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Reform des Gemeinnützigkeitsrechts: Das ändert sich 2021

Reform des Gemeinnützigkeitsrechts: Das ändert sich 2021Kurz vor Jahresende war es endlich soweit: Am 28. Dezember 2020 trat das Jahressteuergesetz 2020 in Kraft. Darin enthalten ist auch eine umfangreiche Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. NPOs müssen sich daher in diesem Jahr auf ein paar Änderungen einstellen.

Neue gemeinnützige Zwecke

In den Katalog der gemeinnützigen Zweck gemäß § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) werden folgende Zwecke neu aufgenommen:

  • Klimaschutz,
  • Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden,
  • Ortsverschönerung,
  • Freifunk sowie
  • Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen.

Dagegen bleibt die Verfolgung politischer Zwecke weiterhin nicht gemeinnützig. NPOs, die sich politisch betätigen, müssen daher wie bisher darauf achten, dass ihre politischen Aktivitäten die Grenzen, die der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung zu Attac aufgestellt hat, nicht überschreiten.

Neue Zweckbetriebe

Auch der Katalog der Zweckbetriebe der §§ 66 – 68 AO wird um folgende Zweckbetriebe erweitert:

  • Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen und
  • Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden.

Erhöhung der Ehrensamts- und Übungsleiterpauschale

Viele Mitarbeiter von NPOs können sich auf steuerliche Erleichterungen freuen. Denn erstmals seit 2013 wird die Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro und der Übungsleiterfreibetrag von 2.400 Euro auf 3.000 Euro erhöht. Bei der Ehrenamtspauschale und dem Übungsleiterfreibetrag handelt es sich um steuer- und sozialversicherungsfreie Beträge, die nebenberufliche Mitarbeiter von NPOs finanziell entlasten sollen.

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Während der Übungsleiterfreibetrag u.a. für Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und Betreuer vorgesehen ist, können Personen, deren Tätigkeit nicht der eines Übungsleiters entspricht, die Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen. Sie gilt also z.B. für den ehrenamtlich tätigen Vorstand eines Vereins. Wichtig ist aber: Die Freibeträge gelten nicht für Mitarbeiter, die in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb tätig sind.

Freigrenze bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben

Die Grenze, ab der die Bruttoeinnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs vollständig der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen, wird von 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht – übrigens schon (rückwirkend) für 2020. Allerdings handelt es sich bei den 45.000 Euro nicht um einen Freibetrag, sondern unverändert um eine Freigrenze. Das bedeutet: Sobald die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer in Summe mehr als 45.000 Euro betragen, unterliegen den Einnahmen zugrundeliegende Gewinne in vollem Umfang der Besteuerung.

Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Eine gemeinnützige Organisation, egal ob Verein, Verband, Stiftung oder gGmbH, muss das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung beachten. Das bedeutet: NPOs müssen ihre Mittel spätestens zwei Jahre, nachdem sie diese Mittel erhalten haben, für die in ihrer Satzung festgelegten steuerbegünstigten Zwecke verwenden. Neu ist, dass NPOs deren Einnahmen jährlich weniger als 45.000 Euro betragen, von dieser Pflicht befreit sind. Der Gesetzgeber möchte hiermit kleinere NPOs von unnötiger Bürokratie entlasten. Auch diese Vereinfachung gilt rückwirkend bereits ab 2020.

Stärkung von Kooperationen zwischen NPOs

Gewisse Kooperationen zwischen NPOs scheiterten an der bisher geltenden Rechtslage. Denn häufig machte das Gebot der Unmittelbarkeit, wonach NPOs ihre satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen müssen, diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. So konnten etwa Servicegesellschaften in der Vergangenheit nicht als gemeinnützig anerkannt werden, da sie lediglich Unterstützungsleistungen an eine andere NPO erbringen und nicht selbst unmittelbar gemeinnützig tätig werden.

Diese für NPOs unbefriedigende Situation möchte der Gesetzgeber auflösen. Und zwar indem seit Jahresbeginn eine unmittelbare Zweckverwirklichung fingiert wird, wenn eine Organisation gemeinsam mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Organisation einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die Folge: Servicegesellschaften sind als gemeinnützig anzuerkennen, sofern ihre Leistungen die gemeinnützige Arbeit der Mutter-NPO unterstützen und ihre Satzungen selbst den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügen.

Errichtung von NPO-Konzernen ab sofort begünstigt

Das Unmittelbarkeitsgebot behinderte in der Vergangenheit auch den Aufbau von NPO-Konzernen bzw. NPO-Holdingstrukturen. Denn innerhalb eines Konzerns verwirklichen in der Regel nur die Tochter-NPOs unmittelbar selbst die gemeinnützigen Zwecke. Dagegen kann die Holdinggesellschaft ihre Satzungszwecke nur mittelbar über ihre Tochtergesellschaften verwirklichen. Somit konnten bisher nur die operativ tätigen Tochtergesellschaften als gemeinnützig anerkannt werden, während die Holdinggesellschaft voll steuerpflichtig blieb, sofern sie nicht selbst unmittelbar gemeinnützig tätig wurde.

Seit der Gesetzesänderung fingiert der Gesetzgeber jedoch eine unmittelbare Zweckverwirklichung, wenn eine Gesellschaft ausschließlich Anteile an gemeinnützigen Gesellschaften hält und verwaltet. Zu beachten ist jedoch auch hier, dass die Holdinggesellschaft nur als gemei-nützig anerkannt werden kann, wenn ihre Satzung die gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen erfüllt.

Erleichterung der Mittelweitergabe an andere NPOs

Bisher durften NPOs ihre Mittel nur dann unbegrenzt an andere NPOs im In- und Ausland weiterleiten, wenn dies explizit in der Satzung zugelassen war. Fehlte in der Satzung eine Regelung zur Mittelweitergabe, durften NPOs höchstens 50% ihrer Mittel ausschließlich an andere gemeinnützige Organisationen im Inland weiterleiten – bei Verstößen drohte der Verlust der Gemeinnützigkeit.

Diese Beschränkung hat der Gesetzgeber nun aufgehoben, indem er eine unbegrenzte Mittelweitergabe auch ohne entsprechende Satzungsregelung zulässt. Eine Satzungsregelung ist nur dann ausnahmsweise erforderlich, wenn die Weitergabe von Mitteln die einzige Art der Zweckverwirklichung einer NPO darstellen soll.

Gleichzeitig wurden die Anforderungen für eine Mittelweiterleitung an beschränkt steuerpflichtige NPOs allerdings verschärft. Diese müssen nun auch selbst in Deutschland steuerbegünstigt sein. Nach der bisherigen Rechtslage reichte es aus, wenn die Tätigkeit einer beschränkt steuerpflichtigen NPO hypothetisch den Anforderungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts entsprach. Diese Möglichkeit steht seit Jahresanfang jedoch nur noch bei Mittelweiterleitungen an ausländische NPOs offen, die nicht in Deutschland steuerpflichtig sind.

Vertrauensschutz bei der Mittelweitergabe

Verlor im Rahmen der Mittelweitergabe der Empfänger seine Steuerbegünstigung oder verwendete er die Mittel für nicht steuerbegünstigte Zwecke, so verstieß bisher auch die gebende NPO gegen das Gemeinnützigkeitsrecht. Diese missliche Rechtslage korrigiert der Gesetzgeber nun, indem er der weiterleitenden NPO Vertrauensschutz gewährt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die weiterleitende Organisation vor der Mittelweiterleitung die Steuerbegünstigung der Empfängerorganisation nachweisen lässt. Das kann durch die Vorlage eines aktuellen Freistellungsbescheids, der Anlage eines aktuellen Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids im Sinne des § 60a AO geschehen.

Neues Verhältnis von Feststellungsbescheid und tatsächlicher Geschäftsführung

Im Rahmen der Erteilung eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO durfte das Finanzamt bisher nur das Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen, also die Verfolgung eines steuerbegünstigten Zwecks sowie die Einhaltung der zwingenden Vorgaben der steuerlichen Mustersatzung prüfen. Die tatsächliche Geschäftsführung durften die Finanzämter dagegen erst im Rahmen der Veranlagung überprüfen, wie zuletzt das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt zu Recht entschieden hat.

Seit Jahresanfang dürfen die Finanzämter jedoch die Erteilung eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verweigern, wenn die tatsächliche Geschäftsführung einer NPO nicht gemeinnützigkeitskonform ist – auch wenn die Satzung selbst keine Mängel enthält. Ebenfalls können die Finanzämter in solchen Fällen einen bereits erteilten Feststellungsbescheid zurücknehmen. Damit möchte der Gesetzgeber verhindern, dass extremistische Organisationen über ihre Satzung den Status der Gemeinnützigkeit erlangen und die damit verbundenen Vorteile missbrauchen.

Vereinfachter Spendennachweis bis 300 Euro

Bisher konnten NPOs für Spenden bis zu 200 Euro einen vereinfachten Zuwendungsnachweis ausstellen. Dieser besteht aus einem Beleg der empfangenden NPO, die Angaben über den steuerbegünstigten Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, die Freistellung des Empfängers von der Körperschaftssteuer sowie die Art der Zuwendung (Spende oder Mitgliedsbeitrag) enthält. Zusammen mit einer Buchungsbestätigung der Überweisung reicht dies zur steuerlichen Geltendmachung der Spende aus. Ein individueller Zuwendungsnachweis ist somit nicht erforderlich. Seit Jahresanfang ist ein vereinfachter Zuwendungsnachweis bis zu einem Betrag von 300 Euro möglich.

Einführung eines Zuwendungsempfängerregisters

Ab dem 01.01.2024 wird ein Zuwendungsempfängerregister beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingerichtet, das alle steuerbegünstigten Organisationen enthalten soll. Das Register soll öffentlich einsehbar sein und u.a. Angaben zum Namen, zur Anschrift, zu den steuerbegünstigten Zwecken und zum Datum der Erteilung des letzten Freistellungs- oder Feststellungsbescheides enthalten. Damit sollen die Transparenz und die Rechtssicherheit für (potenzielle) Spender verbessert werden. Diese können dann z.B. vorab einsehen, ob die auserwählte NPO tatsächlich gemeinnützig ist und somit Zuwendungsbestätigungen ausstellen darf.

Das Register wird auch ausländischen NPOs offenstehen, die Spenden aus Deutschland erhalten und ihren Sitz im EU- oder EWR-Ausland haben. Auf lange Sicht soll das Register Teil eines Verfahrens zur digitalen Abwicklung von Spendenbescheinigungen sein. NPOs müssen ihre Daten nicht selbst an das BZSt übermitteln, diesen Schritt übernimmt das jeweils zuständige Finanzamt.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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