Sie haben eine Geschäftsidee, deren Umsetzung eine Lizenz der Finanzdienstleistungsaufsicht erfordert, und stellen sich die Frage, ob sie anstelle der Durchführung eines langwierigen Lizenzverfahrens nicht besser ein bereits lizenziertes Unternehmen kaufen sollen?
Motive für den Unternehmenskauf
Um Fehlentscheidungen zu vermeiden, ist es unerlässlich, die wesentlichen Argumente für und wider den Unternehmenskauf oder die Durchführung eines Lizenzverfahrens bei der Entscheidungsfindung gegeneinander abzuwägen. Bei einem Erlaubnisvorbehalt der beabsichtigten Tätigkeit sind häufig die entscheidenden Motive für ein Kaufinteresse
- Schnelligkeit: Als Grund für einen Unternehmenskauf wird häufig, insbesondere in den Fällen, in denen bereits ein Zielunternehmen identifiziert ist, angeführt, dass mit der Geschäftstätigkeit viel früher begonnen werden kann.
- Geringerer Aufwand: Unabdingbare Voraussetzung für die Lizenzerteilung ist das Vorhandensein einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation, deren Vorliegen in einem Lizenzverfahren durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden muss. Ein Motiv für den Kauf eines bereits lizenzierten Unternehmens ist daher häufig, dass der Implementierungsaufwand insoweit entfällt.
- Vorhandensein des Managements und/oder der Mitarbeiter mit besonderen Funktionen: Entsprechendes gilt für das Vorhandensein des Managements und/oder der Mitarbeiter mit besonderen Funktionen. Anders als bei einem Lizenzverfahren entfällt die aufwendige Personalgewinnung. Die Eignung der Geschäftsleiter ist von der Finanzaufsicht anerkannt. Die Mitarbeiter sind bereits vorhanden und der Finanzaufsicht angezeigt.
- Vorhandensein der internen Prozesslandschaft und der IT: Auch das Vorhandensein dieser Punkte wird häufig als Motiv für einen Kauf genannt. Warum etwas neu erfinden, wenn auf Bewährtes zurückgegriffen werden kann?
Abwägung: BaFin-Lizenz vs. Unternehmenskauf
Der Käufer sollte die für ihn wesentlichen Motive klar identifizieren und kritisch hinterfragen, ob „Schnelligkeit“ tatsächlich ein geeignetes Abwägungskriterium ist. Ein Unternehmensverkauf ist keine einfache Angelegenheit. Die Anzahl möglicher Fehlerquellen ist hoch. Es dauert, bis ein geeignetes Zielunternehmen identifiziert ist und letztlich sind auch der Due-Diligence-Prozess, die Vertragsverhandlungen und das aufsichtsrechtliche Inhaberkontrollverfahren aufwendig und daher zeit- und kostenintensiv.
Für Ihre Abwägung ist insbesondere die Beantwortung der nachfolgenden Fragen sinnvoll:
- Ist Ihr Geschäftsvorhaben unter der Lizenz umzusetzen oder benötigen Sie eine Erlaubnisänderung oder -erweiterung?
Ist eine Erlaubnisänderung und/oder -erweiterung notwendig, dann bedeutet dies im Ergebnis, dass Sie auch bei einem Unternehmenskauf ein Lizenzverfahren durchzuführen haben. Ist dies der Fall, dann ist der Unternehmenskauf in der Praxis häufig keine geeignete Alternative im Vergleich zur Neugründung und Durchführung eines Lizenzverfahrens, es sei denn, er wird aus anderen Gründen durchgeführt.
- Verfügt das Zielunternehmen über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation oder gibt es Beanstandungen der Finanzaufsicht?
Vor der Entscheidung über einen Unternehmenskauf ist in Erfahrung zu bringen, ob das Zielunternehmen über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügt oder ob es insoweit Beanstandungen der Finanzaufsicht gibt. In diesem Fall ist die Entscheidungsfindung sorgfältig abzuwägen. Zwar ist die Beseitigung von Beanstandungen ein erster Schritt für einen Neubeginn. Indes ist dies in der Praxis häufig ein langer und kostenintensiver Weg und es dauert, bis das Vertrauen der Finanzaufsicht wiederhergestellt ist. Zudem besteht häufig auch das Risiko, dass das Unternehmen wegen des Mangels auf Haftung in Anspruch genommen wird.
- Beabsichtigen Sie, das Management und/oder die Mitarbeiter mit besonderen Funktionen zu übernehmen oder auszutauschen?
Zudem sollten sie sorgfältig prüfen, ob sich die Unternehmenskultur und das Werteverständnis des Managements und der Mitarbeiter mit Ihren Werten deckt und ggfs. bei Ihrer Abwägung den Aufwand berücksichtigen, der notwendig ist, wenn Mitglieder der Geschäftsführung und/oder Führungskräfte und/oder Mitarbeiter auszutauschen sind. Entsprechendes gilt für die Frage, ob im Unternehmen das Know-how für die beabsichtigte Tätigkeit vorhanden ist.
- Ist die IT auf dem neuesten Stand und vor allem entspricht sie den Anforderungen des Aufsehers?Zudem ist die Beantwortung dieser Frage von erheblicher Bedeutung, da eine Erstimplementierung häufig billiger und einfacher durchzuführen ist als das Aufrüsten vorhandener Systeme.
Was WINHELLER für Sie tun kann
Unser spezialisiertes Team aus Anwälten und Beratern berät Sie bei ihrer Entscheidungsfindung und hilft ihnen, Ihre Entscheidung – sei es Erlaubnisverfahren oder Unternehmenskauf – erfolgreich umzusetzen. Kommen Sie gern mit Ihren Fragen auf uns zu!
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