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Gemeinwohlgefährdende Stiftung kann nicht rechtsfähig sein

Gemeinwohlgefährdende Stiftung kann nicht rechtsfähig seinDie Anerkennung einer Stiftung als rechtsfähig scheidet aus, wenn der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet. In einem aktuellen Urteil setzte sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HVG) nun mit der Gemeinwohlkonformität einer religiösen Stiftung auseinander.

Stiftungszweck darf keine Verfassungsgüter beeinträchtigen

Der HVG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wann eine die Anerkennungsfähigkeit einer Stiftung ausschließende Gemeinwohlgefährdung anzunehmen ist. Dies ist der Fall, wenn die Verfolgung des Stiftungszwecks eine Beeinträchtigung von Verfassungsgütern zur Folge hätte. Ausreichend ist bereits eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit der Beeinträchtigung von Verfassungsgütern. Die Gemeinwohlgefährdung einer zu errichtenden Stiftung wird anhand des Stiftungszwecks prognostiziert.

Können Motive des Stifters berücksichtigt werden?

Der HVG hatte in dem zu entscheidenden Fall zu klären, ob eine Gemeinwohlgefährdung nicht nur durch den Stiftungszweck gemäß der Satzung, sondern auch durch die Absichten des Stifters begründet werden kann. Vorliegend hatte die zuständige Stiftungsbehörde einer schiitischen Gruppierung die Anerkennung als rechtsfähige Stiftung verweigert, da die Tätigkeiten des Stifters aus Sicht der Behörde nicht im Einklang mit dem Gemeinwohl standen. Der Stifter hatte seit Jahren enge Kontakte in den Iran und zählte dort zum gehobenen religiösen Establishment. Er hatte sich zuvor schon in verschiedenen Organisationen eingebracht, die direkt oder indirekt den Gedanken der iranischen Revolution nach Europa tragen sollten.

Die Behörde betrachtete die Inhalte der Verfassung der Islamischen Republik als nicht mit den Grundwerten der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar. Da der Stifter nach ihrer Errichtung eine beherrschende Stellung innerhalb der Stiftung innehaben sollte, könne er durch diese seine verfassungsfeindlichen Ziele verfolgen, sodass die Behörde die Möglichkeit einer Gemeinwohlgefährdung bejahte.

Offene Formulierung des Satzungswecks eröffnet Einbeziehung des Stifterwillens

Der HVG bestätigte die Entscheidung der Stiftungsaufsichtsbehörde und führte aus, dass der Stiftungszweck in dem zu entscheidenden Fall auch anhand des Stifterwillens ermittelt werden könne. Der Zweck der zu errichtenden Stiftung war in der Satzung so offen formuliert, dass eine Feststellung der konkreten Tätigkeit allein anhand der Satzung nicht ausreichend möglich war. Daher habe die Stiftungsbehörde richtigerweise auch die persönlichen Motive des Stifters sowie dessen Auftreten in der Öffentlichkeit berücksichtigt, um die Frage der Gemeinwohlgefährdung zu beurteilen.

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Das Thema der Gemeinwohlkonformität oder der Beeinträchtigung von Verfassungsgütern wird nicht nur im Zusammenhang mit der Anerkennung rechtsfähiger Stiftungen relevant. Auch eine Steuerbegünstigung wegen der Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke scheidet für Organisationen aus, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch aufgeführt sind. Hier gilt vor den Finanzgerichten sogar eine Beweislastumkehr zulasten der Organisationen, sodass zunächst auf dem Verwaltungsrechtsweg gegen die Nennung im Verfassungsschutzbericht vorgegangen werden muss.

VGH, Urteil v. 27.01.2020 – 7 A 2164/17

Weiterlesen:
NPOs können gegen Nennung im Verfassungsschutzbericht vorgehen
Umfassende Beratung zur Stiftungsgründung

Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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