Abberufung und Amtsuntersagung: Was Stiftungsvorstände wissen sollten

Mann im Anzug mit ausgestreckter Hand

Ein aktueller Fall vor dem Verwaltungsgericht Freiburg zeigt, wie schnell ein interner Konflikt im Stiftungsvorstand zur rechtlichen Eskalation führen kann – und welche Reaktionsmöglichkeiten seitens der Stiftungsaufsicht bestehen.

Vorstandsmitglied wurde abberufen

In einer Stiftung war das Verhältnis zwischen den Vorstandsmitgliedern derart zerrüttet, dass eine konstruktive Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. Die Folge: Ein Vorstandsmitglied wurde durch die Stiftung selbst abberufen. Das abberufene Mitglied klagte vor dem Zivilgericht gegen die Entscheidung.

Im Stiftungsrecht herrscht die Besonderheit, dass auch das abberufene Vorstandsmitglied bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts im Amt bleibt. Folglich ist es nach wie vor zu Vorstandssitzungen einzuladen und besitzt die allgemeinen Vertretungsbefugnisse.

Eine Satzungsregelung, die eine sofortige Wirksamkeit der Abberufung herbeigeführt hätte, bestand in diesem Fall nicht. Daher beabsichtigte die Stiftungsbehörde, den Schwebezustand zu beenden, indem sie dem betroffenen Vorstandsmitglied einstweilig die Amtsausübung untersagte.

Amtsuntersagung rechtmäßig

Die Stiftung hatte ein Vorstandsmitglied wegen Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ abberufen – unter anderem wegen interner Streitigkeiten, fragwürdiger Honorarabrechnungen und der Weitergabe vertraulicher Informationen an die Presse. Da die zivilrechtliche Klärung über die Wirksamkeit der Abberufung noch ausstand, blieb das Vorstandsmitglied rechtlich gesehen weiterhin im Amt.

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Um Schaden von der Stiftung abzuwenden, untersagte die Stiftungsaufsicht dem Betroffenen jedoch die weitere Amtsausübung. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit seitens der Behörde angeordnet wurde. Hiergegen wendete sich das Vorstandsmitglied im Eilverfahren.
Das Verwaltungsgericht Freiburg bestätigte jedoch die Amtsuntersagung: Sie sei voraussichtlich rechtmäßig, da das Vertrauen im Vorstand irreparabel zerstört sei und die Stiftung dadurch in ihrer Funktionsfähigkeit gefährdet werde.

Zerrüttung im Vorstand als Untersagungsgrund

Kernpunkt der Entscheidung war § 12 Abs. 2 des Stiftungsgesetzes Baden-Württemberg (vergleichbare Regelungen finden sich auch in den Stiftungsgesetzen anderer Länder, zum Beispiel: § 8 Abs. 1 S. 1 HStiftG, Art. 12 S. 2 BayStiftG, § 12 Abs. 5 S. 2 ThürStiftG, § 6 Abs. 3 S. 1 HmbStiftG). Dieser erlaubt die einstweilige Untersagung der Vorstandstätigkeit. Dabei ist umstritten, ob hierfür bereits die Voraussetzungen für eine endgültige Abberufung vorliegen müssen oder ob das Bestehen eines „wichtigen Grundes“ ausreicht. Das VG Freiburg legte sich dahingehend nicht fest, da die Voraussetzungen in beiden Fällen erfüllt seien.

Die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses im Stiftungsvorstand stelle jedenfalls dann einen wichtigen Grund dar, wenn die Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Einfache Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten reichen hierfür wohl nicht aus. Doch insbesondere dann, wenn es sich um eine „unheilbare Zerrüttung“ handelt, der Konflikt also über mehrere Jahre andauert, keine Aussicht auf Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses besteht und das abberufene Vorstandsmitglied die Zerrüttung maßgeblich verursacht hat könne eine einstweilige Untersagung durch die Behörde angezeigt sein. Relevant ist insoweit, ob das Wirken der Stiftung durch die Spannungen wesentlich gefährdet wird.

Konflikte im Stiftungsvorstand sind rechtlich komplex

Konflikte in Kollegialorganen – wie einem mehrgliedrigen Stiftungsvorstand – sind keine Seltenheit. Sie sind nicht nur menschlich belastend, sondern können auch rechtlich komplex und gefährlich für die Stiftung werden. Insbesondere im Stiftungsrecht, das ein Verweilen des Vorstandes im Amt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit seiner Abberufung vorsieht, bietet sich daher eine Satzungsregelung an, die diesen problematischen Schwebezustand verhindert.

Fehlt eine solche Regelung, bietet der Beschluss des VG Freiburg nun eine Orientierung, inwieweit die Stiftungsbehörde einschreiten kann.

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Porträt vom Autor

Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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