NFT-Typen und ihre umsatzsteuerliche Einordnung: Lieferung oder sonstige Leistung?

Ein NFT-Bild eines virtuellen Affens

Der Handel mit Non-Fungible Tokens (NFTs) hat in den letzten Jahren stark zugenommen und führt zunehmend zu umsatzsteuerrechtlichen Prüfungen. Ein wegweisendes Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom Juli 2025 führte zu erheblichen Nachforderungen deutscher Umsatzsteuer bei einem NFT-Händler. Dabei stellte das Gericht grundlegend auf die Qualifikation der NFTs und deren umsatzsteuerliche Behandlung als sonstige Leistung ab. Doch liegt tatsächlich immer eine sonstige Leistung vor?

Für NFT-Händler und Steuerberater ist es essenziell, die unterschiedlichen Arten von NFTs zu kennen und deren steuerliche Relevanz zutreffend einzuordnen.

Verschiedene Arten von NFTs und typische Merkmale

NFTs sind digitale Einheiten, die durch die Blockchain-Technologie eindeutig identifiziert werden. Sie können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein, was sich unmittelbar auf die steuerliche Behandlung auswirkt. Zu den gängigen Typen zählen:

  • Standard-NFTs: Einzigartige digitale Token, die meist digitale Sammlerstücke, Kunstwerke oder Musik abbilden. Die dargestellten Assets sind vielfach digital und werden off-chain (außerhalb der Blockchain) gespeichert.
  • Fractionalised NFTs (F-NFTs): Teilbare Token, die gemeinschaftliches Eigentum an einem indivisiblen NFT repräsentieren
  • Voucher-ähnliche NFTs: NFTs, die als Gutscheine fungieren und beim Einlösen einen bestimmten Sach- oder Dienstleistungsbezug haben (Single-Purpose Vouchers und Multi-Purpose Vouchers)
  • Dynamische NFTs: NFTs, deren Metadaten sich verändern können, z.B. durch Wahlrechte des Inhabers
  • Gift Card NFTs: NFTs mit eingebettetem Geldwert, mit dem bei bestimmten Anbietern eingekauft werden kann
  • NFTs mit physischem Asset-Bezug: Token, die Eigentumsrechte an physischen Gütern abbilden.
  • Gaming- und Earned-NFTs: Belohnungen aus Online-Spielen, die häufig ohne direkte Gegenleistung vergeben werden
  • Lazy-Minted NFTs: NFTs, die erst beim ersten Verkauf im Blockchain-Netzwerk gespeichert werden, um Vorlaufkosten zu reduzieren

Umsatzsteuerliche NFT-Behandlung: Sonstige Leistung oder Lieferung?

Das Finanzgericht Niedersachsen urteilte im zugrunde liegenden Fall, dass der Handel mit sogenannten NFT-Collectibles als sonstige Leistung zu klassifizieren sei. Eine Lieferung kann hingegen vorliegen, wenn das NFT eine Ware im steuerlichen Sinne darstellt – konkret, wenn es sich um einen „körperlichen Gegenstand“ oder ein sonstiges Wirtschaftsgut mit körperlicher Substanz handelt und somit eine bewegliche Sache im Sinne des Umsatzsteuerrechts vorliegt.

Typische Fälle, bei denen ein NFT als Lieferung eingestuft werden könnte:

  • NFTs mit einem physischen Gegenstand gekoppelt: Etwa wenn das NFT Eigentum oder Besitz an einem physischen Gut wie einer Sportsammelkarte oder einem Kunstwerk verbrieft und dieser physische Gegenstand übergeben wird.
  • Tokenisierung physischer Waren: Wenn das Token unmittelbar einen materiellen Gegenstand abbildet, der tatsächlich übergeben wird (z.B. Token für Luxusgüter in einer Lieferkette).
  • NFTs, welche ausschließlich den Eigentumsübergang an einem physischen Gegenstand dokumentieren: Wenn das NFT als Beweis für die tatsächliche Übergabe eines materiellen Gegenstands dient und dieser Gegenstand bewegt wird.

Demgegenüber sind reine digitale Sammlerstücke (z.B. digitale Kunstwerke ohne physische Form) keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen, da kein körperlicher Gegenstand übergeben wird.

Wichtige Aspekte bei der steuerlichen Einordnung von NFTs

  • Virtuelle oder echte Vermögensgegenstände: NFTs sind häufig keine traditionellen „Waren“ im materiellen Sinn, wodurch meist die Einordnung als sonstige Leistung erfolgt.
  • Leistungsort und Umsatzsteuerpflicht: Die Bestimmung des Leistungsorts (insbesondere bei anonymen oder pseudonymen Käufern) gestaltet sich schwierig und führt zu Schätzungen des Inlandanteils (beispielsweise schätzte das Finanzgericht Niedersachsen einen Inlandanteil von 50 %).
  • Besondere NFTs mit Vouchers oder geldwerten Rechten: Durch die Funktion als Gutschein kann der Zeitpunkt und Ort der Besteuerung variieren.
  • Lazy Minting: Die nachträgliche Erstellung eines NFTs beim ersten Verkauf beeinflusst den Zeitpunkt der Steuerentstehung.

Umsatzsteuerpflicht genau prüfen – WINHELLER hilft

Die Vielfalt der NFTs führt zu unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Beurteilungen. Während viele NFTs als sonstige Leistungen zu qualifizieren sind, gibt es insbesondere bei Blockchains, die reale körperliche Gegenstände tokenisieren, oder bei NFTs, die als Gutscheine fungieren, spezielle Bedingungen, unter denen eine Lieferung vorliegen kann. Eine Einzelfallprüfung ist unabdingbar.

Das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen zeigt eindrücklich: Der NFT-Handel ist meist umsatzsteuerpflichtig und unterliegt strenger Dokumentation. Unternehmer sollten insbesondere die Art ihrer NFTs und die vertragliche Gestaltung kritisch prüfen, um ihre steuerlichen Pflichten korrekt zu erfüllen und Nachforderungen zu vermeiden. Gern sind wir Ihnen bei allen Fragen zu NFTs behilflich.

Quellen:

  • Urteil Finanzgericht Niedersachsen, 10.07.2025, Az. 5 K 26/24
  • EU-Kommission, Working Paper 1060 (2023)
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Porträt vom Autor

Jürgen Schwendemann

Steuerberater Jürgen Schwendemann ist für WINHELLER weltweit in den Bereichen internationales Steuerrecht, Blockchain und Kryptowährungen tätig.

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