenntnisse aus dem Working Paper 1060 der EU-Kommission zusammengefasst und im Lichte der aktuellen Rechtslage erläutert.

Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht: Grundlegende Anforderungen

Die Unternehmereigenschaft setzt voraus, dass eine Person oder Organisation eine selbstständige, nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die auf Einnahmenerzielung gerichtet ist. Dabei ist nicht die Gewinnerzielungsabsicht entscheidend, sondern das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit (z. B. Verkauf oder Handel von Gütern oder Dienstleistungen) im Rahmen eines geordneten Geschäfts. Der Verkäufer eines NFTs gilt demnach als Unternehmer, wenn er wiederholt Verkaufsaktivitäten durchführt oder zumindest einzelne Verkäufe im Rahmen eines wirtschaftlich organisierten Unternehmens tätigt.

Diskussion: Wann besteht Unternehmereigenschaft bei NFTs?

Das Working Paper 1060 der EU-Kommission differenziert zwischen verschiedenen Fallgruppen:

Für Unternehmereigenschaft spricht:

  • Regelmäßiger Handel mit NFTs als Gewerbetreibender oder professioneller Händler
  • Primärverkauf (erstmalige Ausgabe) eines NFTs durch den Ersteller (Creator)
  • Sekundärmarktverkäufe im Rahmen systematischer Handelstätigkeit
  • Betreiber von NFT-Marktplätzen oder Plattformen, die entgeltliche Leistungen erbringen (z. B. über Gebühren/Provisionen)
  • Netzwerk-Validatoren (Miner), die gegen Entgelt Transaktionen bestätigen oder NFTs minten

Gegen Unternehmereigenschaft spricht:

  • Gelegentliche oder einmalige Verkäufe durch Privatpersonen ohne nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit (leider wird hier keine Anzahl genannt, was noch als „gelegentlich“ gilt)
  • Halten von NFTs ohne aktive wirtschaftliche Betätigung
  • Einkünfte aus Weiterveräußerungs-Royalties ohne eigenes aktives unternehmerisches Handeln
  • NFTs, die keine nennenswerten Nutzungsrechte übertragen oder deren Rechte mit dem ersten Verkauf erschöpft sind
  • NFTs, die als Belohnungen („earned NFTs“) ohne direkte Gegenleistung (beispielsweise in Online-Spielen) vergeben werden

Besondere Prüfungsbedarfe betreffen:

  • Abgrenzung zwischen gelegentlichem Verkauf und wirtschaftlicher Tätigkeit
  • Art der NFTs und der übertragenen Rechte
  •  Vertragsgestaltung und Eintritt eines Leistungsentgelts
  • Rolle von Plattformen und Validatoren in der konkreten Transaktion

Diese differenzierte Betrachtung zeigt, dass die Unternehmereigenschaft stets individuell im Einzelfall zu prüfen ist.

Rechtsfolgen der Unternehmereigenschaft

Wer als Unternehmer gilt, unterliegt mit seinen NFT-Verkäufen grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Inländische Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz von 19%. Für die Bestimmung der Steuerpflicht ist der Leistungsort entscheidend.

Die Dienstleistungskommission, welche den Leistungsort an den Ort der Plattform verlegen würde, greift laut Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen zumindest bei OpenSea nicht.

Kann der Leistungsort des Käufers nicht ermittelt werden – was im NFT-Handel aufgrund der anonymisierten oder pseudonymisierten Wallet-Adressen häufig der Regelfall ist –, muss der Inlandanteil der Umsätze geschätzt werden. Das Finanzgericht Niedersachsen hat im Urteil 5 K 26/24 als vernünftige Schätzung einen Anteil von 50% der Umsätze als im Inland steuerbar angenommen.

Verkauf von sehr teuren NFTs

Generell gilt: Idealerweise sollten Sie Ihren Käufer kennen und seine Daten notieren (KYC). In der Praxis geschieht dies jedoch leider allzu häufig nicht.

Bei außergewöhnlich hohen Verkaufspreisen – etwa sechs- oder siebenstelligen Beträgen wie bei NFTs vom Bored Ape Yacht Club – kann es sich lohnen, den Leistungsort auch nachträglich sorgfältiger zu recherchieren. In solchen Fällen empfiehlt es sich, soziale Netzwerke nach öffentlichen Aussagen der Käufer zu durchsuchen, da Erwerber dort teilweise ihre Käufe dokumentieren oder diskutieren. Dadurch kann der Leistungsort in solchen Einzelfällen möglicherweise dennoch festgestellt werden. Dies ist für die korrekte Umsatzsteuerermittlung und -abführung von großer Bedeutung und kann den Unterschied zwischen Steuerpflicht und Steuerfreiheit ausmachen.

Unternehmereigenschaft im NFT-Handel eher die Regel

Folgt man den Ausführungen im Working Paper 1060, zeigt die Analyse, dass die Unternehmereigenschaft beim Handel mit NFTs eher die Regel als die Ausnahme ist. Lediglich die einmalige oder „gelegentliche“ Veräußerung von NFTs führt noch nicht zur Unternehmereigenschaft. Was allerdings noch „gelegentlich“ ist, wird wohl im Einzelfall zu erstreiten sein.

Professionelle, regelmäßige oder systematische Händler erfüllen zumeist die Voraussetzungen eines Unternehmers. Daraus ergeben sich umfassende umsatzsteuerliche Pflichten hinsichtlich der korrekten Erfassung und Versteuerung der Umsätze. Die genaue Prüfung der individuellen Handelstätigkeit, der übertragenen Rechte, der Vertragsumstände sowie der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ist unerlässlich, um Fehlklassifizierungen zu vermeiden.

Unternehmereigenschaft klären lassen – WINHELLER unterstützt

Das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen verdeutlicht die praktische Relevanz dieser Grundsätze und gibt Orientierung für die steuerliche Einordnung insbesondere digitaler Sammlerobjekte (NFT-Collectibles). NFT-Händler sollten ihre Unternehmereigenschaft zeitnah klären und die umsatzsteuerlichen Anforderungen gewissenhaft erfüllen, um steuerliche Risiken zu vermeiden.

Natürlich kommt dem Working Paper 1060 kein gesetzlicher oder sonst wie bindender Charakter zu. Dennoch mag daraus die Richtung abgeleitet werden, die von den einzelnen Mitgliedstaaten hierzu entwickelt wird. Noch immer hat sich die deutsche Finanzverwaltung zu NFTs nicht bindend geäußert. Auch die Anpassung des BMF-Schreibens im März 2025 schweigt sich hierzu weiter aus. Kommen Sie daher gern mit Ihren Fragen auf uns zu!

Quellen:

  • Working Paper 1060 der EU-Kommission (2023)
  • Urteil Finanzgericht Niedersachsen, 10.07.2025, Az.: 5 K 26/24

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Porträt vom Autor

Jürgen Schwendemann

Steuerberater Jürgen Schwendemann ist für WINHELLER weltweit in den Bereichen internationales Steuerrecht, Blockchain und Kryptowährungen tätig.

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