Der Gesetzgeber möchte die Zusammenarbeit von gemeinnützigen Organisationen fördern und hat daher für Kooperationen gemeinwohlorientierter Einrichtungen die Umsatzsteuerbelastung abgeschafft.
Durch das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (JStG 2019, BGBl. I, 2451) wurde mit Wirkung zum 01.01.2020 die Neuregelung des § 4 Nr. 29 UStG eingeführt. Gleichzeitig entfiel die bisherige (Teil-)Regelung in § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG aus redaktionellen Gründen.
Steuerbefreiung für Kooperationen bei gemeinwohlorientierten Einrichtungen
Die neue Norm ermöglicht eine Umsatzsteuerbefreiung für sonstige Leistungen, die dem Gemeinwohl unmittelbar dienen und von selbstständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder (sogenannte Kostenteilungsgemeinschaften) erbracht werden. Die Steuerbefreiung soll dafür sorgen, dass eine aus ökonomischen und/oder organisatorischen Gründen sinnvolle Kooperation gemeinwohlorientierter Einrichtungen zukünftig nicht mehr durch eine Umsatzsteuerbelastung erschwert oder verhindert wird.
Voraussetzungen der Steuerbefreiung für NPO-Kooperationen
Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass es sich bei dem Personenzusammenschluss um einen selbstständig tätigen und eigenständigen, d.h. von den jeweiligen Mitgliedern verschiedenen Steuerpflichtigen handelt, der seine Leistungen sodann an ein oder mehrere seiner Mitglieder bewirkt. Dabei müssen die Leistungen nicht stets allen Mitgliedern gegenüber gewährt werden.
Das die Leistung empfangende Kooperationsmitglied darf nur die folgenden nicht steuerbaren oder steuerfreien, dem Gemeinwohl dienenden Leistungen erbringen:
- 4 Nr. 11b UStG – bestimmte Postdienstleistungen;
- 4 Nr. 14 bis 18 UStG – Heilbehandlungsleistungen und soziale Dienstleistungen;
- 4 Nr. 20 bis 25 UStG – kulturelle und Bildungsdienstleistungen oder
- 4 Nr. 27 UStG – bestimmte Personalgestellungsleistungen.
Die vom Personenzusammenschluss an das jeweilige Mitglied erbrachte sonstige Leistung muss zur Ausführung der o.g. nicht steuerbaren oder steuerfreien Leistungen unmittelbar verwendet werden. Der Katalog der hier zu berücksichtigenden steuerfreien, dem Gemeinwohl dienenden Leistungen ist abschließend.
Beispiele für steuerbefreite NPO-Kooperationen
Die Begründung zum Regierungsentwurf nennt als Beispiel ärztliche Praxis- und Apparategemeinschaften, die medizinische Einrichtungen, Apparate und Geräte zentral beschaffen und ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen oder/und Laboruntersuchungen, Röntgenuntersuchungen und andere medizinisch-technische Leistungen für ihre Mitglieder ausführen.
Tätigkeiten, die lediglich mittelbar der Ausführung von nicht steuerbaren oder steuerfreien Umsätzen der Mitglieder dienen oder von den Mitgliedern für solche bezogen werden (z.B. allgemeine Verwaltungsleistungen), fallen hingegen nicht unter die Befreiung, weil sie diese lediglich fördern.
Ausschluss der Steuerbefreiung bei Wettbewerbsverzerrungen
Problematisch ist die Regelung insoweit, als die Steuerbefreiung ausscheidet, wenn die reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
Ausschluss der Steuerbefreiung bei Erzielung von Überschüssen
Zudem wird die Umsatzsteuerbefreiung nur dann gewährt, wenn das für die Leistung vereinbarte oder entrichtete Entgelt lediglich in einem genauen Kostenersatz besteht. Eine genaue Erstattung der anfallenden Kosten liegt vor, wenn der Personenzusammenschluss seinen Mitgliedern die Leistungen zu Selbstkosten anbietet bzw. ihm nur die tatsächlich anfallenden Kosten erstattet werden und das jeweilige Mitglied den (seinen) entsprechenden Anteil an den Gesamtkosten trägt. Ein pauschaler Kostenaufschlag ist schädlich. Die Anforderung einer genauen Kostenerstattung impliziert, dass der Personenzusammenschluss weder einen Gewinn erzielen, noch die Absicht hierzu haben darf. Sofern gleichwohl tatsächlich erzielte Überschüsse jedoch ausschließlich dazu bestimmt sind, der Finanzierung künftiger Investitionen zu dienen, wird dies nicht beanstandet.
Neue Kooperationen sollten sich mit dem Finanzamt abstimmen
Der Gesetzestext lässt deshalb einen weiten Interpretationsspielraum zu. Verwaltungsanweisungen oder Finanzgerichtsurteile, die bei der Auslegung der Norm herangezogen werden könnten, existieren derzeit noch nicht. Und weil der Unternehmer (Personenzusammenschluss) die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen hat, besteht hinsichtlich der Anwendbarkeit der Befreiung eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Zur Vermeidung einer späteren Umsatzsteuerbelastung sollten neue Kooperationen, die diese Steuerbefreiung für sich in Anspruch nehmen wollen, vorab im Wege einer verbindlichen Auskunft mit dem Finanzamt abgestimmt werden. Gerne stehen wir Ihnen hierbei zur Seite.
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