Dass beim Erwerb von Grundstücken Grunderwerbsteuer anfällt, ist allgemein bekannt. Was ist aber, wenn ein Grundstück nicht unmittelbar veräußert wird, sondern im Rahmen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen mittelbar auf einen anderen Rechtsträger übergeht? Wann wird an welcher Stelle und unter welchen Umständen die Grunderwerbsteuer relevant und kann dies umgangen werden?
Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 GrEStG bei Rechtsträgerwechsel
§ 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) betrifft zunächst alle Rechtsträgerwechsel von Grundstücken. Er ist also immer dann anwendbar, wenn ein Grundstück von einem Rechtsträger auf einen anderen übergeht, so zum Beispiel wenn eine GmbH ein Grundstück von einer anderen GmbH kauft. Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass zwischen den Rechtsträgern keine Identität besteht. Dies wäre unter anderem dann der Fall, wenn nur ein Formwechsel des Rechtsträgers stattfinden würde, sich also zum Beispiel eine UG in eine GmbH umwandelt.
Wer sind die Rechtsträger?
Die eben genannten Rechtsträger können
- natürliche Personen,
- Personengesellschaften,
- Kapitalgesellschaften,
- Genossenschaften,
- eingetragene Vereine,
- rechtsfähige Stiftungen
sein.
Relevant ist, dass ihnen Grundstücke im Bundesgebiet zuzurechnen sind. Dies bedeutet, dass auch bei einem ausländischen Rechtsträger ein steuerbarer Vorgang vorliegen kann, wenn dieser ein Grundstück in Deutschland hält.
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Grunderwerbsteuerpflicht i.S.d. § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG
Oft liegt ein Übergang vor, wenn das Grundstück rechtsgeschäftlich erworben („verkauft“) wird (sog. unmittelbarer Erwerb).
Die Konstellation des „mittelbaren“ Erwerbs bildet § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG ab. Dieser knüpft anders als § 1 Abs. 1 GrEStG nicht an die unmittelbare Übertragung des Eigentums am Grundstück auf einen neuen Rechtsträger an, sondern an die Befugnis, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Es kommt also weniger auf eine Rechtsänderung im Außenverhältnis an, sondern vielmehr auf die Möglichkeit der Einflussnahme im Innenverhältnis. Konkret bedeutet dies, dass der nach außen ersichtliche Eigentümer nicht mehr über die Verwertung des Eigentums entscheiden kann.
Besonders plastisch wird dies, wenn z.B. die Anteile an einer grundstückshaltenden GmbH an einen neuen Gesellschafter verkauft werden. Dieser erhält dann mittelbar auch das Grundstück und kann im Innenverhältnis über dessen Verwertung entscheiden.
Nach § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG tritt die Grunderwerbsteuerpflicht dann ein, wenn mindestens 90% der Gesellschaftsanteile einer grundstückshaltenden Gesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergehen.
Steuerbarkeit lässt sich nicht durch verschachtelte Geschäftsstrukturen umgehen
Dass die Steuerbarkeit der Übertragung von Grundstücken auch dann nicht verhindert werden kann, wenn die Geschäftsstrukturen besonders komplex ausgestaltet sind, zeigt ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster.
Hier hielt eine Gesellschaft Grundbesitz. An dieser Gesellschaft war eine zweite Gesellschaft, eine belgische Gesellschaft, beteiligt. Der alleinige Geschäftsführer dieser Gesellschaft gründete eine Holding B.V. Eine solche Holding ist eine Gesellschaft, die Anteile anderer juristischer Personen hält – in diesem Fall also der belgischen Gesellschaft. Die Anteile an dieser Holding wiederum wurden von einer niederländischen Stiftung verwaltet.
Zu klären war vom FG dann, ob dieser Vorgang einen Übergang des Grundstücks nach § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG darstellt. Trotz der komplexen Verstrickung zwischen den einzelnen Gesellschaften hat das FG die Vereinigung von über 95% der Anteile der grundstückshaltenden Gesellschaft in der Stiftung festgestellt und somit einen Übergang nach § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG bejaht. Damit lag ein steuerbarer Rechtsvorgang vor, sodass die Grunderwerbsteuer anfällt.
Grunderwerbsbesteuerung bedarf einer Einzelfallprüfung
Wird eine Gesellschaft übertragen, die Grundstücke hält, so ist umfangreich zu prüfen, ob im Rahmen des Übergangs die Grunderwerbsteuer anfällt. Eine besonders komplexe Verstrickung von Übertragungen mag den Anschein haben, dass sie die Grunderwerbsteuer ausschließen kann, dies ist aber nicht der Fall.
Wie der Übergang von Grundstücken am besten abläuft, ist eine äußerst komplexe Angelegenheit und sollte unbedingt fachmännisch begleitet werden. Sollten Sie Fragen zur Grunderwerbsteuer haben, lassen Sie sich gerne von uns beraten.
FG Münster, Urteil v. 10.03.2022, 8 K 1945/19 GrE
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