Die Frage, ob es sich um eine einfache Satzungsänderung oder um eine Änderung des Vereinszwecks handelt, ist von entscheidender Bedeutung, da das Gesetz eine Zweckänderung an die Zustimmung aller Mitglieder knüpft.
Wann liegt eine Zweckänderung vor?
Die Änderung des Vereinszwecks stellt eine „Wesensänderung“ des Vereins dar. Es muss ein „Austausch“ der Identität des Vereins stattfinden. Eine Zweckänderung liegt also nur dann vor, wenn ein oberster Leitsatz – die „Leitidee“ – für die Vereinstätigkeit geändert wird und der Verein dadurch einen völlig anderen Charakter erhält, mit dem kein Mitglied bei seinem Beitritt rechnen konnte. Der Zweck ist die oberste Leitlinie der Vereinstätigkeit, mit deren Änderung bei Beitritt der Mitglieder nicht zu rechnen war, so dass der neue Zweck nicht mehr von der Beitrittserklärung gedeckt ist.
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Keine Zweckänderung liegt vor, wenn lediglich die Ziele des Vereins unter Beibehaltung der Leitidee dem Wandel der Zeit angepasst oder andere Mittel zur Zweckerreichung gewählt werden. Auch die bloße Änderung der Mittel zur Zweckverwirklichung stellt keine Zweckänderung dar.
Der Beschluss einer Zweckänderung in der Mitgliederversammlung
Soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, ist nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB für eine Zweckänderung grundsätzlich die Zustimmung aller Mitglieder als Legitimation erforderlich. Das bedeutet, dass auch die in der Mitgliederversammlung nicht anwesenden Mitglieder ihre Zustimmung schriftlich erklären müssen, damit der Beschluss wirksam wird.
Allerdings steht es den Vereinen frei, in der Satzung ein abweichendes Quorum festzulegen. Auch für die erstmalige Einführung einer solchen abweichenden Regelung gilt jedoch § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB, so dass alle Mitglieder zustimmen müssen. Damit wird eine Umgehung der Regelung verhindert.
Quorum bereits bei Vereinsgründung bedenken
Die Änderung des Vereinszwecks ist als Satzungsänderung in das Vereinsregister einzutragen. Wird das erforderliche Quorum nicht erreicht, lehnt das Registergericht die Eintragung ab. Eine nachträgliche Änderung des Vereinszwecks oder des erforderlichen Quorums stellt daher bei mitgliederstarken Vereinen eine unüberwindbare Hürde dar, wenn nicht alle Mitglieder erreicht werden können. Daher sollte bereits bei der Gründung über das Quorum für eine Änderung des Vereinszwecks nachgedacht und die Satzung entsprechend gestaltet werden.
OLG Nürnberg konkretisiert Abgrenzung
In seiner Entscheidung vom 05.10.2022 macht das OLG Nürnberg noch einmal deutlich, worauf es bei der Abgrenzung ankommt: So stellte das Gericht konsequent fest, dass die Mitgliedschaft in einem Dachverband nicht der charakteristische Zweck eines Vereins sei, sondern nur ein Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks. Dass die Mitgliedschaft in dem in der Satzung konkret bezeichneten Dachverband nicht Vereinszweck sei, begründete das Gericht damit, dass der Umstand, dass möglicherweise ein Mitglied im Einzelfall die Frage seines Beitritts zum Verein davon abhängig mache, welchem Dachverband der Verein angehöre, bei der gebotenen Auslegung der Regelung anhand des Satzungsinhalts unberücksichtigt bleiben müsse.
Die maßgebliche Auslegung ergebe als Vereinszweck die Vertretung der Vereinsmitglieder zur Wahrung ihrer Rechte und Erfüllung ihrer Pflichten in Bezug auf die Branche, der die Mitglieder angehören. Die Leistungen eines Dachverbandes als Ausgestaltung dieser Vertretung seien demgegenüber ersichtlich nur Mittel zur Erreichung dieses Vereinszwecks. Allein die sprachliche Gestaltung („Zweck des Vereins ist die Vertretung […] sowie die Vermittlung […]“) führe nicht dazu, dass die Vermittlung der Leistungen, geschweige denn die Zugehörigkeit zu einem bestimmten unterstützenden Dachverband, zum Vereinszweck erhoben werde.
Zu sämtlichen Fragen rund um die Zweckänderung oder auch bei der Aufnahme einer alternativen Regelung in Ihre Satzung stehen Ihnen unsere Experten gern zur Verfügung.
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