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Gemeinnützigkeit von Privatschulen: Vorsicht beim Schulgeld!

Gemeinnützigkeit von Privatschulen: Vorsicht beim Schulgeld!

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Privatschule nicht in jedem Fall die Allgemeinheit fördert, sodass dem Träger der Schule die Gemeinnützigkeit aberkannt werden kann. Welche Maßnahmen Privatschulen ergreifen sollten, um ihre Gemeinnützigkeit zu schützen, verraten wir Ihnen im folgenden Beitrag.  

Privatschule mit hohen Schulgebühren und niedriger Stipendiatenquote

In dem Fall vor dem BFH ging es um eine gemeinnützige GmbH, die Trägerin einer anerkannten internationalen Ergänzungsschule war. Die Schule bot Unterricht für die Klassen 1 bis 12 an und finanzierte sich ausschließlich mit Schulgebühren, die 11.000 Euro bis 17.000 Euro pro Jahr betrugen. Zusätzlich fielen Verwaltungs- und Einschreibegebühren sowie Kosten für Verpflegung, Material und besondere Veranstaltungen an. Begabten Schülern aus einkommensschwachen Familien bot die Schule Stipendien an. Schüler aus Familien mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von weniger als 5.000 Euro erhielten dabei ein Vollstipendium. Der Anteil der Stipendiaten an der gesamten Schülerschaft betrug rund 10%. Eine höhere Stipendiatenquote wäre nach Angaben der GmbH nur mit staatlichen Zuschüssen finanzierbar gewesen.

Finanzamt und Finanzgericht: Träger ist nicht gemeinnützig

Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht waren der Auffassung, dass die Tätigkeit der GmbH nicht gemeinnützigkeitskonform sei. Ihre Tätigkeit sei nicht darauf gerichtet, die Allgemeinheit zu fördern, da sie gegen das sog. Sonderungsverbot verstoße. Das Sonderungsverbot besagt, dass Schüler nicht ausschließlich nach den Besitzverhältnissen ihrer Eltern ausgewählt werden dürfen. Hier liege jedoch ein Verstoß gegen das Verbot vor, da der Anteil der Stipendiaten an der gesamten Schülerschaft lediglich 10% betrage, was bei der Höhe der Schulgebühren von mindestens 11.000 Euro pro Jahr zu gering sei. 

BFH: Keine Förderung der Allgemeinheit

Die GmbH wollte die Entscheidung des Finanzgerichts nicht akzeptieren und legte Revision beim BFH ein – allerdings ohne Erfolg. Die Tätigkeit der GmbH sei nicht darauf gerichtet, die Allgemeinheit zu fördern, da sie aufgrund der Höhe des Schulgeldes nur einen begrenzten Kreis von Schülern fördere, der nicht mehr die Allgemeinheit repräsentiere. Die monatlichen Kosten für den Schulbesuch auf Basis der Schulgebühren – je nach Jahrgangsstufe – lagen zwischen ca. 950 Euro und 1.450 Euro. Die realen Kosten für den Schulbesuch waren jedoch höher: Denn neben den Schulgebühren fielen noch Kosten für Verpflegung, Material und besondere Veranstaltungen an. 

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Die GmbH, so das Gericht, gehe sogar selbst davon aus, dass der Schulbesuch bei einem Haushaltseinkommen von bis zu 5.000 Euro nicht möglich sei, da sie bis zu dieser Einkommensgrenze Vollstipendien gewähre. In diese Einkommensgruppe würden jedoch über 80% aller Haushalte in Deutschland fallen. In Kombination mit der niedrigen Stipendiatenquote von 10% sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass sich die Schülerschaft nicht als Ausschnitt der Allgemeinheit darstelle. 

Aberkennung der Gemeinnützigkeit ist zulässig und verhältnismäßig

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit sei zudem verhältnismäßig, so das Gericht. Denn die GmbH verstoße mit ihrer gesamten Tätigkeit gegen das Gebot der Förderung der Allgemeinheit. Dieser Mangel liege zudem bereits seit Gründung der Schule vor, sodass es sich um keinen einmaligen Verstoß handle. Ferner sei der Verstoß strukturell bedingt, da eine höhere Stipendiatenquote nach eigenen Angaben für die GmbH nur mit staatlichen Zuschüssen zu finanzieren wäre, die sie jedoch bisher nicht erhalten habe. 

Frage nach den Begünstigten

Die Entscheidung des BFH ist durchaus kritisch zu sehen, insbesondere wenn sie als Vorgeschmack auf die Revision des Urteils des FG Düsseldorfs zur Gemeinnützigkeit von Betriebs-Kitas zu werten ist. Letztlich ist nämlich die entscheidende Frage, wer bei Bildungseinrichtungen die Begünstigten sind: Sind es die (bei einer Betriebs-Kita die einem Betrieb zugehörigen bzw. bei einer Privatschule die vermögenden) Eltern? Oder sind es nicht vielmehr die von der Bildung und Erziehung profitierenden Kinder? Insbesondere bei Schülern niedrigerer Klassenstufen ist zudem der Aspekt der Betreuung während der Schulzeiten nicht außer Acht zu lassen, die aufgrund der in jungen Jahren bestehenden Hilfsbedürftigkeit auch als mildtätige Betätigung anzusehen sein dürfte und schon aus diesem Grund einen steuerbegünstigten Zweck darstellt. 

Ob und in welcher Höhe zur Förderung der Allgemeinheit noch eine von den Eltern unabhängige Quote zu erfüllen ist, wird vom BFH in der anhängigen Revision zu entscheiden sein. Eine Orientierung am grundgesetzlich verankerten Sonderungsverbot mag insoweit nur einen Anhaltspunkt darstellen.

Umbruch in der Finanzierung bei Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Betriebskindertagesstätten und Privatschulen haben es derzeit nicht leicht. Neben den sozialen und organisatorischen Herausforderungen der Coronapandemie steht nun noch ein Umbruch in der Finanzierung ins Haus, sollte das Finanzamt die Gemeinnützigkeit tatsächlich aberkennen. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung hilft in vielen Fällen nur, das Geschäftsmodell in Details anzupassen und die Steuerbegünstigung (auch) auf die Mildtätigkeit der Einrichtung zu stützen. Insoweit wird abzuwarten sein, ob die kommende Entscheidung des BFH etwaige Weichenstellungen vorgeben wird.

BFH, Beschluss v. 26.05.2021 – V R 31/19

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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