Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen musste entscheiden, ob der Träger einer unselbstständigen Stiftung dem Stifter sein Geld zurückgewähren muss, weil der Stifter mit der Arbeit des Trägers unzufrieden war. Die Entscheidung belegt (einmal wieder), dass Stifter im Überschwang der Freude über die Errichtung „ihrer“ Stiftung nicht vergessen sollten, sich zunächst gründlich beraten zu lassen.
Häufig Streit wegen unselbstständiger Stiftungen
Auch zwischen Stiftern und den von ihnen errichteten rechtsfähigen Stiftungen kann es Rechtstreitigkeiten geben. Vermutlich kommt es aber im Umfeld unselbstständiger Stiftungen weit häufiger zum Streit: Nicht nur der Treuhänder kann sich von einer unliebsam gewordenen unselbstständigen Stiftungen wieder lösen wollen. Auch der Stifter ist möglicherweise unzufrieden mit dem Treuhänder. Einen solchen Fall hatte nun auch das OVG Nordrhein-Westfalen zu entscheiden.
Errichtung einer unselbstständigen Stiftung zur Verbreitung der Demokratie-Idee
Der Stifter errichtete eine unselbstständige Stiftung mit einem Stiftungsvermögen von immerhin einer Million Euro in der Trägerschaft einer nordrhein-westfälischen Universität. Die Stiftung sollte Menschen, insbesondere im asiatischen und arabischen Raum, über die Demokratie aufklären und aufzeigen, dass die Demokratie die beste Gesellschaftsform ist. Kernpunkt der Zweckverwirklichung sollte nach Ansicht des Stifters die Homepage der Stiftung sein, auf der Inhalte über die Demokratie zusammengetragen werden sollten.
Streit zwischen Stifter und Stiftungsträger
Es kam jedoch relativ früh zum Streit zwischen dem Stifter und dem Träger der Stiftung. Der Träger sah sich seiner wissenschaftlichen Neutralität verpflichtet und wollte jeden Verdacht der Missionierung vermeiden. Dem Träger war daran gelegen, dass nur wissenschaftlich fundierte und richtige Inhalte auf der Homepage veröffentlicht wurden. Ferner wurden die universitären Lehrveranstaltungen um solche mit dem Schwerpunktthema „Demokratie“ ausgeweitet. Der Stifter hingegen war mit den Inhalten auf der Homepage nicht zufrieden und wollte die Idee der Demokratie „offensiver“ auf der Homepage bewerben. Die nach außen gerichtete Werbung für die Demokratie sollte nach seiner Vorstellung Schwerpunkt der Stiftungsarbeit sein.
Stifter kündigt Treuhandvertrag
Nachdem der Stifter und die Verantwortlichen des Stiftungsträgers trotz mehrmaliger Überarbeitung der Homepage und diverser Gespräche keine Einigung erzielen konnten, kündigte der Stifter den Treuhandvertrag und wollte sein Geld zurück. Dies wies der Träger zurück, da die Kompetenz über die Auflösung der Stiftung beim eingerichteten Kuratorium liege und darüber hinaus Gemeinnützigkeitsvorschriften einer Rückzahlung entgegenstünden. Davon unbeeindruckt klagte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln, nachdem er die Klage zunächst vor dem unzuständigen Landgericht erhoben hatte.
Klage bleibt ohne Erfolg
Das VG Köln wies die Klage allerdings als unbegründet zurück. Auch mit der Berufung zum OVG Nordrhein-Westfalen scheiterte der Stifter. Das OVG legte sich dabei in seinem Urteil nicht fest, ob es sich bei der Übertragung des Stiftungsvermögens auf den Träger rechtlich um eine Schenkung, ein Treuhandverhältnis im Wege eines Auftrags oder um ein Geschäftsbesorgungsverhältnis handelte. Denn unabhängig von der Einordnung stand dem Stifter nach Auffassung des Gerichts jedenfalls kein Rückzahlungsanspruch zu. Das OVG vermochte nämlich keinen Verstoß gegen eine Auflage zu erkennen, da den in der Satzung niederlegten Zwecken eine Fokussierung auf die Außenbewerbung der Demokratie, wie sie sich der Stifter wünschte, nicht zu entnehmen waren. Außerdem betrachtete das Gericht durch ergänzende Auslegung der Satzung ein mögliches Widerrufsrecht als abbedungen. Einen wichtigen Grund für eine Kündigung erkannte das Gericht ebenfalls nicht. Die Berufung des Stifters konnte damit keinen Erfolg haben. Sein Geld war der Stifter endgültig los.
Zahlreiche Fallstricke beim Errichten einer unselbstständigen Stiftung
Die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung ist mit zahlreichen Fallstricken verbunden und sollte daher unbedingt Experten überlassen werden. Vorliegend hätte man die stärkere Fokussierung der Stiftungsarbeit auf die Außenbewerbung der Demokratie durchaus in die Satzung aufnehmen können. Auch hätte man eine Widerrufsmöglichkeit vereinbaren können. Zwar hätte der Stifter sein Geld auch in diesem Fall nicht zurückbekommen, weil das Gemeinnützigkeitsrecht dem entgegensteht. Aber er hätte dadurch zumindest eine Übertragung des Stiftungsvermögens auf einen anderen Treuhänder erreichen können. Des langen und teuren Rechtsstreits – mit negativem Ausgang für den Stifter – hätte es dann nicht bedurft.
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OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.2016, Az. 16 A 172/13
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