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Steuerbefreiung von Umsätzen aus „betreutem Wohnen“

Okt 25, 24 • UmsatzsteuerKeine Kommentare
Steuerbefreiung von Umsätzen aus „betreutem Wohnen“

Mit Urteil vom 11.12.2023 hat das Finanzgericht Münster sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern „betreutes Wohnen“ unter eine Umsatzsteuerbefreiung fallen kann.

Im zugrunde liegenden Sachverhalt hat eine Organgesellschaft neben Pflegeleistungen, die vorliegend unstrittig nach § 4 Nr. 16 Buchst. e bzw. c UStG befreit sind, auch Betreuungsleistungen im Rahmen einer durch einen Dritten betriebenen Altenwohnanlage erbracht.

Die Organträgerin ging davon aus, dass die Leistungen des „betreuten Wohnens“ ebenfalls von der Steuerbefreiung, nun aber § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG (in seiner Fassung zum Zeitpunkt des Sachverhalts), umfasst sei. Im Rahmen der Betriebsprüfung hatte das Finanzamt diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt, wogegen die Stiftung klagte und sich auf verschiedene Steuerbefreiungsvorschriften berief.

§ 4 Nr. 16 Buchst. l UStG: Steuerbefreiung von Betreuungs- oder Pflegeleistungen

Gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG (in seiner Fassung zum Zeitpunkt des Sachverhalts) sind Umsätze steuerfrei, die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen von Einrichtungen erbracht werden. In diesen Einrichtungen müssen für die Steuerfreiheit im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25% (40% vor 07/2013) der Fälle (sog. Sozialquote)

  • von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder
  • der Sozialhilfe oder
  • der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge

ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sein.

Ergänzend muss es sich in diesem Zusammenhang der Art nach um Leistungen handeln, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht (§ 4 Nr. 16 Satz 2 UStG).

§ 4 Nr. 16 Buchst. l UStG ist nun § 4 Nr. 16 Buchst. n UStG

§ 4 Nr. 16 Buchst. l UStG war bis zum bis 30.06.2013 als Buchst. k geregelt, wobei die Sozialquote 40% betrug. Im Zuge des Jahressteuergesetzes vom 21.12.2020 wurde ein neuer § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG eingefügt, weswegen die vorliegend diskutierte Norm in Buchstabe m weiterrückte. Dabei wurde der Wortlaut insofern geändert, als nach § 4 Nr. 16 Buchst. m UStG nun zusätzlich auch die Träger der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX berücksichtigt werden.

Eine weitere Änderung erfolgte durch das sog. Wachstumschancengesetz von 24.03.2024. Dabei wurde ein weiterer neuer Buchstabe m) mit eigenem Inhalt eingefügt. Der Inhalt des vorherigen Buchstaben m) wurde sodann in § 4 Nr. 16 Buchst. n UStG verschoben. Demzufolge ist der Inhalt des hier behandelten § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG nunmehr in § 4 Nr. 16 Buchst. n UStG zu finden. Da für die Urteilsbegründung jedoch die Rechtslage zum Zeitpunkt der Streitigkeit maßgeblich ist, wird im Weiteren auf die alte Fassung des § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG Bezug genommen.

FG Münster: Keine Umsatzsteuerbefreiung

In seiner Entscheidung stellt das Gericht fest, dass die Leistungen im Bereich des „betreuten Wohnens“ nicht durch § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG steuerfrei sind, da die Klägerin schon keine begünstigte Einrichtung sei.

Die Klägerin hatte trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgewiesen, dass die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25% (40% vor 07/2013) der Fälle (sog. Sozialquote) von Sozialversicherungsträgern oder der Sozialhilfe vergütet wurden.

Auf einen konkreten Nachweis der Kostenerstattung hätte verzichtet werden können, wenn die Klägerin aufgezeigt hätte, dass die Leistungsempfänger aufgrund einer Pflegestufe bzw. eines Pflegegrades zum Leistungsbezug berechtigt gewesen seien (BFH vom 03.08.2017, V R 52/16, DStR 2017, 2418).

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Eine Ableitung der durch Sozialversicherungsträger vergüteten Fälle im Verhältnis zum Gesamtumsatz, inkl. der nach § 4 Nr. 16 Buchst. e bzw. c) UStG steuerbefreiten Pflegeleistungen, sei nicht ausreichend, da die Sozialquote für die Leistungen des Buchst. l eigenständig zu erfüllen sei.

Eine direkte Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist laut Gericht nicht möglich, da § 4 Nr. 16 UStG diese Vorschrift vollständig umsetzt. Auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG greift nicht, da die Stiftung keinem Wohlfahrtsverband angehört und § 4 Nr. 16 UStG als lex specialis vorgeht. Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG für Vermietungsleistungen liegt ebenfalls nicht vor.

Sorgfältige Nachweisführung wichtig

Das Gericht betont, dass bei Leistungen im Bereich des „betreuten Wohnens“ eine sorgfältige Nachweisführung bezüglich der Sozialquote wichtig ist, damit eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG angewendet werden kann. Es sollten Aufzeichnungen über Pflegegrade der Leistungsempfänger und Vergütungen durch Sozialversicherungsträger geführt werden. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG ist einrichtungsspezifisch zu prüfen und kann nicht auf den gesamten Organkreis bezogen werden. Anerkannte soziale Einrichtungen erbringen nicht per se steuerfreie Leistungen, sondern nur im Rahmen konkreter sozialrechtlicher Vereinbarungen.

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Gewerbesteuerbefreiung für Altenheime, Pflegeheime und Pflegeeinrichtungen

Anna Danner

Anna Danner ist Steuerberaterin und seit April 2024 Teil des Teams bei WINHELLER in Frankfurt am Main. Sie widmet sich vor allem der steuerrechtlichen Beratung von Stiftungen und Nonprofit-Organisationen.

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