Zum 01.07.2023 tritt die Reform des Stiftungsrechts in Kraft. Im Folgenden geben wir einen Überblick über wichtige Neuerungen, wobei die Neuerungen im Wesentlichen der bisherigen Praxis der Stiftungsbehörden entsprechen.
Wichtige Neuerungen im Überblick
Zunächst erhält die Stiftung eine Legaldefinition in § 80 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F., welche lautet: „Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.“
Die §§ 81, 81a BGB n.F. enthalten Regelungen zur Stiftungserrichtung, konkret zu den Mindestanforderungen, welche an die Satzung und an die Form des Stiftungsgeschäfts zu stellen sind. § 81 Abs. 2 BGB n. F. enthält zudem besondere Voraussetzungen einer Verbraucherstiftung.
Bezüglich der Stiftungsanerkennung wird die bisherige Regelung abgelöst. Eine Stiftung war bisher anzuerkennen, wenn der Stiftungszweck nicht zur Gemeinwohlgefährdung führte. Der Stiftungszweck ist der Leitsatz der Stiftungstätigkeit, welcher ihr ein festes Ziel gibt und an dem sie auszurichten ist. Nach der neuen Fassung des § 82 BGB ist eine Stiftung nun anzuerkennen, wenn die Stiftung durch ihre Tätigkeit (und nicht durch ihren Zweck) nicht zu einer Gemeinwohlgefährdung führt.
§ 83 BGB n.F. regelt das Verhältnis zwischen der Stiftungsverfassung und dem Willen des Stifters. Die Beachtung des historischen Stifterwillens wurde darin ausdrücklich verankert. Hilfsweise kann zu Auslegungszwecken auch der mutmaßliche Stifterwille herangezogen werden. Eine Fortentwicklung des Stifterwillens ist jedoch nicht zu verzeichnen – weder im Hinblick auf den historischen noch auf den noch lebenden Stifter. Der Verwaltungssitz der Stiftung muss nach § 83a BGB n.F. zwingend im Inland gelegen sein. Die Nichterfüllung dieses Erfordernisses kann in letzter Konsequenz zur Aufhebung der jeweiligen Stiftung durch die Stiftungsaufsicht führen.
Im Hinblick auf das Stiftungsvermögen führt § 83b BGB n.F. eine neue begriffliche Unterscheidung zwischen Grundstockvermögen und sonstigem Vermögen ein. Das Grundstockvermögen ist dabei das Vermögen der Stiftung zur dauernden nachhaltigen Zweckerfüllung, während das „sonstige Vermögen“ im Ergebnis verbrauchbares Vermögen der Stiftung meint.
Dreistufiges Verfahren zur Satzungsänderung
Bisher waren die Anforderungen an die Änderung von Stiftungssatzungen komplex und zum Teil heftig umstritten. Der Grund hierfür lag darin, dass die bundesrechtlichen Vorschriften lediglich in § 87 BGB die Möglichkeit vorsehen, eine Stiftungssatzung nachträglich zu ändern. Diese Vorschrift regelt dabei lediglich den Fall der Zweckänderung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Ob daneben auch die Stiftungsorgane oder der Stifter selbst nachträgliche Änderungen vornehmen können, war typischerweise Regelungsgegenstand der Stiftungssatzung. Hierzu haben die Landesstiftungsgesetze ihre eigenen Vorschriften entwickelt, die sich in einigen Bereichen überschneiden, in anderen widersprechen.
In den §§ 85–85b BGB n.F. wird nun die Änderung der Stiftungssatzung geregelt sein. Dabei sind drei Stufen des Änderungsverfahrens zu unterscheiden.
- Eine Änderung des Stiftungszwecks ist zulässig, wenn keine dauernde und nachhaltige Erfüllung des bisherigen Zwecks mehr möglich ist oder wenn der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet.
- Die Änderung von Name, Sitz, Art und Weise der Zweckverwirklichung und der Verwaltung des Grundstockvermögens ist zulässig, wenn sich die Verhältnisse seit der Stiftungserrichtung so geändert haben, dass eine entsprechende Anpassung notwendig ist.
- Sonstige Bestimmungen können geändert werden, sofern dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient
Trotz der Änderungsmöglichkeiten bleibt zu beachten, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft die gesetzlichen Änderungsmöglichkeiten beschränken kann. Ebenso kann er auch Organe der Stiftung bzgl. konkreter Satzungsänderungen ermächtigen. Zudem ist für die Wirksamkeit stets die Genehmigung der Satzungsänderungen durch die Stiftungsaufsicht erforderlich.
Vorliegen zwingender und nachgiebiger Vorschriften
Der Regierungsentwurf zur Reform des Stiftungsrechts gibt das Vorliegen zwingender und nachgiebiger (dispositiver) Vorschriften vor. Ergänzend dazu müssen bei jeder dispositiven Vorschrift konkrete Angaben dazu gemacht werden, inwieweit von der Vorschrift abgewichen werden kann. Den Stiftern soll dadurch bewusst gemacht werden, welche Regelungen sie durch die Satzung treffen können und welche zwingend gesetzlich vorgeschrieben sind.
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Dies ist an vielen Stellen innerhalb des neuen Stiftungsrechts bereits der Fall. Der Wortlaut gibt bei vielen der neuen Normen bereits Aufschluss darüber, ob die jeweilige Norm zwingend ist oder nicht. Beispiele hierfür sind § 81 Abs. 1–3 BGB n.F. als zwingende Vorschrift über den Mindestinhalt und die Form des Stiftungsgeschäfts oder auch § 84 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F., welcher die Festlegung eines Mehrpersonenvorstands durch Satzung ermöglicht. Der Wortlaut einiger Vorschriften ist jedoch unergiebig, weshalb aus ihnen nicht abgeleitet werden kann, ob es sich um eine zwingende Norm des Stiftungsrechts handeln soll. Für diese Vorschriften ist im konkreten Fall durch Auslegung zu ermitteln, ob sie als zwingend oder dispositiv zu werten sind. Beispiele für solche unergiebigen Vorschriften sind § 81a Satz 1 BGB n.F. oder auch § 87 Abs. 1 BGB n.F.
Geltung der Gestaltungsfreiheit
Grundsätzlich ist jede Abweichung von den §§ 80–88 BGB n.F. erlaubt, die nicht ausdrücklich verboten ist. Gestaltungsgrenzen ergeben sich dabei aus § 80 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2, §§ 82, 84b Satz 2, § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB n.F. Jedoch schränken auch diese Vorschriften die Gestaltungsfreiheit nicht wesentlich ein, da viele der Vorschriften einen ausdrücklich nachgiebigen Charakter aufweisen.
Stiftungen sollten jetzt zusammen mit ihren Beratern prüfen, inwiefern bei ihnen Änderungsbedarf – insbesondere im Hinblick auf die Satzung – besteht. Unsere Experten für Stiftungsrecht unterstützen Sie dabei gerne. Kontaktieren Sie uns mit Ihren Fragen!
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