
Auch nach der Neuregelung des § 4 Nr. 21 UStG zum 01.01.2025 bleibt die staatliche Anerkennung Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung klassischer Bildungseinrichtungen. Für gemeinnützige Bildungsträger und Berufsverbände ohne staatliche Anerkennung bietet § 4 Nr. 22a UStG jedoch eine alternative Steuerbefreiung – allerdings mit eigenen, klar umrissenen Voraussetzungen. Wir zeigen, wie Sie als Bildungsträger davon profitieren können und welche Fallstricke umschifft werden müssen für eine sichere Anwendung.
Steuerbefreiung für Vorträge, Kurse etc. ohne staatliche Anerkennung
Viele gemeinnützige Bildungsträger bieten Bildungsleistungen an, ohne als staatlich anerkannte Schule oder Ersatzschule zu gelten. Während § 4 Nr. 21 UStG weiterhin die behördliche Anerkennung verlangt, eröffnet § 4 Nr. 22a UStG eine Steuerbefreiung für Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, sofern sie von bestimmten Trägern – insbesondere gemeinnützigen Einrichtungen oder Berufsverbänden – durchgeführt werden und die Einnahmen überwiegend zur Kostendeckung verwendet werden. Die Vorschrift ist vor allem für die Erwachsenenbildung relevant, da hier die klassische Schul- oder Hochschulstruktur fehlt.
Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
Nicht jede Bildungseinrichtung kann sich auf § 4 Nr. 22a UStG berufen. Begünstigt sind insbesondere
- juristische Personen des öffentlichen Rechts,
- Berufsverbände,
- Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien,
- Volkshochschulen sowie
- Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen.
Einzelpersonen und Personengesellschaften sind ausdrücklich ausgeschlossen. Die körperschaftliche Verfassung ist Voraussetzung, um eine klare Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen zu gewährleisten.
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Umstritten ist, ob die formelle Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach § 60a AO zwingend erforderlich ist. Gesetz und Rechtsprechung verlangen jedenfalls, dass die Einrichtung gemeinnützigen Zwecken dient. Es reicht, wenn die Bildungstätigkeiten steuerbegünstigt sind – die ausschließliche Gemeinnützigkeit oder eine ausschließliche Bildungstätigkeit ist nicht erforderlich. Auch Vereine, bei denen die Bildungsarbeit nur einen Teil des Zwecks ausmacht, können begünstigt sein.
Kostendeckung als zentrale Bedingung
Die Einnahmen aus den Bildungsleistungen müssen überwiegend – also zu mehr als 50% – zur Deckung der Kosten des Zweckbetriebs „Bildungsleistungen“ verwendet werden. Dabei sind sowohl direkte Kosten (z.B. Dozentenhonorare) als auch anteilige Gemeinkosten (z.B. Verwaltung, Werbung) zu berücksichtigen. Die Berechnung kann jahres- oder veranstaltungsbezogen erfolgen, wobei die Gemeinkosten nach einem nachvollziehbaren Schlüssel zu verteilen sind.
Welche Leistungen sind steuerbefreit?
Steuerfrei sind Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art. Dazu zählen systematischer Unterricht, Vortragsreihen, Einzelvorträge und auch interaktive Live-Streaming-Angebote. Nicht befreit ist das bloße Bereitstellen von Lernmedien oder Lehrmaterialien, es sei denn, diese sind Nebenleistungen im Rahmen einer begünstigten Veranstaltung. Freizeitbezogene Angebote wie Tanzkurse oder Hobbyflugunterricht sind nicht steuerbefreit, ebenso wenig Sportunterricht, der nicht direkt an die Teilnehmer, sondern an Vereine erbracht wird.
Kein Wahlrecht, kein Vorsteuerabzug
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22a UStG ist zwingend, sobald die Voraussetzungen vorliegen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung (Optierung zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG) ist nicht möglich. Damit entfällt auch der Vorsteuerabzug für bezogene Leistungen, was wirtschaftlich nachteilig sein kann, wenn hohe Vorsteuerbeträge (z.B. Dozentenhonorare) bei der Bildungseinrichtung anfallen würden.
Frühzeitige Abstimmung mit Finanzamt
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 22a UStG ist für viele gemeinnützige Bildungsträger ohne staatliche Anerkennung die zentrale steuerliche Grundlage. Sie ermöglicht es, Bildungsleistungen steuerfrei anzubieten, ohne ein aufwändiges Anerkennungsverfahren durchlaufen zu müssen. Die Anforderungen sind jedoch klar: Die gemeinnützige Zweckverfolgung muss nachweisbar sein, die Einnahmen müssen mehrheitlich der Kostendeckung dienen, und die Leistungen dürfen nicht freizeitbezogen sein. Da die Vorschrift eng ausgelegt wird und die Finanzverwaltung im Einzelfall abweichende Auffassungen vertreten kann, empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit dem Finanzamt.
Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Bildungsangebote und Ihre Organisationsstruktur die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllen. Dokumentieren Sie die Kostendeckung nachvollziehbar.
Umfassende Beratung zur Umsatzsteuer für NPOs
Haben Sie Fragen zur Umsatzsteuerbefreiung für Ihre Bildungsangebote? Sind Sie unsicher, ob Ihre Einrichtung oder einzelne Kurse unter § 4 Nr. 22a UStG fallen? Oder möchten Sie Ihre Gemeinnützigkeit und die steuerliche Behandlung Ihrer Leistungen optimieren? Das NPO-Team unserer Kanzlei steht Ihnen für eine individuelle Beratung rund um die Umsatzsteuer und alle Fragen der Gemeinnützigkeit gerne zur Verfügung.
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