Laut BGH muss ein Vereinsmitglied auch dann Umsatzsteuer für den Mitgliedsbeitrag zahlen, wenn die Satzung dies nicht ausdrücklich vorsieht. Dies kann sich aus einer ergänzenden Auslegung der Satzung ergeben.
Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerbar
Seit Jahren ist höchstrichterlich geklärt, dass Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerbar sein können. Während sich die Finanzverwaltung zumindest in den für sie günstigen Fällen (Versagung des Vorsteuerabzugs) immer noch gegen diese Rechtsauffassung sträubt, hat der BGH nun eine Folgefrage entschieden: Was ist, wenn die Vereinssatzung die Erhebung von Umsatzsteuer auf die Mitgliedsbeiträge nicht ausdrücklich vorsieht? Kann der Verein dann trotzdem von seinen Mitgliedern die Zahlung der Umsatzsteuer verlangen?
Vereinsmitglied verweigert Zahlung der Umsatzsteuer
Das Vereinsmitglied in dem vom BGH entschiedenen Fall war durch Unterzeichnung des Mietvertrages für eine Gewerbefläche in einem Einkaufszentrum gleichzeitig Mitglied des Vereins geworden, der mit den Mitgliedsbeiträgen Werbemaßnahmen zu Gunsten der Gesamtheit der Mieter finanzierte. Ursprünglich war der Verein davon ausgegangen, auf die Mitgliedsbeiträge keine Umsatzsteuer erheben zu müssen. Nach einer Betriebsprüfung und einem Hinweis des Finanzamtes auf die geänderte Rechtsprechung verlangte er von seinen Mitgliedern dann die Zahlung der Umsatzsteuer. Das Vereinsmitglied wollte aber nicht zahlen, weil die Satzung die Zahlung der Umsatzsteuer nicht ausdrücklich vorsah.
Vereinssatzung auslegungsfähig
Der BGH ließ dieses Argument allerdings nicht gelten. Eine Vereinssatzung sei einer ergänzenden Auslegung zugänglich, soweit sie Lücken aufweise. Weil der Verein die Umsatzsteuerpflichtigkeit der Mitgliedsbeiträge zunächst überhaupt nicht bedacht habe, bestehe tatsächlich eine solche Lücke. Aus dem Zweck des Vereins und der Tatsache, dass er eigene wirtschaftliche Zwecke nicht verfolge, ergebe sich die Verpflichtung des Mitgliedes, neben dem Mitgliedsbeitrag auch die Umsatzsteuer zu zahlen, so der BGH. Könnte der Verein die Umsatzsteuer nämlich nicht zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen verlangen, wäre die Umsatzsteuerpflichtigkeit der von ihm an seine Mitglieder erbrachten Leistungen wirtschaftlich von ihm allein zu tragen. Die Mitgliedsbeiträge stünden ihm dann zur Erfüllung des Vereinszwecks nicht mehr im vollen Umfang zur Verfügung.
Mitglied muss Umsatzsteuer zahlen
Dies spreche dafür, dass die Umsatzsteuerschuld von den Mitgliedern mitzutragen sei, zumal die Mieter des Einkaufszentrums ihrerseits typischerweise überwiegend nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt seien und die zu zahlende Umsatzsteuer sie als durchlaufender Posten daher wirtschaftlich nicht belaste.
Preisvereinbarungen sind üblicherweise Bruttovereinbarungen
Die Entscheidung überrascht insofern, als man im Zivilrecht üblicherweise davon ausgeht, dass Preisvereinbarungen zwischen Parteien grundsätzlich Bruttovereinbarungen sind. Vereinbaren zwei Vertragsparteien eines Kaufvertrags einen Preis und ergänzen sie die Preisangabe nicht ausdrücklich durch eine Formulierung wie „zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer“, ist grundsätzlich nur der vereinbarte Preis geschuldet.
Eine Nachforderung von Umsatzsteuer zusätzlich zum vereinbarten Preis ist dann ausgeschlossen. Der Verkäufer muss dann die Umsatzsteuer aus dem vereinnahmten Kaufpreis herausrechnen, was seine Gewinnmarge im Zweifel erheblich schmälert. Der BGH hat im vorliegenden vereinsrechtlichen Fall gänzlich anders entschieden. Zumindest in Fällen, in denen die Mitglieder vorsteuerabzugsberechtigt sind und die mögliche Umsatzsteuerpflicht vom Verein nicht bedacht wurde, kann sich danach aus einer ergänzenden Auslegung der Satzung eine erweiterte Zahlungspflicht der Mitglieder ergeben.
BGH, Urteil vom 13.04.2016, Az. XII ZR 146/14
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Tags: Satzung, Verein, Vereinsmitglied, Vereinssatzung