Wer die Gemeinnützigkeit anstrebt, muss die Allgemeinheit fördern. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun – wenig überraschend – klargestellt, dass zur Allgemeinheit sowohl Männer als auch Frauen gehören und eine sachgrundlose Ungleichbehandlung der Geschlechter gemeinnützigkeitsschädlich ist. Eine nur aus Männern bestehende Freimaurerloge kann daher nicht als gemeinnützig anerkannt werden.
Keine Freimaurerinnen in den Logen
Bei dem von der Entscheidung betroffenen Verein handelt es sich um eine Freimaurerloge. Sie ist „eine auf vaterländischer und christlicher Grundlage beruhende Vereinigung wahrheitsliebender, ehrenhafter Männer zur Pflege der Freimaurerei im Verband der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland“, also ein Teil der weltweit tätigen Freimaurer. Ziel dieser Männervereinigung ist „die Förderung wahrer christlicher Religiosität, allgemeiner Menschenliebe, Hebung der Sittlichkeit und Erhöhung der Würde und des Wohles der Menschheit durch vorbildlichen, einwandfreien Lebenswandel, Duldsamkeit auf allen Gebieten der Kultur und Eintreten für freundschaftliche Annäherung der Völker unter Wahrung der Liebe zum eigenen Vaterland“.
Rituale als Kernlement der Religionsausübung
Aufgrund ihrer Förderung der christlichen Religion begehrte die betroffene Loge die Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Rahmen der Steuerveranlagung. Die Finanzverwaltung und der BFH lehnten dies jedoch ab. Zwar sei die Religionsförderung durchaus ein gemeinnütziger Zweck, doch müsse diese der Allgemeinheit, also auch Frauen, zugutekommen. Mitglieder des Vereins können aber nur Männer werden und nur Mitglieder erhalten Zugang zu den internen rituellen Veranstaltungen. Diese Rituale stellen (laut Website der Freimaurer) das Kernelement der religiösen Handlungen dar.
Kein Sachgrund für Diskriminierung
Was das Gesetz unter der „Förderung der Allgemeinheit“ versteht, ergebe sich, so der BFH, wenn man den Begriff unter Berücksichtigung der Werteordnung des Grundgesetzes auslege. Die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung von Mann und Frau verlange, dass die Allgemeinheit nur fördert, wer sowohl Männer als auch Frauen anspricht. Eine Ausnahme komme nur in Betracht, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen, etwa wenn der Natur der Sache nach nur ein Geschlecht gefördert werden kann (etwa Mütter). Ein solcher Sachgrund liege bei der Loge jedoch nicht vor. Tradition allein sei jedenfalls kein Sachgrund.
Mildtätiger Nebenzweck genügt nicht
Neben gemeinnützigen Zwecken, die eine Förderung der Allgemeinheit verlangen, gewährt das Gesetz auch Organisationen die Steuerfreiheit, die kirchliche und/oder mildtätige Zwecke fördern. Mildtätige Zwecke werden verfolgt, wenn hilfsbedürftige Personen (etwa Kranke oder Arme) unterstützt werden. Da die Freimaurerloge auch zu diesem Zweck Spenden einwirbt, erstrebte sie hilfsweise hierfür die Anerkennung als steuerbegünstigte Organisation. Auch dies verwehrte ihr der BFH allerdings mit dem Argument, dass eine gemeinnützige Körperschaft ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgen muss. Wegen ihrer nicht begünstigten Tätigkeit der Förderung der Religion (s.o.) ist die Freimaurerloge aber gerade nicht nur steuerbegünstigt engagiert, sondern höchstens nebenbei. Das genügte dem BFH nicht.
Ausweg: Anerkennung als Kirche
Wegen der Verfolgung kirchlicher Zwecke kann eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt anerkannt werden, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft zu fördern, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts (also als Kirche) anerkannt ist. Bei den Freimaurern ist das aktuell nicht der Fall. Sollte der „Dachverband“ der deutschen Freimaurerlogen allerdings als eine solche Religionsgemeinschaft anerkannt werden, wäre eine Steuerbegünstigung der einzelnen Ortsvereine auch ohne eine Förderung der Allgemeinheit möglich. In diesem Fall wäre eine Ungleichbehandlung von Frauen daher in der Tat zulässig.
Nicht allen Vereinen droht Entzug der Gemeinnützigkeit
Der BFH weist explizit darauf hin, dass es auch andere Vereine gibt, denen nur Mitglieder eines bestimmten Geschlechts angehören dürfen. So ist etwa von Ordensbrüdern und -schwestern, Männer- bzw. Frauengesangsvereinen und Schützenbrüderschaften die Rede. Nicht allen der vorgenannten Vereine droht aber der Entzug der Gemeinnützigkeit, denn zunächst wäre im Einzelfall zu prüfen, ob sie nicht aufgrund mildtätiger oder kirchlicher Zweckverfolgung steuerbegünstigt sind. Außerdem dürfte es zumindest bei Gesangsvereinen auch sachliche Gründe für eine Geschlechtertrennung geben, die nicht nur aus jahrhundertelanger Tradition folgt. Trotzdem: Betroffene Vereine sollten sicherheitshalber sowohl ihre Satzung als auch ihre tatsächliche Tätigkeit daraufhin einer Prüfung unterziehen, ob sie nur ein bestimmtes Geschlecht fördern. Sollte dies der Fall sein, bedarf es einer klaren rechtlichen Strategie zum Erhalt der Gemeinnützigkeit.
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BFH, Urteil v. 17.05.2017, Az. V R 52/15
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Tags: Diskriminierung