Viele Vereine sehen in ihren Ordnungen Geldstrafen für Verstöße gegen die Vereinsregelungen (z.B. unentschuldigtes Fernbleiben von der Mitgliederversammlung, fehlende Übernahme von Vereinsdiensten etc.) vor. Solche Strafen sind jedoch nur dann zulässig, wenn sie in der Satzung vorgesehen sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste nun im Falle einer Genossenschaft entscheiden, ob zumindest die genauen rechnerischen Grundlagen zur Ermittlung der konkreten Strafe auch außerhalb der Satzung geregelt werden dürfen.
Verbandsstrafe einer Genossenschaft
Vereinsstrafen kommen in kleinen Ortsvereinen ebenso vor wie in großen Dachverbänden. Auch Genossenschaften, die sich letztlich aus der Vereinsidee entwickelten, aber im Ursprung der wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder dienen, sehen bei Verstößen gegen Mitgliedschaftspflichten Sanktionen vor. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es um eine Milchgenossenschaft, deren Mitglieder sich zur Lieferung einer bestimmten Menge Milch an die Genossenschaft verpflichteten. Die Genossenschaft kaufte ihnen die Milch ab und veräußerte sie sodann am Markt weiter.
Die Idee dahinter: Die Milchbauern können ihre Milch zu einem fairen Preis an die Genossenschaft verkaufen, die aufgrund ihrer Größe anschließend bessere Konditionen am freien Markt aushandeln kann. Die entstandenen Gewinne werden, nach Abzug aller Kosten und gewisser Rücklagen, wieder an die Mitglieder ausgeschüttet. Da dieses Prinzip langfristig nur funktioniert, wenn die Genossenschaft über eine bestimmte Menge an Milch verfügt, haben nichtliefernde Mitglieder eine Strafe in Höhe von bis zu 2,5 Cent je Kilogramm fehlender Milch zu zahlen.
Hinreichende Regelung in der Satzung
Die Menge der zu liefernden Milch war allerdings in einer Milchlieferungsordnung außerhalb der Satzung geregelt. Zur Bestimmung der fehlenden Liefermenge und damit der Bestimmung der Geldstrafe war ebenfalls diese Ordnung maßgeblich. Es ist jedoch anerkannt, dass Vereinsstrafen in der Satzung geregelt sein müssen und dieser Grundsatz auch für Genossenschaften gilt. Die Genossenschaft und eines ihrer Mitglieder stritten daher darüber, ob die Konkretisierung der Lieferverpflichtung, also die Regelung der genauen Menge, für die Festsetzung einer Strafe nicht auch in der Satzung hätte festgelegt werden müssen.
Der BGH stellte nun klar, dass die Konkretisierung außerhalb der Satzung ausreichend war. Die Satzung selbst enthielt hinreichend bestimmte Regelungen über die Bemessung der Strafe und auch zur Höchstgrenze von 2,5 Cent. Lediglich die Menge der zu liefernden Milch war der Einfachheit halber in die vom Vorstand zu beschließende Ordnung ausgelagert worden.
Genossenschaften sind Vereinen ähnlich
Genossenschaften funktionieren, zumindest im Grundsatz, ähnlich wie Vereine. Daher sind vereinsrechtliche Grundsätze auch auf das Genossenschaftsrecht übertragbar. Die Bestätigung der Grundsätze zu Vereinsstrafen bedeutet daher sowohl für Vereine als auch für Genossenschaften, dass alle grundlegenden Voraussetzungen und möglichen Folgen eines Ordnungsverstoßes in der Satzung geregelt sein müssen. Lediglich Konkretisierungen, die ihren Rahmen in der Satzung finden, können in Ordnungen ausgelagert werden. Genossenschaften erfreuen sich übrigens steigender Beliebtheit. Die noch kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode vom Bundestag verabschiedete Änderung des Genossenschaftsgesetzes dürfte Neugründungen weiter erleichtern.
BGH, Beschluss vom 27.06.2017, Az. II ZR 5/16
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Tags: Satzung, Verbandsstrafe, Verein