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Reitunterricht und Umsatzsteuer: Wann liegt eine steuerfreie Bildungsleistung vor?

Juni 26, 25 • UmsatzsteuerKeine Kommentare

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat einen weiteren Fall zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von Bildungsleistungen entschieden. In dem vorliegenden Fall hat der BFH Reitunterricht grundsätzlich der Freizeitgestaltung zugeordnet, womit er der Umsatzsteuer unterliegt. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann Reitunterricht als steuerfreie Bildungsleistung anerkannt werden.

Reitunterricht ist Freizeitgestaltung

Der BFH stellt klar: Reitunterricht ist in der Regel keine steuerfreie Bildungsleistung, sondern Freizeitgestaltung. Nur wenn ein Kurs gezielt auf eine berufliche Qualifikation vorbereitet und dies von der zuständigen Landesbehörde bescheinigt wird, kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG greifen. Das Urteil bietet wichtige Orientierung für gemeinnützige Träger, die Bildungsangebote im Bereich Sport oder Freizeit organisieren.

Im entschiedenen Fall verpachtete X einen Reiterhof an die K-GmbH, mit der eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand. Die K-GmbH bot verschiedene Reitkurse für Kinder und Jugendliche an, darunter die „Ponygruppe“ (altersgerechter Umgang mit Ponys), die „Große Pferdegruppe“ (Vorbereitung auf Leistungsabzeichen) und spezielle Klassenfahrten. Neben dem Unterricht wurden Unterkunft und Verpflegung bereitgestellt. Während ein Teil der Teilnehmer Prüfungen für Motivations- oder Leistungsabzeichen ablegte, diente der Großteil der Angebote der allgemeinen Freizeitgestaltung.

Reitunterricht, Unterkunft und Verpflegung jeweils eigenständige Hauptleistungen

Der BFH prüfte, ob und in welchem Umfang die Umsätze aus dem Betrieb des Reiterhofs steuerfrei sein können. Zunächst stellte das Gericht klar, dass Reitunterricht, Unterkunft und Verpflegung jeweils eigenständige Hauptleistungen darstellen und umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen sind. Eine einheitliche Leistung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Bestandteile untrennbar miteinander verbunden sind – was hier nicht der Fall war, da die Teilnehmer ein eigenständiges Interesse an Unterkunft und Verpflegung hatten.

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Reitunterricht mit Angeboten wie Segel-, Tanz- oder Jagdschulen vergleichbar

Für die „Große Pferdegruppe“ erkannte das Finanzgericht Schleswig-Holstein eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG an, da der Kurs gezielt auf das Ablegen von Leistungsabzeichen vorbereitete, die wiederum Voraussetzung für eine professionelle Tätigkeit im Turniersport sind. Die Mehrzahl der Teilnehmer (60–70%) nahm an den Prüfungen teil. Zudem lag eine Bescheinigung der Landesbehörde vor, die den berufsbildenden Charakter bestätigte. Der BFH bestätigte diese Einschätzung, betonte jedoch, dass dies eine Ausnahme sei: Grundsätzlich dient Reitunterricht der Freizeitgestaltung und ist mit Angeboten wie Segel-, Tanz- oder Jagdschulen vergleichbar, die ebenfalls nicht steuerfrei sind. Nur wenn ein Kurs nachweislich auf einen Beruf vorbereitet und dies behördlich bescheinigt ist, kann eine Steuerbefreiung greifen.

Die Umsätze aus der Ponygruppe, den Klassenfahrten sowie Unterkunft und Verpflegung sind hingegen steuerpflichtig, da sie keinen hinreichenden Berufsbezug aufwiesen und die K-GmbH keine anerkannte Einrichtung mit überwiegend sozialem Charakter im Sinne des § 4 Nr. 23 UStG a.F. war.

Eng gefasste Steuerbefreiung für Bildungsleistungen im Freizeit- und Sportbereich

Das Urteil verdeutlicht, dass die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen im Freizeit- und Sportbereich eng auszulegen ist. Entscheidend ist, ob das Angebot gezielt auf eine berufliche Tätigkeit vorbereitet und dies durch eine Landesbehörde bestätigt wird. Für die Praxis bedeutet das: Wer steuerfreie Umsätze im Bildungsbereich erzielen will, muss den berufsbildenden Charakter der Kurse und die behördliche Anerkennung nachweisen können. Andernfalls ist von einer steuerpflichtigen Freizeitgestaltung auszugehen.

Sie bieten selbst Bildungsangebote im Sport- oder Freizeitbereich an oder sind unsicher, ob Ihre Leistungen umsatzsteuerfrei sind? Haben Sie Fragen zur Anerkennung als berufsbildende Einrichtung oder zur Gestaltung Ihrer Kursangebote? Die Experten aus unserem NPO-Team beraten Sie gerne individuell zu diesen und weiteren Themen rund um die Gemeinnützigkeit. Sprechen Sie uns an!

BFH, Urteil v. 22.01.2025, XI R 9/22

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Anna Danner

Anna Danner ist Steuerberaterin und seit April 2024 Teil des Teams bei WINHELLER in Frankfurt am Main. Sie widmet sich vor allem der steuerrechtlichen Beratung von Stiftungen und Nonprofit-Organisationen.

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