Nach § 37 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann eine Minderheit von 10% aller Vereinsmitglieder die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen. Das Kammergericht (KG) Berlin hat nun konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen ein solches Einberufungsverlangen rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist.
Unzufriedene Vereinsmitglieder verlangen Einberufung einer Mitgliederversammlung
Der Fall vor dem KG Berlin betraf einen Verein, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befand. Ein kleiner Teil der Vereinsmitglieder nahm diesen Umstand zum Anlass, die Einberufung einer Mitgliederversammlung nach § 37 Abs. 1 BGB zu verlangen, um einen neuen Vereinsvorstand zu wählen. Der Vorstand weigerte sich jedoch die Mitgliederversammlung einzuberufen, da ohnehin in näherer Zeit eine ordentliche Mitgliederversammlung stattfinden sollte. Damit waren die Mitglieder nicht einverstanden und beantragten beim Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg die Ermächtigung, selbst eine Mitgliederversammlung einberufen zu dürfen.
Wiederwahl des Vorstandes auf ordentlicher Mitgliederversammlung
Tatsächlich fand jedoch in der Zwischenzeit eine ordentliche Mitgliederversammlung statt, auf der die Mehrheit der Vereinsmitglieder die aktuellen Vereinsvorstände in ihren Ämtern bestätigte. Das AG Berlin-Charlottenburg lehnte daraufhin den Antrag der unzufriedenen Vereinsmitglieder ab, da ihr Anliegen auf der ordentlichen Mitgliederversammlung bereits behandelt worden sei und somit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe. Diese Entscheidung wollten die Vereinsmitglieder nicht akzeptieren und legten daher Beschwerde beim KG Berlin ein.
Einberufungsverlangen ist rechtsmissbräuchlich
Das KG Berlin lehnte die Beschwerde der Vereinsmitglieder jedoch ab und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Der Grund: Das Einberufungsverlangen der Mitglieder sei rechtsmissbräuchlich. Denn ihr Anliegen, einen neuen Vereinsvorstand wählen zu lassen, sei Tagesordnungspunkt auf der ordentlichen Mitgliederversammlung gewesen, über den tatsächlich auch wirksam abgestimmt worden sei. Somit habe sich ihr Anliegen erledigt, sodass kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für die Vereinsmitglieder bestehe. Ein (erneutes) Einberufungsverlangen der Mitglieder sei nur zulässig, wenn seit der ordentlichen Mitgliederversammlung neue Umstände bekannt geworden seien, die die Abwahl der Vorstände rechtfertigen könnten.
Kein Rechtsschutzbedürfnis mehr nach Abstimmung
Wir halten die Entscheidung des Gerichts für richtig. Es kann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehen, wenn alle Vereinsmitglieder bereits über die von der Minderheit verlangten Tagesordnungspunkte wirksam abgestimmt haben.
Einberufung von Mitgliederversammlung verhindert kein erneutes Einberufungsverlangen
Vereine müssen beachten, dass es nicht allein ausreicht, eine Mitgliederversammlung einzuberufen, um ein erneutes Einberufungsverlangen von unzufriedenen Mitgliedern bzw. Querulanten zu verhindern. Vielmehr müssen, so das KG Berlin, die von der Minderheit verlangten Tagesordnungspunkte auch tatsächlich in der Mitgliederversammlung behandelt werden. Unsere Experten für Vereinsrecht und Mitgliederversammlungen unterstützen Sie gerne beim richtigen Umgang mit kritischen oder gar querulatorischen Mitgliedern.
KG Berlin, Beschluss v. 12.02.2021 – 22 W 1047/20
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