Der Gemeinnützigkeitsstatus des Attac Trägervereins e.V. war in der Vergangenheit schon mehrfach Inhalt verschiedener Gerichtsverfahren. Mit Beschluss vom 10.12.2020 (V R 14/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun endgültig entscheiden, dass Attac nicht mehr gemeinnützig ist. Diese Entscheidung steht am Ende eines langen Wegs durch die Instanzen.
Sind politische Aktionen dem Verein zuzurechnen?
Zuvor hatte der BFH den Fall mit Urteil vom 10.01.2019 (V R 60/17) an das Hessische Finanzgericht (FG) zurückverwiesen, um prüfen zu lassen, ob die politischen und damit nicht gemeinnützigen Kampagnen und Aktionen, die unter dem Namen von Attac durchgeführt worden waren, dem Verein auch zuzurechnen sind (vgl. Attac: Gemeinnützigkeit erneut versagt). Das FG (Urteil vom 26.02.2020, 4 K 179/16) bejahte die Zurechnung und entzog Attac die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2010 bis 2012. Dagegen ging der Verein in Revision.
Gestaltung der öffentlichen Meinung kein gemeinnütziger Zweck
Die Revision scheiterte zum einen an der Tatsache, dass der BFH an seine Entscheidung vom 10.01.2019 gebunden war. Zum anderen führte der BFH seine bisherige Rechtsprechung fort, nach der weder die Einflussnahme auf die politische Willensbildung noch die Gestaltung der öffentlichen Meinung als eigenständiger gemeinnütziger Zweck anerkannt werden können. Entsprechend durfte Attac sich nach Ansicht des BFH nicht losgelöst von seinen gemeinnützigen Zwecken politisch betätigen.
Zulässig sei einzig eine politische Betätigung, soweit ihr bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke lediglich eine dienende Funktion zukomme, was hier allerdings zu verneinen war. Diese Ansicht ist politisch wie juristisch umstritten (vgl. Auch Campact verliert Gemeinnützigkeit).
Begriff der politischen Bildung darf nicht erweitert werden
Darüber hinaus entschied der BFH, der gemeinnützigkeitsrechtliche Begriff der politischen Bildung könne auch nicht in der Weise erweitert werden, dass sich hieraus eine eigenständige steuerrechtliche Förderung für die politische Willensbildung ergibt. Dies würde nämlich faktisch zu einer Ergänzung von gemeinnützigen Zwecken führen, die der Zweckkatalog des § 52 Abs. 2 AO nicht vorsieht.
Möchten Sie Neuigkeiten wie diese monatlich in Ihr Postfach erhalten? Abonnieren Sie hier unseren Newsletter Nonprofitrecht aktuell.
Im Übrigen verbiete sich eine „Gleichheit im Unrecht“, weshalb Attac sich auch nicht darauf berufen könne, dass andere Organisationen, die ebenfalls keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgen, weiterhin als gemeinnützig angesehen werden.
Attac erwägt Verfassungsbeschwerde
Gegenwärtig erwägt Attac, gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu erheben.
Die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen bleibt somit weiterhin ein aktuelles Thema. Wenn Sie Fragen hierzu haben, können Sie sich gerne an unsere gemeinnützigkeitsrechtlichen Expertinnen und Experten wenden.
Weiterlesen:
Politische Themen nicht konkret auf Parteien beziehen
Aberkennung der Gemeinnützigkeit: Mit diesen Folgeproblemen müssen NPOs rechnen