Mitte Juli 2021 hat der Deutsche Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats das neue Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts beschlossen.
Die Neuerungen treten ab dem 01.07.2023 in Kraft. Ein Teil davon ist ein neuer Haftungstatbestand in § 84a BGB, welcher zudem auch die Business Judgement Rule im Stiftungsrecht kodifiziert.
Die bisher geltenden Haftungsregelungen werden durch § 84a BGB in einem Paragrafen zusammengefasst und stellen nun einen eigenen Sorgfaltsmaßstab für Organmitglieder der Stiftungen dar. Bei der Einhaltung dieses Sorgfaltsmaßstabs wird insbesondere die ursprünglich aus dem Aktiengesellschaftsrecht (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) stammende Business Judgement Rule relevant.
Business Judgement Rule in der Stiftung
Die Anwendung der Business Judgement Rule war bereits nach der zuvor geltenden Rechtslage bei Stiftungen weitestgehend anerkannt. Jetzt hat der Gesetzgeber endgültig Rechtssicherheit geschaffen, sodass sich Organmitglieder der Stiftung künftig auf die Maßstäbe für pflichtgemäßes Verhalten im Rahmen des § 84a BGB berufen können.
Relevant wird dies insbesondere beim Thema „Anlage des Stiftungsvermögens“, wonach Stiftungsorgane keine Pflichtverletzung begehen, wenn sie sie „unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln“ (§ 84a Abs. 2 Satz 2 BGB).
Die Anwendung ist hier nicht allein auf Stiftungsvorstände beschränkt, auch Stiftungsräte können sich auf § 84a BGB berufen.
Wo lauern Haftungsrisiken für Stiftungsorgane?
Neben der Anlage von Stiftungsvermögen drohen Haftungsrisiken für Stiftungsorgane insbesondere bei
- der Auswahl von Projekten,
- der internen Organisation der Stiftung,
- der Führung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sowie
- der Verwendung von Zustiftungen und Spenden.
Da die Darlegungs- und Beweislast den Stiftungsvorstand oder Stiftungsrat trifft, ist hierbei insbesondere die Dokumentation von Abläufen bei Entscheidungen in Form von Entscheidungsvorlagen oder Protokollen wichtig, um später im Haftungsfall darlegen zu können, aus welchen Erwägungen ein unternehmerischer Entschluss getroffen wurde.
Ob sich ein Geschäft für die Stiftung als negativ herausstellt, kann oft erst nach mehreren Jahren abschließend beurteilt werden. Eine nachträgliche Manifestierung der Entscheidungsgründe – gerade nach mehreren Jahren – ist jedoch oft fehlerbehaftet und für eine Enthaftung nicht ausreichend.
Durch konsequente bzw. regelmäßige Dokumentation von unternehmerischen Entscheidungen können auch nach mehreren Jahren die Gründe bzw. Erwägungen dafür detailliert dargelegt und nachvollzogen werden, womit eine Enthaftung gemäß § 84a Abs. 2 BGB möglich ist.
WINHELLER berät Stiftungen und Unternehmen zur Organhaftung
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