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Einnahmen aus Prüfung und Ausbildung sind steuerfreiem Zweckbetrieb zuzuordnen

Einnahmen aus Prüfung und Ausbildung sind steuerfreiem Zweckbetrieb zuzuordnen

Wann fördern Vereine ihre eigenen Zwecke und wie verhält es sich, wenn der Verein seitens einer Behörde zur Durchführung bestimmter Aufgaben beauftragt wurde? Der BFH bestätigt: Die Durchführung einer Jägerprüfung kann einen allgemeinen (steuerbegünstigten) Zweckbetrieb des Vereins darstellen.

Verein übernimmt Durchführung der Jägerprüfung im Auftrag der Behörde

Der Verein ist gemeinnützig und fördert unter anderem die Zwecke des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Tierschutzes sowie der Aus- und Weiterbildung. Dazu sollen sowohl die Mitglieder als auch Dritte, die dieses Angebot wahrnehmen möchten, in der Jagdpraxis ausgebildet werden.

Durch eine Beleihung übertrug das Ministerium dem Verein von 2009-2013 die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung. Die Jagdscheinprüfung wird dabei vom Verein abgenommen.

Streit über Einordnung von Einnahmen im Zusammenhang mit Prüfung und Ausbildung

Der Verein erhob Gebühren für die Abnahme der Prüfung von den Prüflingen und erhielt Zuwendungen vom Ministerium für einzelne Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prüfung. Diese Einnahmen ordnete der Verein seinem Zweckbetrieb zu, während er Einnahmen aus z.B. Vorbereitungskursen für diese Prüfung als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb behandelte.

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Über diese Zuordnung entbrannte ein Streit mit dem Finanzamt. Das Finanzamt ging davon aus, dass auch die Einnahmen im Zusammenhang mit der Prüfung dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen seien.

Ein Zweckbetrieb nach § 65 AO sei nicht gegeben, da die Abnahme der Prüfung nicht der unmittelbaren Verwirklichung eines Zwecks des Vereins diene. Zudem stehe die Beleihung der Einordnung als Zweckbetrieb entgegen, da der Verein nicht aufgrund seiner Satzung, sondern aufgrund des öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses tätig geworden sei.

Prüfung stellt einen steuerfreien Zweckbetrieb dar

Nachdem bereits die Vorinstanz, das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, dem Verein Recht gegeben hatte, entschied auch der BFH gegen das Finanzamt und wies die Revision zurück.

Zwar handle es sich bei der Durchführung der Jägerprüfung um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dieser erfülle jedoch die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO. Erforderlich sei dazu, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung (hinsichtlich der konkreten Tätigkeit sowie der Verwendung der Einnahmen) dazu diene, steuerbegünstigte Zwecke zu verwirklichen.

Die Zweckverfolgung sei durch die Tätigkeit der Jäger im Rahmen des Natur- und Tierschutzes gegeben: „Die Ausübung der Jagd, zu der die Pflicht zur Hege gehört (…), ist den Jägern vorbehalten, die hierzu über einen Jagdschein verfügen müssen. Diese Bindung des Jagdrechts an die Pflicht zur Hege und die strenge Reglementierung der Jagdausübung begründen eine dem Gemeinwohl verpflichtete naturschützende Tätigkeit (…). Die Aktivitäten des Klägers zur Organisation und Durchführung der Jägerprüfung dienen damit untrennbar der Verfolgung der o.g. steuerbegünstigten Zwecke.“ (BFH v. 21.04.2022, V R 26/20, Rn. 26)

Unmittelbare Förderung ist durch Untrennbarkeit von Jagdprüfung und Jägertätigkeit gegeben

Das Finanzamt hatte eine unmittelbare Zweckverwirklichung abgelehnt, da die Prüfung allein noch nicht den Naturschutz fördert. Der BFH hält dem entgegen, dass die Jagdprüfung als Zugangsberechtigung zum Jägerdasein untrennbar mit der späteren Tätigkeit des Jägers zusammenhängt. Denn vorliegend handle es sich nicht nur um eine administrative Begleitung oder Vorbereitungstätigkeit, da die Abnahme der Jägerprüfung selbst erst die Voraussetzung dafür sei, dass förderungswürdige Tätigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege stattfinden können.

Wir berichteten kürzlich über eine andere Konstellation in diesem Zusammenhang. Hier hatte eine gemeinnützige Körperschaft die Organisation von Zivildienstleistenden übernommen. Dazu war sie durch die zuständige Behörde durch einen Vertrag beauftragt worden. Hier hatte der BFH eine unmittelbare Förderung angenommen, weil die Zivildienstleistenden durch die Organisation betreut und in Projekten der Organisation eingesetzt wurden. Damit ging die Arbeit der Organisation über die einer reinen Geschäftsstelle hinaus.

Beauftragung durch Ministerium steht unmittelbarer Förderung nicht entgegen

Wie im Fall der Zivildienstleistenden hat auch hier der BFH festgestellt, dass die Beauftragung durch eine Behörde der unmittelbaren Förderung nicht entgegenstehen kann. Anders als bei den Zivildienstleistenden haben vorliegend der Verein und die Behörde keinen Vertrag geschlossen, sondern der Verein wurde als Beliehener durch Verwaltungsakt tätig. Weiterhin bringt der BFH an, dass zum einen auch der Staat und seine Untergliederungen gemeinnützigkeitsfähig sein können. Es sei häufig der Fall, dass der Zweckbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft in Form einer hoheitlichen Tätigkeit stattfindet.

Auf Gestaltung der Satzung kommt es an

Bei einer Übernahme von hoheitlichen Aufgaben kommt es auf die konkrete Ausgestaltung der Vereinssatzung an, ob eine unmittelbare eigene Zweckverfolgung oder nur eine mittelbare Zweckverfolgung vorliegt. Um in solchen Fällen auf der sicheren Seite zu sein, wenden Sie sich gerne an unsere Experten im Gemeinnützigkeitsrecht.

BFH, Urteil v. 21.04.2022, V R 26/20

Weiterlesen:
Gestaltung von Vereinssatzungen
Übernahme von Verwaltungsaufgaben durch Verein kann Zweckbetrieb sein

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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