Wird der Vereinsvorstand durch die Mitgliederversammlung gewählt und kommt es dabei zu Unregelmäßigkeiten, können die Mitglieder die Wahl beim Registergericht anfechten. Allerdings stellen sich Folgefragen, wenn das Registergericht die Anfechtung ablehnt oder der Vorstand nicht von der Mitgliederversammlung, sondern vom Aufsichtsrat gewählt wurde. Die Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin beschäftigt sich mit diesen Fragen.
In dem Fall ging es um einen Berliner Traditionsverein, dessen Vereinsvorstand laut seiner Satzung vom Aufsichtsrat gewählt werden muss. Nach der Vorstandswahl wendeten sich drei Vereinsmitglieder an das Registergericht, um die Wahl anzufechten. Die Begründung: Der Aufsichtsrat sei zum Zeitpunkt der Wahl nicht ausreichend besetzt gewesen, sodass es keinen wirksamen Beschluss des Aufsichtsrats gegeben habe. Das Registergericht solle deshalb die Eintragung der neuen Vereinsvorstände in das Vereinsregister rückwirkend löschen.
Keine Löschung der Eintragung
Sowohl das Registergericht als auch das danach angerufene KG Berlin lehnten die Löschung der Eintragung ab. Beide verwiesen darauf, dass die Besetzung des Aufsichtsrats bei der Wahl ordnungsgemäß gewesen sei. Die Richter des Kammergerichts fügten hinzu, dass die Vereinsmitglieder darüber hinaus überhaupt nicht zur Beschwerde befugt gewesen seien. Denn der Vorstand wurde nicht durch die Vereinsmitglieder, sondern durch den Aufsichtsrat gewählt. Die für die Beschwerde notwendige Verletzung eines subjektiven Rechts der Vereinsmitglieder scheide daher von vornherein aus.
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Weitergehend machte das KG Berlin in einer anderen Entscheidung deutlich, dass auch bei einer Wahl des Vorstandes durch die Mitgliederversammlung nicht von einer Beschwerdebefugnis der Mitglieder auszugehen sei. Denn eine Beeinträchtigung der Rechte der Mitglieder bestehe auch in diesem Fall nur mittelbar. Von einer unmittelbaren Beeinträchtigung sei nur in Sonderfällen auszugehen, etwa wenn das Mitglied selbst als Vorstand ins Register eingetragen werden solle.
Beschwerderecht der Mitglieder?
Wir halten die Ansicht des KG Berlin nur teilweise für richtig. Im Hinblick auf den Fall, in dem der Vorstand durch den Aufsichtsrat gewählt wurde, stimmen wir dem Gericht zu – ein subjektives Recht der Vereinsmitglieder besteht in der Tat nicht.
Findet die Wahl jedoch durch die Vereinsmitglieder statt, müssen wir dem KG Berlin widersprechen und unterstützen die Auffassung, die auch das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 09.02.2016 (Az. I-3 Wx 5/16) vertreten hat. Denn wenn den Mitgliedern das unmittelbare Recht zusteht, an der Wahl des Vorstandes mitzuwirken, sind ihre Recht im Falle von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl betroffen. Sie haben daher auch ein Beschwerderecht.
KG Berlin, Beschluss v. 17.07.2020 – 22 W 8/20
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.02.2016 – I-3 Wx 5/16
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