Nachdem sich sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch der Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren wegweisenden Entscheidungen zur Umsatzsteuerpflicht von Aufsichtsratsvergütungen geäußert haben, hat vor Kurzem auch die Finanzverwaltung ihre Auffassung zu dieser Thematik in einem BMF-Schreiben veröffentlicht. Wie immer zeigt sich, dass sich ein aufmerksamer Blick lohnt – denn der Finanzverwaltung ist nicht in allen Punkten zuzustimmen.
Keine Umsatzsteuerpflicht bei Festvergütung
Die Finanzverwaltung stellt zunächst klar, dass gemäß der Rechtsprechung des EuGHs und des BFHs die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wenn es eine nicht variable Festvergütung erhält. Denn in diesem Fall trägt es kein Vergütungsrisiko, das eine selbstständige und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit begründen könnte. Eine Festvergütung liegt dabei insbesondere bei einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Umgekehrt handelt es sich jedoch bei Sitzungsgeldern, die das Aufsichtsratsmitglied nur dann erhält, wenn es tatsächlich an einer Aufsichtsratssitzung teilnimmt, sowie bei nach dem tatsächlichen Zeitaufwand bemessenen Aufwandsentschädigungen um variable Vergütungen. Zu beachten ist, dass diese Grundsätze auch für die Mitglieder vergleichbarer Aufsichtsorgane, wie z.B. für das Kuratorium einer Stiftung, gelten.
Wie werden Mischvergütungen behandelt?
Besteht die Vergütung eines Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Vergütungsbestandteilen, stellt sich die Frage, wie diese umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die gesamte Vergütung umsatzsteuerpflichtig ist, sofern der Anteil der variablen Vergütungsbestandteile mindestens 10% der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, beträgt (Abschnitt 2.2 Abs. (3a) S. 5 UStAE).
Entscheidung der Finanzverwaltung ist nicht nachvollziehbar
Die Auffassung der Finanzverwaltung zur steuerlichen Behandlung von Mischvergütungen ist abzulehnen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Finanzverwaltung die Schwelle bereits bei 10% und nicht etwa bei 50% angesetzt hat. Denn bei einer Schwelle von 10% wären so gut wie alle Aufsichtsräte, die eine Mischvergütung erhalten, selbstständig und damit umsatzsteuerpflichtig tätig – das kann nicht richtig sein. Wir erwarten daher, dass die Finanzgerichte der Auffassung der Finanzverwaltung eine Absage erteilen werden.
Umsatzsteuerpflicht der Aufsichtsratsvergütung mitunter vorteilhaft für NPOs
Aufsichtsräte und ihre NPOs sollten beachten, dass wenn die Vergütungen im vorangegangenen Kalenderjahr weniger als 22.000 Euro betragen haben und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen werden, keine Umsatzsteuer anfällt (sog. Kleinunternehmerregelung). Zudem kann eine Umsatzsteuerpflicht der Aufsichtsratsvergütung auch von Vorteil sein, da NPOs mit großen Zweck- und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben hierdurch den Vorsteuerabzug geltend machen können. Umgekehrt profitieren NPOs mit einem großen ideellen Bereich eher von einer Aufsichtsratsvergütung, die nicht der Umsatzsteuer unterliegt, da hierdurch die finale Belastung mit Umsatzsteuer entfällt. Die Frage, welche Variante im Einzelfall steuerlich vorteilhafter ist, sollten NPOs und ihre Aufsichtsräte gemeinsam mit einem Experten für Umsatzsteuerrecht klären.
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