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Änderung des AEAO 2022: Was ändert sich für NPOs?

Änderungen des AEAO 2022: Was ändert sich für NPOs?

Am 12.01.2022 hat die Finanzverwaltung den sog. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) geändert. Dabei handelt es sich um eine bindende Anweisung der Finanzverwaltung zur Auslegung der Abgabenordnung, die die Arbeit der Finanzbeamten bundesweit einheitlich gestalten soll. Neben der Übernahme einiger Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) enthält der neue Erlass wichtige Ausführungen zum zulässigen Umfang der politischen Tätigkeit von NPOs sowie zu Kooperationen zwischen NPOs.

Übernahme der BFH-Rechtsprechung

Gerichtsentscheidungen binden nur die Parteien des jeweiligen Verfahrens. Somit sind die Finanzämter an Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs nicht über den konkreten Einzelfall hinaus gebunden. Dennoch kann der Bundesfinanzminister – neben dem BFH selbst – die Finanzverwaltung dazu anweisen, die Grundsätze von bestimmten Entscheidungen des BFH in vergleichbaren Fällen allgemein anzuwenden. So auch im geänderten AEAO:

  • Gemeinnützigkeit von Privatschulen: Die Tätigkeit einer Privatschule ist nicht darauf gerichtet, die Allgemeinheit zu fördern, wenn die Höhe der Schulgebühren auch unter Berücksichtigung eines Stipendienangebots zur Folge hat, dass die Schülerschaft sich nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt (AEAO zu § 52 Nr. 5 Abs. 1). Diese Regelung betrifft jedoch nur Ergänzungsschulen, da Ersatzschulen nach Auffassung der Finanzverwaltung aufgrund ihrer staatlichen Anerkennung stets die Allgemeinheit fördern (AEAO zu § 52 Nr. 5 Abs. 2 Satz 2).
  • Angemessenes Geschäftsführergehalt: Um festzustellen, ob die Vergütung eines Geschäftsführers angemessen ist, kann seine Vergütung entweder mit den Entgelten verglichen werden, die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer der betreffenden NPO beziehen (interner Fremdvergleich) oder mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen (Branche, Größe, Mitarbeiterzahl, Umsatz und persönliche Qualifikation) an Geschäftsführer anderer NPOs gezahlt werden (externer Fremdvergleich). Maßstab des externen Fremdvergleichs können dabei auch die für vergleichbare Tätigkeiten von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen sein. (AEAO zu § 55 Nr. 25 Abs. 3 und 4).
  • IPSC-Schießen: IPSC-Schießvereine können als gemeinnützig anerkannt werden. Die Gemeinnützigkeit ist jedoch nicht ausnahmslos anzuerkennen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an: Wird z.B. bei Veranstaltungen oder Wettkämpfen das Schießen auf Menschen simuliert oder sind die aufgebauten Szenarien als „Häuserkampf“ ausgestaltet, ist dem betreffenden IPSC-Verein der Status der Gemeinnützigkeit zu versagen bzw. abzuerkennen (AEAO zu § 52, Nr. 7 Abs. 2).

Politische Tätigkeit von NPOs

Der BFH hat sich in der Vergangenheit in mehreren Entscheidungen zur politischen Tätigkeit von NPOs geäußert. Die Finanzverwaltung hat sich dazu entschieden, die Grundsätze der BFH-Entscheidungen zu BUNDAttac und zuletzt zu Corona-Leugnern in vergleichbaren Fällen allgemein anzuwenden (AEAO zu § 52 Nr. 9 und 16). Diese besagen folgendes: 

  • Die kritische Befassung mit der Politik im Allgemeinen stellt keinen gemeinnützigen Zweck i.S.d. § 52 AO dar.
  • Eine Förderung des demokratischen Staatswesens ist nur dann gegeben, wenn sich die NPO umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt (geistige Offenheit).
  • Ein steuerbegünstigter Zweck kann auch durch politische Betätigung verwirklicht werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine objektive und sachliche Darstellung der eigenen Meinung und eine im Vergleich zur sonstigen Tätigkeit untergeordnete Rolle.

Neu dagegen ist die Aussage der Finanzverwaltung, dass es rechtlich unbedenklich ist, wenn sich eine NPO außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen äußert. Als Beispiel nennt die Finanzverwaltung den Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus (AEAO zu § 52 Nr. 16 Abs. 4).

Kooperationen von NPOs

Seit Ende 2020 können Servicegesellschaften, wie z.B. die Wäscherei eines Krankenhauses, als gemeinnützig anerkannt werden, um Kooperationen zwischen NPOs zu erleichtern. Die Finanzverwaltung verlangt jedoch zusätzlich, dass die Satzung der Servicegesellschaft eine Angabe darüber enthält, mit welchen NPOs die Servicegesellschaft kooperiert. Bisher war unklar, ob die kooperierenden NPOs namentlich oder lediglich abstrakt (z.B. alle NPOs mit dem Zweck „Sport“) in der Satzung bezeichnet werden müssen. 

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Die Finanzverwaltung hat nun klargestellt, dass bei mehreren Kooperationspartnern – beispielsweise bei einer Kooperation innerhalb eines Konzerns – lediglich der Konzern in der Satzung namentlich benannt werden muss. Die Namen der einzelnen Kooperationspartner können dagegen in einer separaten Aufstellung aufgeführt werden, die der Finanzverwaltung bei Beginn der Kooperation und bei Änderung der Kooperationspartner zusätzlich zur Satzung vorzulegen ist (AEAO zu § 57 Nr. 8 Abs. 2). Somit entfällt – zumindest innerhalb eines Konzerns – die Notwendigkeit, bei jedem neuen Auftrag eine Satzungsänderung durchführen zu müssen. 

Fazit: Keine großen Änderungen

Der neue AEAO ist zu begrüßen, auch wenn er keine großen Änderungen bereithält. So hat die Finanzverwaltung in der Vergangenheit bereits vereinzelte Äußerungen von NPOs zu wichtigen tagespolitischen Themen, wie z.B. zur Flüchtlingskrise, stillschweigend geduldet. Zwar ist es erfreulich, dass Servicegesellschaften von Konzernen künftig keine Satzungsänderung mehr durchführen müssen, sobald sie eine neue Kooperation mit einer Konzerngesellschaft beginnen oder sich eine bestehende Kooperation ändert. Wünschenswert wäre es jedoch gewesen, wenn die Finanzverwaltung ihre Auffassung, wonach die Satzung der Servicegesellschaft eine Angabe darüber enthalten müsse, mit welchen NPOs die Servicegesellschaft kooperiere, vollständig aufgegeben hätte. Denn ihre Auffassung findet nicht nur keine Grundlage im Gesetz, sondern führt auch zu unnötiger Bürokratie, die Kooperationen zwischen NPOs erschwert, anstatt sie zu erleichtern.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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