
Am 23.02.2025 steht die Bundestagswahl an, und mit ihr rücken die steuerpolitischen Konzepte der Parteien in den Fokus. Denn das Thema Steuern betrifft jeden Bürger und jedes Unternehmen unmittelbar. In diesem Beitrag werfen wir daher einen detaillierten Blick auf die Steuerpläne der acht Parteien, die laut aktuellen Vorhersagen mit den meisten Stimmen rechnen können: CDU/CSU, AfD, SPD, Die Grünen, BSW, FDP, Die Linke und Freie Wähler.
Unser Beitrag basiert auf den bis heute veröffentlichten Wahlprogrammen der Parteien. In dieser Reinform ist mit einer Umsetzung allerdings nicht zu rechnen. In der politischen Realität Deutschlands, die von Koalitionsregierungen geprägt ist, sind Kompromisse die Regel. Die tatsächlich umgesetzten Maßnahmen nach der Wahl können daher erheblich von den hier versprochenen Vorhaben abweichen. Der nachfolgende Überblick dient daher primär dazu, die grundsätzlichen steuerpolitischen Ausrichtungen und Ziele der Parteien zu veranschaulichen.
Das Programm der CDU/CSU verspricht eine breite steuerliche Entlastung von Bürgern und Unternehmen, mit besonderem Fokus auf Familien und den Mittelstand.
Einkommensteuer
- Abflachung des Einkommensteuertarifs und Erhöhung des Grundfreibetrags
- Deutliche Erhöhung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz
- Regelmäßige Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflation (Ausgleich der kalten Progression)
- Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Beibehaltung des Ehegattensplittings mit stärkerer Berücksichtigung von Kindern
- Steuerfreistellung von Überstundenzuschlägen bei Vollzeitbeschäftigung
- Erhöhung der Pendlerpauschale
- Verbesserung der steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten
Unternehmensbesteuerung
- Senkung der Unternehmenssteuerbelastung auf maximal 25 Prozent
- Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten und Verlustverrechnung
Vermögen und Erbschaften
- Ablehnung einer Vermögensteuer
- Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftsteuer
Umsatzsteuer
- Reduzierung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie auf 7 Prozent
Sonstiges
- Entwicklung des Kinderfreibetrags in Richtung des Grundfreibetrags der Eltern
- Entsprechende Anhebung des Kindergelds
- Einführung einer Vermögensbildungsprämie
Die AfD setzt in ihrem Leitantrag zum Bundestagswahlprogramm auf die Abschaffung einiger Steuerarten und möchte das System so vereinfachen.
Einkommensteuer
- Einführung des Familiensplittings
- Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Erhöhung des Sparerpauschbetrags auf 2.400 Euro
Unternehmensbesteuerung
- Entlastung des Niedriglohnsektors und Mittelstands
Vermögen und Erbschaften
- Ablehnung einer Vermögensteuer
- Abschaffung der Erbschaftsteuer
Umsatzsteuer
- Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf 7 %
Sonstiges
- Vereinfachung des komplexen deutschen Steuerrechts
- Abschaffung von CO2-Abgaben
- Abschaffung der Grundsteuer
- Ablehnung eines eigenen Besteuerungsrechts der EU und Beibehaltung nationaler Steuerhoheit
Quellen: https://www.afd.de/wp-content/uploads/2024/11/Leitantrag-Bundestagswahlprogramm-2025.pdf; https://www.afd.de/wp-content/uploads/2025/01/2025-01-23-_-AfD-Flugblatt-_-20-Kernforderungen-aus-Bundestagswahlprogramm-_-Webversion.pdf
Die SPD verspricht mehr Steuergerechtigkeit durch eine stärkere Besteuerung von Vermögen, die Förderung klimafreundlicher Investitionen, die Entlastung der arbeitenden Mitte und Unternehmen sowie die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Finanzkriminalität.
Einkommensteuer
- Besteuerung von Kapitaleinkünften nach dem Einkommensteuertarif statt Abgeltungssteuer
- Steuerliche Begünstigung von Prämien für die Ausweitung von Arbeitszeiten
Unternehmensbesteuerung
- Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen, einschließlich vermögenshaltender Familienstiftungen
- Förderung einer einheitlichen Basis-Körperschaftsteuer von 15 % in der EU
Vermögen und Erbschaften
- Wiederbelebung der Vermögensteuer für sehr hohe Vermögen
- Reform der Erbschafts- und Schenkungsteuer zur Abschaffung von Privilegien bei Unternehmensvermögen
- Unterstützung einer internationalen Mindeststeuer für Superreiche
Sonstiges
- Ausbau der Behörden zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Finanzkriminalität
- Abbau von Steuerbürokratie durch eine vorausgefüllte Steuererklärung und automatische Steuererstattungen
- Steuerliche Förderung von Investitionen in klimafreundliche Technologien mit einer Steuerprämie („Made in Germany“-Bonus)
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern
Quelle: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/2025_SPD_Regierungsprogramm.pdf
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen setzt auf Entlastungen, ein Klimageld, die Besteuerung von Kapitaleinkünften und Ansätze zur Wirtschaftsförderung.
Einkommensteuer
- Integration des Solidaritätszuschlags in den Einkommensteuertarif, um die Steuerstruktur zu vereinfachen
- Erhöhung der Arbeitnehmerpauschbeträge auf 1.500 Euro
Vermögen und Erbschaften
- Nationale Vermögenssteuer zur Finanzierung des Gemeinwohls und zur Reduzierung von Ungleichheit
- Einführung einer globalen Milliardärssteuer
- Reform der Erbschaftssteuer mit Fokus auf sehr große Erbschaften und Schließung von Steuerlücken, z.B. mit dem Konzept eines „Lebensfreibetrags“ von beispielsweise einer Million Euro pro Person
Sonstiges
- Kapazitätsaufstockung der Steuerbehörden
- Einführung von Steuergutschriften, speziell für Alleinerziehende und zur gezielten Entlastung niedriger Einkommen
- Gerechtere Immobilienbesteuerung, insbesondere durch Schließung von Schlupflöchern wie Share Deals
Der Entwurf des BSW-Wahlprogramms verspricht Gering- und Normalverdiener zu entlasten, die Steuergerechtigkeit zu erhöhen, Steuerschlupflöcher zu schließen und gleichzeitig hohe Einkommen und Vermögen stärker zu besteuern.
Einkommensteuer
- Deutliche Erhöhung des Grundfreibetrags, der sich an der Armutsgefährdungsschwelle orientieren soll
- Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen
- Steuerbefreiung für gesetzliche Renten bis 2.000 Euro im Monat (bei Abwesenheit anderer Einkommen)
- Anpassung des Spitzensteuersatzes, sodass er erst bei sehr hohen Einkommen greift und mittlere Einkommen verschont
- Besteuerung von Kapitalerträgen mit dem normalen Einkommensteuersatz statt der Abgeltungssteuer
- Abschaffung der Steuerfreiheit für Wertzuwächse bei Immobilien nach 10 Jahren, außer bei selbstgenutztem Wohnraum
Unternehmensbesteuerung
- Besteuerung von Aktienrückkäufen, um Unternehmen zu Investitionen statt Kurspflege zu bewegen
- Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen und Lizenzzahlungen an ausländische Holdinggesellschaften bei der Gewerbesteuer
Vermögen und Erbschaften
- Reaktivierung der Vermögenssteuer für Vermögen ab 25 Millionen Euro mit gestaffelten Steuersätzen
Umsatzsteuer
- Absenkung der Mehrwertsteuer auf 0 Prozent für Grundnahrungsmittel
Sonstiges
- Einführung eines Grundfreibetrags auf Sozialabgaben bei gleichbleibenden Ansprüchen, gegenfinanziert durch eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen
- Schließung des „Share Deals“-Schlupflochs bei der Grunderwerbsteuer
- Befreiung von Familien von der Grunderwerbsteuer beim Erwerb des ersten selbstgenutzten Eigenheims
- Belastungsmoratorium bei der Grundsteuer für normale Eigenheimbesitzer und Mieter
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer für alle Wertpapier- und Derivategeschäfte
Quelle: https://bsw-vg.de/wp-content/themes/bsw/assets/downloads/BSW%20Wahlprogramm%202025.pdf
Die Freien Demokraten setzen in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 auf Entlastung, Vereinfachung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Einkommensteuer
- Einführung eines linear-progressiven Tarifs in der Einkommensteuer, der den Mittelstandsbauch vollständig beseitigt
- Anhebung des Grundfreibetrags um mindestens 1.000 Euro
- Anhebung der Grenze für den Spitzensteuersatz auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (96.600 Euro statt 68.000 Euro)
- Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags
- Automatische Anpassung der Freibeträge und Eckwerte der Einkommensteuer an die Inflation („Tarif auf Rädern“)
- Befreiung von Überstundenzuschlägen bei Vollzeitarbeit von der Lohnsteuer
- Wiedereinführung einer Spekulationsfrist für private Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren
- Abschaffung der Verlustverrechnungsbeschränkung innerhalb der Abgeltungsteuer
Unternehmensbesteuerung
- Vereinfachung des Steuersystems für kleine und mittlere Unternehmen sowie Familienunternehmen
- Absenkung der Unternehmenssteuerbelastung auf unter 25 Prozent
- Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit fiktiver Eigenkapitalzinsen
- Verbesserung der steuerlichen Verlustverrechnung für Unternehmen
Umsatzsteuer
- Reduzierter Umsatzsteuersatz von 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie
Sonstiges
- Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß
- Schrittweise Abschmelzung der EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe bis auf null
- Mittelfristige Abschaffung der Kfz-Steuer
- Einführung eines steuerfreien Aufstiegsvermögens für private Altersvorsorge
Quelle: https://www.fdp.de/sites/default/files/2024-12/fdp-wahlprogramm_2025.pdf
Einkommensteuer
- Verringerung der Steuerbelastung für Personen mit Einkünften unter 7.000 Euro brutto im Monat
- Zu versteuernde Einkommen unter dem Existenzminimum von 16.800 Euro im Jahr soll steuerfrei bleiben
- Der Spitzensteuersatz soll auf 53 Prozent steigen
- Superreiche sollen 75 Prozent Reichensteuer zahlen
Vermögen und Erbschaften
- Wiedereinführung der Vermögensteuer für Millionäre und Milliardäre
Umsatzsteuer
- Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte, Bus und Bahn sollen von der Mehrwertsteuer befreit werden
Quelle: https://www.die-linke.de/fileadmin/4_Wahlen/Bundestagswahl_2025/Kurzwahlprogramm_LINKE-BTW25_web.pdf
Das Wahlprogramm der Freien Wähler lag zu Redaktionsschluss dieses Beitrags nur als Entwurf vor. Zu Steuerthemen enthält dieser im Vergleich zu anderen Parteien nur wenige Aussagen.
Einkommensteuer
- 2.000 Euro pro Monat für Arbeitnehmer steuerfrei
Vermögen und Erbschaften
- Abschaffung der Erbschaftssteuer
Sonstiges
- Korrektur der Rentenbesteuerung und Stopp der Doppelverbeitragung
Quelle: https://www.freiewaehler.eu/presse/termine/festeveranstaltung/
Ein kritischer Aspekt aller Wahlprogramme ist die notwendige Gegenfinanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen, soweit sie steuerliche Entlastungen vorsehen. Die Umsetzung der Versprechen würde Kosten verursachen, die der Staat an anderer Stelle ausgleichen müsste. Diese belaufen sich nach vorläufigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) schätzungsweise auf:
Partei | Zusätzliche Kosten (in Mrd. Euro) |
CDU/CSU | 89 |
SPD | 30 |
Grüne | 48 |
FDP | 138 |
AfD | 149 |
Wie viel von den Vorschlägen in einer neuen Koalitionsregierung wirklich umgesetzt werden wird, ist fraglich. Dabei ist das Steuerrecht unserer Meinung nach in vielen Bereichen in der Tat dringend reformbedürftig. Wünschenswert wäre unseres Erachtens vor allem, dass Steuergesetze so verständlich formuliert werden, dass sie für jedermann zu verstehen sind. Das dürfte die Akzeptanz von Steuergesetzen erheblich fördern.
Es bleibt spannend, welche steuerlichen Veränderungen die neue Regierung auf den Weg bringen wird.
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