Im Vereinsrecht gilt die Satzungsautonomie – die Mitglieder entscheiden selbst über ihre Organisation und darüber, wer Mitglied werden kann. Lässt die Satzung nur Männer als Mitglieder zu, ist dies grundsätzlich zu respektieren. Genauso respektiert werden muss aber auch die Entscheidung der Mitglieder, den Verein später für Frauen zu öffnen. Das musste nun ein Mitglied eines „Männerzirkels“ vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. erfahren.
Ein Männerverein nur für Männer?
Der Zweck des bereits seit 1919 bestehenden Vereins sei es laut Aussage eines Mitglieds, das „Gespräch von Mann zu Mann“ zu fördern. Zu den Mitgliedern zählen Banker, Politiker und andere einflussreiche Personen – zumindest solange sie männlich sind. Die Satzung ließ bis dato nämlich nur Männer als Mitglieder zu. Auf einer Mitgliederversammlung im Jahr 2015 sollte sich der Verein jedoch öffnen und die Satzung dahingehend geändert werden, dass nunmehr auch Frauen als Mitglieder zugelassen werden sollten. Die erforderliche Mehrheit für die Satzungsänderung kam zustande und der Verein konnte weibliche Mitglieder aufnehmen. Doch ein Mitglied wollte sich mit dieser Veränderung nicht zufriedengeben – und klagte.
Öffentlicher Druck soll Abstimmung beeinflusst haben
Der Kläger war der Ansicht, der satzungsändernde Beschluss sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und daher unwirksam. Viele Mitglieder, die als „führende Persönlichkeiten“ im Licht der Öffentlichkeit stünden, hätten sich großem Druck ausgesetzt gesehen, nicht gegen eine Öffnung für Frauen zu stimmen. Immerhin sei die Abstimmung öffentlich erfolgt, ein Antrag auf geheime Wahl wurde zuvor abgelehnt. Zudem hätten einige Mitglieder kurz vor der Abstimmung den Raum verlassen oder sich der Stimme enthalten – dieses Verhalten hätte seiner Ansicht nach als Ablehnung der Satzungsänderung gewertet werden müssen, sodass die erforderliche Dreiviertelmehrheit vermutlich nicht erreicht worden wäre.
Satzung fordert „tolerantes Denken und Verhalten“
Das OLG folgte dieser Argumentation jedoch nicht, sondern konterte mit Argumenten aus der Vereinssatzung: Demnach sei der Vereinszweck die Förderung eines „lebendigen Gedankenaustausches im Dienste der Gesellschaft“, die Vereinsmitglieder zeichneten sich hierbei durch „tolerantes Denken und Verhalten“ aus. Demnach sollte es für die Mitglieder selbstverständlich sein, sich in einem offenen Diskurs auszutauschen. Eine geheime Abstimmung wäre angesichts der grundlegenden Entscheidung zwar vermutlich sachgerechter gewesen, doch habe sich die Mitgliederversammlung selbst für eine offene Wahl entschieden. Als „führende Persönlichkeiten“ seien die Mitglieder es auch gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen und großem Druck standzuhalten.
Mitgliederversammlung gut vorbereiten
Im Grunde geht es in dieser Entscheidung nicht um eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen, sondern um Satzungsautonomie und die ordnungsgemäße Durchführung einer Mitgliederversammlung. Nicht jede Satzungsänderung erfährt so viel Aufmerksamkeit wie die des Männervereins, doch viele gehen schief. Die Einladung zur Mitgliederversammlung und Durchführung derselben sollte ordentlich vorbereitet werden, um Verfahrensfehler auszuschließen.
Die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau kann allerdings bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit problematisch werden. Der BFH hatte im vergangenen Jahr einer Freimaurerloge die Gemeinnützigkeit entzogen, da diese nur Männer als Mitglieder zuließ und damit nicht die Allgemeinheit insgesamt förderte.
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 06.07.2018, Az. 3 U 22/17 (Pressemitteilung)
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Tags: Satzung