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Umsatzsteuer: Reverse-Charge-Verfahren und Anforderungen an Leistungsempfänger

Aug 28, 24 • UmsatzsteuerKeine Kommentare
Umsatzsteuer: Reverse-Charge-Verfahren und Anforderungen an Leistungsempfänger

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 31.01.2024 einen Fall behandelt, bei dem eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Unternehmerin (im Folgenden „leistender Unternehmer“) einen Onlinemarktplatz betrieb und damit sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG) in Deutschland (§ 3a Abs.2, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 3 UStG) an deutsche Privatpersonen und Nichtunternehmer ausgeführt hat. Grundsätzlich ist der leistende Unternehmer Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Nur im sog. Reverse-Charge-Verfahren kommt es zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft, und der Leistungsempfänger wird Steuerschuldner (§ 13b UStG). Das Reverse-Charge-Verfahren findet jedoch nur Anwendung, wenn der Leistungsempfänger Unternehmer ist (§ 13b Abs. 5 UStG).

Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers

Das Urteil stellt klar, wann der leistende Unternehmer von einem Unternehmer als Leistungsempfänger ausgehen kann und darf. Denn im entschiedenen Fall hatte der leistende Unternehmer bereits die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers bejaht, wenn eines der drei folgenden Kriterien erfüllt wurde:

  • Der Leistungsempfänger hat im laufenden Jahr oder im Vorjahr entweder mehr als X Verkäufe getätigt,
  • es sind Leistungsentgelte („Verkaufsgebühren“) von mindestens X Euro entstanden waren oder
  • der Leistungsempfänger hat sich auf einer besonderen Plattform (gewerbliche Plattform) angemeldet, die gewerblichen Händlern vorbehalten war.

In den Fällen hat der leistende Unternehmer bereits das Reverse-Charge-Verfahren angewendet, auch wenn keine gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-IdNr.) vorgelegen hat.

Nach Auffassung des Finanzamts war die vorliegende Prüfung zur Unternehmereigenschaft nicht ausreichend, und der leistende Unternehmer hätte nur von einem Unternehmer als Leistungsempfänger ausgehen dürfen, wenn ein gültige USt-IdNr. vorgelegen hätte.

Gültige USt-IdNr. nicht zwingend erforderlich für Reverse-Charge-Verfahren

Der BFH hat klargestellt, dass keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, dass zur Nachweisführung eine gültige USt-IdNr. vorliegen muss. Entscheidend ist lediglich, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist. Die Beweislast für die Voraussetzungen des Reverse-Charge-Verfahrens liegt beim leistenden Unternehmer.

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Der leistende Unternehmer muss aber nach von ihm gewählten und dabei als geeignet anzusehenden Methoden den Nachweis der Unternehmereigenschaft des jeweiligen Kunden erbringen, insbesondere wenn der leistende Unternehmer im Hinblick auf die Sondervoraussetzung der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers von dessen Steuerschuldnerschaft ausgeht.

Wenn das Finanzamt die vom leistenden Unternehmer gemachten Angaben zur Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers anzweifelt, muss es zumindest stichprobenartig bei Massengeschäften eine Überprüfung durchführen.

Achtung: Bei Leistungen an nicht unternehmerische NPOs ist USt-IdNr. zwingend erforderlich

Die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens knüpft an die Ortsbestimmung der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG an. § 3a Abs. 2 UStG darf für nicht unternehmerisch tätige juristische Personen nur angewendet werden, wenn dem leistenden Unternehmer eine USt-IdNr. der nicht unternehmerisch tätigen Person vorgelegt wurde.

Soweit NPOs ausschließlich in der ideellen Zweckverwirklichung und damit nicht unternehmerisch tätig sind, kommt das Reverse-Charge-Verfahren daher nur zur Anwendung, wenn die NPO eine gültige USt-IdNr. besitzt. Insoweit kann sich der leistende Unternehmer nicht auf andere Kriterien zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens berufen.

Kein Reverse-Charge-Verfahren bei bestimmten Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts

Ansonsten greift das Reverse-Charge-Verfahren nicht automatisch bei Erfüllung der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers, wenn bestimmte Leistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4, 5b, 7–12 UStG) für den nicht unternehmerischen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht werden. Inwieweit einem ausländischen Leistungserbringer hier eine Nachweispflicht auferlegt werden kann, bleibt in der Praxis spannend.

Prozesse sollten überprüft und ggf. angepasst werden

Unternehmer sollten ihre Prozesse zur Überprüfung der Unternehmereigenschaft ihrer Kunden überprüfen und ggf. anpassen. Dabei sollten sie nicht allein auf die Gültigkeit der USt-ID vertrauen, sondern weitere Nachweise für die Unternehmereigenschaft einholen und dokumentieren. Unsere Experten sind Ihnen dabei gerne behilflich.

BFH, Urteil v. 31.01.2024, V R 20/21

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Anna Danner

Anna Danner ist Steuerberaterin und seit April 2024 Teil des Teams bei WINHELLER in Frankfurt am Main. Sie widmet sich vor allem der steuerrechtlichen Beratung von Stiftungen und Nonprofit-Organisationen.

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