Die Umsatzsteuer von Mitgliedsbeiträgen wirft bei gemeinnützigen Vereinen immer wieder Fragen auf. Auch bei den Gerichten bleibt die Besteuerung von Mitgliedsbeiträgen ein Dauerthema.
Die Finanzverwaltung vertritt weiterhin die Auffassung, dass es bei Mitgliedsbeiträgen regelmäßig am Leistungsaustausch mangelt und daher nicht steuerbare Umsätze vorliegen. „Echte Mitgliedsbeiträge“ liegen vor, wenn die Mitgliedsbeiträge für satzungsmäßige Gemeinschaftszwecke für die Gesamtbelange ihrer Mitglieder erhoben werden (A 1.4 Abs. 1 Umsatzsteuer-Anwendungserlass – UStAE). Ein Leistungsaustausch bei „unechten Mitgliedsbeiträgen“ ist aus Sicht der Finanzverwaltung erst dann gegeben, wenn die Mitgliedsbeiträge zur Abgeltung von Leistungen, die im Sonderinteresse einzelner Mitglieder ausgeführt werden, geleistet werden.
Neue Rechtsauffassung durch Gerichte bestätigt
Diese ursprüngliche Rechtsauffassung, die weiterhin von der Finanzverwaltung vertreten wird, wurde jedoch von der EuGH-Entscheidung vom 21.03.2002 (C-174/00) zum Kennemer Golf & Country Club überholt. Auch der BFH hat sich der EuGH-Rechtsauffassung bereits durch diverse Entscheidungen angeschlossen (BFH vom 05.12.2007 – V R 60/05, BStBl. II 2009, 486; BFH vom 29.10.2009 – XI R 59/07, BFH/NV 2009, 324). Die Steuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen wurde deutlich ausgeweitet und selbst wenn Mitglieder die Einrichtungen des Vereins nicht tatsächlich oder nicht regelmäßig nutzen, können Mitgliedsbeiträge zum Beispiel für die Überlassung eines Sportplatzes oder von Sportgeräten einen steuerbaren Leistungsaustausch begründen.
Mitgliedsbeiträge sind regelmäßig steuerbar, aber steuerfrei
Aufgrund der Steuerbarkeit sind in der Folge sowohl die nationalen als auch unionsrechtlichen Steuerbefreiungsvorschriften zu prüfen und werden wohl regelmäßig zum Leid der gemeinnützigen Vereine Anwendung finden.
Keine Vorsteuer bei Investitionen, wenn Mitgliedsbeiträge steuerfrei
In der Praxis werden gemeinnützige Vereine meist versuchen, sich auf die neue Rechtsauffassung zu berufen, um einen Vorsteuerabzug bei umfangreichen Investitionen geltend zu machen. Jedoch ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn die Investitionen im Zusammenhang mit nicht steuerbaren oder steuerfeien Eingangsleistungen, wie den Mitgliedsbeiträgen, stehen. Daher besteht insbesondere bei anstehenden größeren Investitionen ein Interesse, die Eingangsleistungen als steuerbar und steuerpflichtig zu deklarieren, damit nicht die Bruttokosten finanziert werden müssen.
Im nun kürzlich entschiedenen Urteil des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen vom 10.01.2023 (11 K 147/22) geht es um die Anschaffung eines Kunstrasenplatzes und den dafür geltend gemachten Vorsteueranspruch. In dem Streitjahr wurden die Mitgliedsbeiträge erstmalig unter Berufung auf das Unionsrecht als steuerpflichtige Umsätze zum ermäßigten Steuersatz (7%) erklärt. Der Sportplatz wird überwiegend für den laufenden Trainings- und Punktspielbetrieb in der ideellen Sphäre genutzt. Und nur, soweit die 1. Herrenmannschaft trainiert und Punktspiele absolviert, wurde ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erklärt.
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG
Das Gericht geht bei den Mitgliedsbeiträgen von Leistungen gegen Entgelt aus, die daher steuerbar sind. Jedoch greift als Steuerbefreiung § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG. § 4 Nr. 22 Buchst a UStG kann laut FG nicht angewendet werden, da die Mitgliedsbeiträge nicht zur Deckung der Kosten des jeweiligen Trainings und Punktspiels verwendet werden, sondern allgemein dem Verein zugutekommen. Da der Sportverein jedoch zum begünstigten Personenkreis gehört, soll § 4 Nr. 22 Buchst. b UstG gelten. Dieser befreit Umsätze für kulturelle und sportliche Veranstaltungen von der Steuer, wenn das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht.
Eine Teilnehmergebühr ist bei organisatorischen Maßnahmen eines Sportvereins gegeben, die es aktiven Sportlern ermöglicht, Sport zu treiben, wobei eine bestimmte Organisationsform oder -struktur nicht vorgegeben ist. Für die Steuerbefreiung nicht ausreichend ist die bloße Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen (BFH vom 20.03.2014 – V R 4/13, MwStR 2014, 579). Ebenfalls von der Steuerbefreiung ausgeschlossen ist beispielsweise die Beförderung zum Ort der sportlichen Betätigung oder ein spezielles Training für einzelne Sportler (BFH vom 18.08.2011 – V R 64/09, HFR 2012, 784, BeckRS 2012, 95130; BFH vom 20.11.2008 – V B 264/07, BFH/NV 2009, 430, BeckRS 2008, 25014441). Eine Teilnehmergebühr muss immer allgemein für die Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung erhoben werden (BFH vom 25.07.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154, DStR 1997, 107).
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In dem vom FG Niedersachsen zu entscheidenden Fall wurden den Mitgliedern des Vereins ein organisierter und strukturierter Trainings- sowie Spielbetrieb zur Verfügung gestellt, damit ist die untere Grenze einer sportlichen Veranstaltung überschritten, da nicht ausschließlich Sportgegenstände oder Anlagen zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch unabhängig davon, ob eine Leistung durch ein Mitglied tatsächlich in Anspruch genommen wird, sondern es kommt allein darauf an, dass die Nutzungsmöglichkeit gegeben ist.
Die Mitgliedsbeiträge stellen im zu diskutierenden Fall somit steuerbare, aber steuerfreie Umsätze dar, die einen Vorsteuerabzug für im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen ausschließen.
Aufteilungsmaßstab des Vorsteueranspruchs bei Investitionen im Verein
Der Verein hat keinen Anspruch auf einen Vorsteuerabzug hinsichtlich der Investition in den Kunstrasenplatz, soweit der Platz seinen Mitgliedern die Teilnahme an Training und Punktspielen ermöglicht, da die Mitgliedsbeiträge steuerfrei sind. Für die Punktspiele der 1. Herrenmannschaft werden steuerpflichtige Eintrittsgelder erzielt, sodass eine Nutzung insoweit einen Vorsteueranspruch begründet. Eine Aufteilung des Vorsteueranspruchs erfolgt nach einer sachgerechten Schätzung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Dabei ist auf das Verhältnis der Umsätze nur zurückzugreifen, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Neben den Spielzeiten der 1. Herrenmannschaft wurde ebenfalls ein Vorsteuerabzug für die Spiel- und Trainingszeiten der 2. Herrenmannschaft sowie der A-Jugend und die Trainingszeiten der 1. Herrenmannschaft geltend gemacht. Dies hat das FG jedoch abgelehnt. Ausschließlich die Spielzeiten der 1. Herrenmannschaft auf dem Kunstrasenplatz führen zu steuerpflichtigen Eintrittsgeldern und begründen somit aus Sicht des FG einen Vorsteuerabzug.
Revision beim BFH anhängig
Gegen die Entscheidung des FG ist jedoch Revision beim BFH eingereicht worden (Aktenzeichen: V R 4/23). Abzuwarten bleibt, in welchem Umfang der BFH Steuerbefreiungen bei den Mitgliedsbeiträgen annimmt und wie der BFH die Quote zum Vorsteuerabzug ermittelt. Im FG-Urteil wurde beispielsweise nicht auf die zusätzlichen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen eingegangen, die mit einem 1.-Herren-Spiel einhergehen. Der Verkauf von Getränken und Essen bzw. Bandenwerbung und Trikotsponsoring führen ebenfalls zu umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen bei dem Verein und könnten daher mit in die Vorsteuerabzugsquote einzubeziehen sein.
Wir werden Sie gerne über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Bei Fragen zur Behandlung von Mitgliedsbeiträgen in der Zwischenzeit, melden Sie sich und wir helfen Ihnen gerne weiter.
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