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Auskunftsersuchen vom Finanzamt erhalten – Krpytowerte offenlegen

Auskunftsersuchen des Finanzamts

Finanzamt fordert Auskunft: Das müssen Krypto-Anleger wissen

Einkünfte aus Kryptowährungen sind längst im Fokus der deutschen Finanzbehörden angekommen, auch solche, die bisher fälschlicherweise noch nicht in die Steuererklärung eingeflossen sind. „Wird schon keiner merken! Wie wollen die das denn herausfinden?“ waren und sind typische Bemerkungen/Aussagen/Annahmen von Anlegern, die es mit der Besteuerung von Kryptowerten bisher etwas zu leicht genommen haben.

Auch Bitcoin.de-Nutzer betroffen

Unter anderem Nutzer der Plattform Bitcoin.de sehen sich seit Monaten mit Anschreiben infolge des dort durchgeführten sogenannten Sammelauskunftsersuchens konfrontiert, die zur Aufarbeitung möglicher Steuerhinterziehungen dienen. Doch was bedeutet das für Betroffene? Gibt es Möglichkeiten, ein Strafverfahren abzuwenden, und welche Maßnahmen sollten dazu ergriffen werden?

Sammelauskunft Bitcoin.de: Finanzamt erhält Daten

Im Zuge intensiver Steuerfahndungen haben deutsche Behörden ein Sammelauskunftsersuchen an die Plattform Bitcoin.de gestellt. Dabei wurden Daten von rund 4.000 Nutzern übermittelt, die in den Jahren 2015–2017 durch Kryptowährungstransaktionen mindestens 50.000 Euro Umsatz pro Jahr erzielt haben. Die Steuerfahndung nutzt diese Daten, um Gewinne abzugleichen und mögliche nicht erklärte Einkünfte aufzudecken. Sie lässt die gewonnenen Daten durch ein Analysetool laufen und stellt unter anderem fest, welche weiteren Kryptobörsen noch im Zusammenhang mit dem Wallet auf Bitcoin.de genutzt wurden.

Betroffene erhalten daraufhin individuelle Auskunftsersuchen vom Finanzamt. Schon deren Betreff deutet die unheilvolle Richtung an: Dieser lautet z.B. „Steuerermittlungsverfahren der Steuerfahndungsstellen gemäß § 208 Abs. 1 S 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO)“. Mit den Anschreiben werden detaillierte Informationen zu Kryptotransaktionen und deren Versteuerung meist ab den Jahren 2015-2017 innerhalb einer Frist verlangt. Wer Gewinne mit Kryptowährungen gemacht hat, sie bislang aber nicht erklärt hat, wird aufgefordert, diese rückwirkend unter Berücksichtigung von First-in-First-out-Regelungen und einer getrennten Darstellung pro Wallet („Depottrennung“) offenzulegen.

Die „goldene Brücke“: Selbstanzeige noch möglich

Die gute Nachricht: Die Behörde bereitet dem Steuerpflichtigen mit dem Auskunftsersuchen i.d.R. eine Art „goldene Brücke“. Steuerpflichtige können ihre steuerlichen Verhältnisse trotz erster Ermittlungen der Behörde also noch korrigieren und durch eine rechtzeitige und vollständige Nacherklärung verhindern, sich strafbar gemacht zu haben. Dies ist übrigens nicht ganz selbstverständlich, denn da das Schreiben i.d.R. bereits von der Steuerfahndungsstelle kommt, könnte es durchaus der Fall sein, dass bereits ein Verfahren eingeleitet wurde, was dann eine strafbefreiende Selbstanzeige unmöglich machen würde. Üblicherweise enthalten die Schreiben daher ausdrücklich den Hinweis, dass ein Ermittlungsverfahren noch nicht eröffnet wurde. Insoweit kann der Steuerpflichtige also beruhigt durchatmen. Gleichwohl ist ein unverzügliches Handeln angezeigt, denn die gesetzten Fristen sind meist äußerst knapp bemessen – zumindest für diejenigen, die bisher ihre Kryptotransaktionen kaum oder gar nicht dokumentiert haben.  

Selbstanzeige nach Auskunftsersuchen durch Finanzamt

Es gibt viele unterschiedliche Begriffe, die als Synonyme für eine Selbstanzeige verwendet werden, z.B.

  • Berichtigungsanzeige,
  • steuerliche Offenlegung,
  • Selbstkorrektur,
  • nachträgliche Erklärung,
  • Nacherklärung.

Sie alle meinen im Wesentlichen dasselbe: Wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung im Raum stehen, führt die nachträgliche Korrektur der Fehler dazu, dass der Steuerpflichtige sich keiner Straftat schuldig macht bzw. wegen der Straftat keine Strafverfolgung zu befürchten hat. Eine Selbstanzeige bewirkt also nachträglich die Strafbefreiung für eine bereits begangene strafbare Handlung. Mit einer Selbstanzeige kehrt der Steuerpflichtige gewissermaßen in die Steuerehrlichkeit zurück.

Wann ist eine Selbstanzeige strafbefreiend wirksam?

Die Hauptpunkte für eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige sind:

  • Rechtzeitigkeit: Sie muss vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgen. Wenn die Behörde dem Steuerpflichtigen schon „auf die Schliche“ gekommen ist, ist eine Selbstanzeige also nicht mehr möglich bzw. führt nicht mehr zur Straffreiheit. In Einzelfällen kann sie dennoch noch sinnvoll sein, weil sie immerhin den Schuldvorwurf reduziert und damit eine geringere Bestrafung nach sich ziehen kann.
  • Vollständigkeit: Alle unversteuerten Einkünfte aus den betroffenen, regelmäßig der letzten zehn Jahre müssen erklärt werden. Der Aufwand für eine solche Selbstanzeige kann also durchaus sehr hoch sein. Auch kleinere Beträge sollten miteinbezogen werden, um keine Lücken zu hinterlassen. Andererseits ist es auch nicht nötig, päpstlicher als der Papst zu sein: Wenn Unklarheiten verbleiben, sollte der Steuerpflichtige großzügig, also zu seinen Lasten, schätzen und die Schätzgrundlagen mitteilen.
  • Schließlich muss die Steuer dann auch tatsächlich gezahlt werden können und gezahlt werden.

Zinsen und Strafzahlungen: Ein Beispiel aus der Kryptowelt

Betrachten wir die Nachversteuerung von Kryptoeinkünften für die Jahre 2016 und 2017. Angenommen, ein Steuerpflichtiger hat für diese Jahre Einkünfte aus Kryptowährungen in Höhe von 1.150.000 Euro (2016) und 75.000 Euro (2017) nicht gemeldet. Sein bisher erklärter Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt jeweils 100.000 Euro.

Berechnungen (stark vereinfacht ohne Solidaritätszuschlag):

Krypto-Einkünfte 2016

  • Ursprüngliche Steuer für bisherige Einkünfte (100.000 Euro): 33.605,00 Euro
  • Einkommensteuer auf 1.250.000 Euro: 519.532,43 Euro
  • Zusätzliche Steuer für die nacherklärten 1.150.000 Euro: 519.532,43 Euro – 33.605 Euro = 485.927,43 Euro
  • Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO, Zinssatz: 6% p.a. (ab 01.01.2019 1,8% p.a.), Monate: 60, Zinsen: 145.778,23 Euro
  • Strafzahlung 15% (§ 398a AO): 72.889,11 Euro (da hinterzogene Steuer> 100.000  und <1.000.000 Euro)
  • Gesamtsumme der Nachzahlung: 485.927,43 Euro + 145.778,23 Euro + 72.889,11 Euro = 704.594,77 Euro

Krypto-Einkünfte 2017

  • Ursprüngliche Steuer für bisherige Einkünfte (100.000 Euro): 33.524,00 Euro
  • Einkommensteuer auf 175.000 Euro: 65.024 Euro
  • Zusätzliche Steuer für die nacherklärten 75.000 Euro: 65.024 Euro – 33.524 Euro = 31.500 Euro
  • Nachzahlungszinsen: Zinssatz: 6%, Monate: 48, Zinsen: 7.560 Euro
  • Strafzahlung 10% (§ 398a AO): 3.150 Euro (da die hinterzogene Steuer > 25.000 und <100.000 Euro)
  • Gesamtsumme der Nachzahlung: 31.500 Euro + 7.560 Euro + 3.150 Euro = 42.210 Euro

Gesamtverbindlichkeit: 704.594,77 Euro (2016) + 42.210 Euro (2017) = 746.804,77 Euro

Dieses Beispiel zeigt, dass Zinsen und Strafzahlungen die Nachzahlung erheblich erhöhen können. Je länger die Einkünfte unversteuert bleiben, desto teurer wird es. Das o.g. Beispiel berücksichtigt auch nicht die Jahre 2018 ff. Wenn der Anleger, wie üblich, auch in diesen nachfolgenden Jahren noch Einkünfte nachzuerklären hat, erhöht sich der nachzuzahlende Betrag entsprechend.

Aus Vereinfachungsgründen wurde in dem Beispiel auf die Hinterziehungszinsen (6% p.a.) verzichtet, da die Nachzahlungszinsen auf diese anrechenbar sind und die Nachzahlungszinsen erst ab dem 01.01.2019 nur noch mit 1,8% p.a. erfasst werden.

Was tun bei Post vom Finanzamt?

Wenn Sie ein Auskunftsersuchen vom Finanzamt erhalten haben, sollten Sie zügig Ihre Kryptohistorie aufbereiten und alles dafür tun, Ihre bisher nicht korrekt erklärten Kryptoeinkünfte zu ermitteln.

Hierzu gehört z.B.

  • Daten aufbereiten: Beschaffen Sie alle Unterlagen zu Ihren Kryptotransaktionen (Einzahlungen, Auszahlungen, Wallet-Aktivitäten). Eine lückenlose Dokumentation ist essenziell. Wir empfehlen die Benutzung von Cointracking.info, andere bekannte Programme sind z.B. Blockpit und Koinly.
  • Rechtliche und steuerliche Hilfe: Ziehen Sie einen erfahrenen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht hinzu, der Sie bei der Aufarbeitung und Selbstanzeige und ggf. der Aufbereitung der Kryptohistorie unterstützt. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben können verheerende Folgen haben. Gerade das Verfahrensrecht ist bei Selbstanzeigen nicht zu unterschätzen.
  • Agieren im Geist der Dringlichkeit: Reagieren Sie unverzüglich (idealerweise durch Ihren Berater) auf Auskunftsersuchen. Eine proaktive Selbstanzeige kann Strafen abwenden oder mindern, während Passivität ein Strafverfahren wahrscheinlich macht. Gegebenenfalls erfordert die Datenaufbereitung mehr Zeit, dann kann es wichtig sein, eine (oder mehrere) Fristverlängerung(en) zu beantragen.

Blick in die Zukunft: Mit den kommenden Regulierungen wie der DAC-8-Richtlinie und dem CARF (Crypto-Asset Reporting Framework) wird die Überwachung des Kryptomarkts weiter intensiviert. Kryptobörsen werden künftig verpflichtet, umfassende Nutzerinformationen an Steuerbehörden zu melden. Dadurch verringert sich die Anonymität der Blockchain weiter und die Analysemöglichkeiten der Behörden nehmen erheblich zu. Jetzt ist daher die Zeit, Transparenz zu schaffen und etwaige nicht versteuerte Kryptoerträge nachzuerklären.

WINHELLER berät beim Erhalt von Auskunftsersuchen

Die aktuellen Ermittlungen bei Bitcoin.de und anderen Börsen sind nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Regulierungen im Bereich Kryptowährungen. Zukünftig müssen Kryptobörsen automatisiert durch die DAC-8 viele Daten an die Finanzämter schicken. Wer also jetzt frühzeitig handelt, kann Strafen vermeiden und unnötige finanzielle Belastungen abwenden.

Natürlich entstehen im Rahmen einer Nacherklärung viele Fragen, z.B. ob bisher nicht erklärte Verluste in einzelnen Jahren noch mit den nicht erklärten Gewinnen aus anderen Jahren verrechnet werden können. Und welche Rechtsmeinung ist eigentlich die Richtige bei Tokenstaking, Liquidity-Mining, NFTs und anderen Kryptoaktivitäten? Und was tun, wenn Sie sowohl privat als auch gewerblich mit Krypto gehandelt haben?

Haben Sie ein Auskunftsersuchen erhalten? WINHELLER hilft Ihnen gerne bei der Aufbereitung Ihrer Daten, dem notwendigen Schriftverkehr, der Abwägung, welcher Rechtsmeinung in Bezug auf bestimmte Kryptoaktivitäten Sie im Einzelfall folgen sollten, und natürlich beim Aufsetzen der Nacherklärung/Selbstanzeige selbst. Kommen Sie gern mit Ihren Fragen auf uns zu!

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Jürgen Schwendemann

Steuerberater Jürgen Schwendemann ist an unserem Frankfurter Standort vor allem in den Bereichen internationales Steuerrecht, Blockchain und Kryptowährungen tätig.

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