Nachdem die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (dem Berliner Landtag) im Jahr 2021 zumindest laut der Presseberichterstattung im Chaos versunken war, ordnete das Landesverfassungsgericht die Wiederholung der kompletten Wahl an. Statt einer Koalition unter der Führung der SPD regiert seit dem Februar diesen Jahres die CDU mit der SPD als Juniorpartner.
Gegen die Wiederholung der kompletten Berliner Wahl und damit gegen die Entscheidung des Berliner Landesverfassungsgerichts wandten sich mehrere Bürger ans Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dieses wies die Eilanträge ab und hat nunmehr die Begründung dafür geliefert.
Verfassungsrechtliches Homogenitätsgebot eröffnet Spielräume für die Länder
Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat, in welchem die Länder als eigene Rechtssubjekte mit eigenem Herrschaftsbereich agieren. Von Verfassung wegen müssen sie garantieren, dass sie die Grundsätze des sozialen, republikanischen und demokratischen Rechtsstaats einhalten. Wie sie das tun, bleibt aber grundsätzlich ihnen selbst überlassen. So muss das Wahlsystem der Länder nicht das Wahlsystem zum Bundestag widerspiegeln, sondern nur im Großen und Ganzen demokratisch sein.
Und mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist klar, dass die Kontrolle der landeseigenen Wahlen ausschließlich durch das jeweilige Landesverfassungsgericht erfolgt. Weist dieses Wahlprüfungsbeschwerden ab oder gibt ihnen ausnahmsweise einmal statt, ist das Bundesverfassungsgericht keine zweite Instanz, die zur Überprüfung dieser Entscheidungen berufen ist. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn so grobe Verstöße gegen demokratische oder rechtsstaatliche Grundsätze vorliegen, dass das Land nicht mehr als homogener Teil der Bundesrepublik angesehen werden kann. Ein solcher Fall wird aber regelmäßig nicht vorliegen.
Klare Stärkung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit
Die Karlsruher Entscheidung stärkt die Souveränität der Länder und die Kompetenzen des Landesverfassungsgerichts. Eine Entscheidung, die im Rahmen von Wahlprüfungen ergeht, ist damit als endgültig anzusehen und kann sofort umgesetzt werden. Bei einer Anordnung, die Wahl in bestimmten Wahlkreisen oder insgesamt zu wiederholen, muss nicht erst auf eine bestätigende Entscheidung aus Karlsruhe gewartet werden. So entsteht Rechtssicherheit sowohl für Wähler als auch für Gewählte von Anfang an. Insgesamt erscheint die Karlsruher Entscheidung als eine Stärkung des bundessdeutschen Föderalismus. Insbesondere können die Landesverfassungsgerichte nicht mehr als Durchgangsinstanzen behandelt werden. Für Kläger, die eine Verletzung ihrer Rechte vor dem Landesverfassungsgericht geltend machen, kommt es daher besonders auf eine sorgfältige Prozessführung an. Gerne stehen wir Ihnen hierfür in allen Bundesländern zur Seite. Kontaktieren Sie uns jederzeit!
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