Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Medienarbeit einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) zugunsten ihrer kirchlichen Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Bedeutung dieser Entscheidung ist groß: Denn ihre Grundsätze gelten nicht nur für Leistungen kirchlicher Organisationen, sondern lassen sich auch auf Leistungen anderer religiöser und politischer Organisationen übertragen.
Gesellschafter finanzieren Medienarbeit einer kirchlichen gGmbH
Der Fall vor dem BFH betraf eine gemeinnützige GmbH (gGmbH), die von einer christlichen Kirche und einem kirchennahen Verein gegründet worden war. Aufgabe der Gesellschaft war es, den Verkündigungsauftrag der Kirche mit journalistischen Mitteln zu erfüllen. Hierfür erstellte sie Nachrichten, die nicht nur die Tätigkeiten der Gesellschafter betrafen, sondern darüber hinaus christliche Wertvorstellungen und Positionen verbreiten sollten. Diese „christlichen“ Nachrichten lieferte sie wie eine Nachrichtenagentur an rund 15 Tageszeitungen gegen eine geringe Schutzgebühr aus. Die erhaltenen Schutzgebühren deckten jedoch nicht alle Kosten der gGmbH. Sie finanzierte sich daher hauptsächlich durch Zuwendungen ihrer Gesellschafter. In ihrer Umsatzsteuererklärung unterwarf sie lediglich die erhaltenen Schutzgebühren der Umsatzsteuer – die erhaltenen Zuwendungen ihrer Gesellschafter jedoch nicht.
Zuwendungen sind umsatzsteuerpflichtig
Mit diesem Vorgehen war das Finanzamt nicht einverstanden: Im Rahmen einer Betriebsprüfung war es der Ansicht, dass die Zuwendungen als Entgelte für die Medienarbeit anzusehen seien und daher der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen. Die Folge: Eine hohe Umsatzsteuernachzahlung.
Nachdem der Einspruch der gGmbH gegen diese Nachzahlung erfolglos blieb, versuchte sie sich mit einer Klage vor dem Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg zu wehren. Doch auch hier blieb sie ohne Erfolg: Das Gericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Im Gegenzug zu ihren Zuwendungen hätten die Gesellschafter der gGmbH einen konkreten Vorteil in Form der geleisteten Medienarbeit erhalten, die sie dank der Arbeit der gGmbH nicht mehr selbst durchführen mussten. Die Gesellschafter seien daher Leistungsempfänger der Medienarbeit und die gezahlten Zuwendungen tatsächlich umsatzsteuerpflichtige Entgelte für diese Medienarbeit. Das Finanzamt habe daher zu Recht eine Umsatzsteuernachzahlung festgesetzt.
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Zuwendungen doch von Umsatzsteuer befreit?
Die gGmbH gab sich jedoch nicht geschlagen und legte Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein – mit Erfolg, denn der BFH hob die Entscheidung des FG Baden-Württemberg auf. Zunächst bemängelte der BFH, dass das FG nicht geprüft habe, ob die Medienarbeit der gGmbH nicht möglicherweise von der Umsatzsteuer befreit sein könnte. Ein grober Fehler: Denn die gGmbH könne sich möglicherweise auf zwei Befreiungsvorschriften in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen, so das Gericht. So könne es sich bei der Medienarbeit der gGmbH um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der Kosten oder um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln.
Medienarbeit ist nicht steuerbar
Auf eine mögliche Steuerbefreiung komme es jedoch letztlich gar nicht an, da die Medienarbeit aus Sicht des BFH ohnehin nicht steuerbar sei. Denn von der Medienarbeit der gGmbH hätten nicht nur ihre Gesellschafter profitiert, sondern auch alle anderen christlichen Kirchen. Die Medienarbeit der gGmbH diente nämlich nicht dazu, ausschließlich Werbung für die Gesellschafter zu betreiben, sondern generell christliche Wertvorstellungen ohne Bezug zu einer speziellen Kirche bzw. Verein zu verbreiten. Die Gesellschafter der gGmbH profitierten somit nur mittelbar von der Medienarbeit. Eine Steuerbarkeit der Medienarbeit könne daher nicht angenommen werden.
WINHELLER unterstützt NPOs bei Fragen zur Umsatzsteuer
Zwar ist diese Entscheidung zu einer gGmbH mit kirchlichen Gesellschaftern ergangen. Die Grundsätze dieser Entscheidung lassen sich jedoch auch auf andere religiöse und politische Organisationen, egal welcher Rechtsform, übertragen. Erbringen diese Leistungen zugunsten ihrer Mitglieder, kommt es für die Frage nach der Steuerbarkeit dieser Leistungen darauf an, welcher Personenkreis tatsächlich davon profitiert: Allein die Mitglieder bzw. Gesellschafter oder auch Personengruppen außerhalb dieser Organisationen? In der Praxis ist diese Frage nicht immer leicht zu beantworten – unsere Umsatzsteuerexperten helfen Ihnen daher gerne dabei, die Leistungen Ihrer Organisation umsatzsteuerlich korrekt einzuordnen.
BFH, Urteil v. 23.09.2020 – XI R 35/18
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