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BSW für Vernunft und Gerechtigkeit: So wird aus einem Verein eine Partei

BSW für Vernunft und Gerechtigkeit: So wird aus einem Verein eine Partei

Bereits seit Monaten wurde über eine mögliche Parteigründung der Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht spekuliert. Am 23.10.2023 verkündete Wagenknecht nun die Gründung des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für Vernunft und Gerechtigkeit“ und gab ihren Austritt aus der Linkspartei bekannt. Die eigentliche Parteigründung wird für Januar erwartet. Dabei stellt sich die interessante Frage, wie aus einem eingetragenen Verein eine politische Partei werden kann.

Was ist eine Partei?

Parteien sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz (PartG) frei gebildete Personenvereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 GG, die sich auf der Basis des privaten Rechts nach den vereinsrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 21 bis 79 BGB) gründen. Sie sind in der Regel nicht rechtsfähige Vereine. Sofern sich eine Partei als rechtsfähiger Verein organisieren will, muss sie zusätzlich ins Vereinsregister eingetragen werden (§ 21 BGB). Die rechtliche Stellung von Parteien und ihre Anerkennung als tragendes Element der demokratischen Verfassung basieren auf den Regelungen des Art. 21 GG, in dem es heißt: „Parteien sollen bei der ,politischen Willensbildung des Volkes’ mitwirken.“

Rechtlicher Rahmen der Parteigründung

Die Gründung von Parteien ist in Deutschland frei gem. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG. Um eine Partei zu gründen, bedarf es daher keiner staatlichen Genehmigung. Allerdings muss die innere Ordnung der Partei den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechen. Weitere Regelungen ergeben sich aus dem Grundgesetz und dem Parteiengesetz.

Möglichkeiten der Entstehung von Parteien

Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, wie eine Partei entstehen kann. In der Regel entstehen Parteien durch Gründung. Dazu muss ein Gründungsvertrag geschlossen werden, der den Willen der Beteiligten, eine Partei zu gründen, zum Ausdruck bringt.

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Es besteht jedoch auch die Möglichkeit eine Partei dadurch entstehen zu lassen, dass eine bereits bestehende Vereinigung in eine Partei umgewandelt wird. Der Grund dafür liegt darin, dass Parteien frei gebildete Personenvereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 GG sind, die sich auf der Basis des privaten Rechts nach den vereinsrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 21 bis 79 BGB) gründen. Auch nach dem Parteiengesetz haben sich Parteien in den Rechtsformen des bürgerlichen Rechts zu organisieren. Öffentlich-rechtliche Organisationsformen wie Körperschaften etc. scheiden dementsprechend aus. Sie haben zumeist die Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins. Will sich eine Partei als rechtsfähiger Verein organisieren, gelten für sie folglich die gleichen Regeln wie für andere Vereine: Sie muss zusätzlich ins Vereinsregister eingetragen werden gem. § 21 BGB.

Daraus ergibt sich, dass auch die bestehenden etablierten Parteien als Vereine organisiert sind und somit auch, neben dem Parteiengesetz, dem Vereinsrecht unterliegen. Jedoch überlagern die Vorgaben des Parteiengesetzes die Vorgaben des Vereinsrechts und stellen somit die wesentlichen Merkmale einer Partei dar.

Voraussetzungen des Parteiengesetzes beachten

Grundsätzlich kann sich also jeder Verein als Partei gründen. Das ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich, sondern bedarf der Einhaltung der Vorgaben des Parteiengesetzes. Eine wesentliche Vorgabe ist dabei der Wille des Vereins bzw. der zu gründenden Partei, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Dieser Wille stellt praktisch den Schritt von einem „normalen“ Verein hin zu einer politischen Partei dar. Zudem muss der Verein in seiner Rolle als Partei auch regelmäßig an den Wahlen zu den Landtagen bzw. Bundestag teilnehmen. Auch muss sich der Name der Partei sowie ihre Kurzbezeichnung deutlich von den Namen bereits bestehender Parteien unterscheiden (vgl. § 4 PartG). Die Partei muss außerdem bei ihrer Gründung eine Satzung und ein Programm beschließen und diese auch schriftlich dokumentieren. Detaillierte Regelungen hierzu enthält § 6 Abs. 2 PartG, wonach die Satzung einer Partei folgende Bestimmungen enthalten muss:

  • Name, Kurzbezeichnung und Sitz der Partei
  • Aufnahme, Austritt, Rechte und Pflichten der Mitglieder
  • Zusammensetzung und Befugnisse des Vorstands
  • Einberufung der Mitglieder- und Vertreterversammlungen
  • Organe, die zur Einreichung von Wahlvorschlägen befugt sind
  • Finanzordnung

Weiterhin ist dem Bundeswahlleiter gem. § 6 Abs. 3 PartG Folgendes mitzuteilen:

  • Satzung und Programm der Partei
  • Namen der Vorstandsmitglieder der Partei und der Landesverbände mit Angabe ihrer Funktionen
  • Auflösung der Partei oder eines Landesverbandes
  • Änderungen müssen bis zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres mitgeteilt werden

Entscheidung des Bundeswahlausschusses über Teilnahme an Wahlen

Die Entscheidung, ob eine Partei an der Bundestagswahl teilnehmen kann, obliegt dem Bundeswahlausschuss. Dieser prüft, ob es sich tatsächlich um eine Partei und eben nicht nur um einen Verein handelt. Die Prüfung erfolgt aufgrund einer Reihe von Kriterien. Neben den bereits genannten spielt außerdem eine Rolle, ob der Verein eine ausreichende Mitgliederzahl hat.

Das Parteiengesetz schreibt dazu keine Mindestzahl vor. Allerdings muss eine Vereinigung auch nach der Zahl ihrer Mitglieder die Ernsthaftigkeit der Mitwirkung an der politischen Willensbildung gewährleisten (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG). Eine konkrete Mitgliederzahl kann hierfür nicht genannt werden, da die Vereinigung in ihrem Gesamtbild gesehen wird.

Daneben muss die Partei über eine hinreichende Organisation verfügen, um dem Ziel der Teilnahme an den Bundestagswahlen auch gerecht werden zu können. Auch muss sich der Wille der Partei zur Teilnahme an Wahlen so darstellen, dass das Parteiprogramm eine gewisse Breite aufweist und sich nicht nur auf einen Einzelaspekt bezieht. So ist es z.B. für einen Verein problemlos möglich, den Zweck der Förderung des Modelleisenbahnwesens zu haben. Dies wäre jedoch für eine politische Partei ein zu enger Aspekt, der allein schlecht zu einer politischen Willensbildung führen könnte.

Bei Fragen zur Umwandlung eines Vereins in eine Partei und zum Vereinsrecht allgemein kommen Sie gern auf uns zu!

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Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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