Was ist eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und was ist zu tun, wenn die Finanzaufsicht BaFin nach einer Sonderprüfung die Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation anordnet und die Anordnung auf ihrer Homepage androht oder gar bekannt macht?
Begriff und Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation
Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation soll gewährleisten, dass Institute/Kreditinstitute die gesetzlichen Bestimmungen einhalten und tun, was betriebswirtschaftlich notwendig ist. Wie dies zu geschehen hat, regelt § 25a Abs. 1 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG) für Kreditinstitute, in dem es die Mindestbestandteile einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation vorgibt. Dies sind insbesondere
- ein angemessenes und wirksames Risikomanagement, auf dessen Basis ein Institut die Risikotragfähigkeit laufend sicherzustellen hat,
- angemessene Regelungen, anhand derer sich die finanzielle Lage des Instituts jederzeit mit hinreichender Genauigkeit bestimmen lässt,
- eine vollständige Dokumentation der Geschäftstätigkeit, die eine lückenlose Überwachung durch die Bundesanstalt für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleistet; wobei die erforderlichen Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre aufzubewahren sind und
- ein Prozess, der es den Mitarbeitern unter Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Identität ermöglicht, Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben sowie etwaige strafbare Handlungen innerhalb des Unternehmens an geeignete Stellen zu berichten.
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
Auch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement werden in den Nr. 1 bis 6 des § 25a Abs. 1 Satz 3 KWG im Einzelnen vorgegeben. Sie umfassen
- die Festlegung von Strategien, die Einrichtung von Prozessen zur Planung, Umsetzung, Beurteilung und Anpassung der Strategien,
- Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit,
- die Einrichtung interner Kontrollverfahren mit einem internen Kontrollsystem (IKS) und einer internen Revision, wobei das IKS wiederum insbesondere aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen mit klarer Abgrenzung der Verantwortungsbereiche, Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation der Risiken entsprechend den in Titel VII Kapitel 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt II der Richtlinie 2013/36/EU niedergelegten Kriterien und eine Risikocontrollingfunktion und eine Compliancefunktion aufzuweisen hat,
- eine angemessene personelle und technisch organisatorische Ausstattung des Instituts,
- die Festlegung eines angemessenen Notfallmanagements, insbesondere für IT-Systeme, und
- angemessene, transparente und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtete Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter.
Gesamtverantwortung der Geschäftsleiter
Die Geschäftsleiter sind für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation des Instituts verantwortlich. Sie haben die erforderlichen Maßnahmen für die Ausarbeitung der entsprechenden institutsinternen Vorgaben zu ergreifen, sofern nicht (ausnahmsweise) das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan entscheidet. Geschäftsleiter haften damit als Gesamtschuldner bei Nichteinhaltung der Anforderungen.
Nichtvorhandensein einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation
Kommt die BaFin zu dem Schluss, dass die Geschäftsorganisation eines Instituts Mängel aufweist, kann sie tätig werden. Grundlage hierfür ist § 25a Abs. 2 Satz 2 KWG. Die BaFin kann zum Beispiel anordnen, dass das betroffene Institut die Mängel beseitigt. Sie kann auch verlangen, dass es zusätzlich zu den gesetzlichen Anforderungen weitere Eigenmittel vorhält.
Veröffentlichung der Anordnung
Die Veröffentlichung der Anordnung erfolgt nach den Regeln des § 60b Abs. 1 KWG. Danach soll die BaFin jede gegen ein ihrer Aufsicht unterstehendes Institut oder Unternehmen oder gegen einen Geschäftsleiter eines Instituts oder Unternehmens verhängte und bestandskräftig gewordene Maßnahme unverzüglich auf ihren Internetseiten öffentlich bekannt machen und dabei auch Informationen zu Art und Charakter des Verstoßes mitteilen.
Die Bekanntmachung hat auf anonymer Basis zu erfolgen, wenn andernfalls das Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen verletzt oder eine Bekanntmachung personenbezogener Daten aus sonstigen Gründen unverhältnismäßig wäre oder die Stabilität der Finanzmärkte Deutschlands oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Fortgang einer strafrechtlichen Ermittlung erheblich gefährdet wären oder den beteiligten Instituten, Unternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder natürlichen Personen ein unverhältnismäßig großen Schaden zugefügt werden würde.
Auswirkungen auf die Lizenz: Versagungs- und Aufhebungsgrund
Werden die von der BaFin gerügten Mängel entgegen ihrer Anordnung nicht beseitigt oder die angeforderten weiteren Eigenmittel nicht vorgehalten, dann kann die BaFin
- im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens – das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation ist Voraussetzung für die Lizenzerteilung – dem Antragsteller nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KWG die Lizenz versagen und
- eine bereits erteilte Erlaubnis nach § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG aufheben.
Handlungsoptionen der Geschäftsleiter
Eine Anordnung kommt selten unangekündigt. Die Finanzaufsicht teilt ihre Beanstandung den Geschäftsleitern meist im Vorfeld einer Anordnung mit, begründet ihre Auffassung und droht, den Erlass einer Anordnung und ggf. ihre Veröffentlichung auf ihrer Homepage an. Angesichts der Bedeutung des Vorhandenseins einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und der Folgen ihres Fehlens sollte daher bereits in dieser Phase die Finanzaufsicht davon überzeugt werden, dass die Geschäftsorganisation ordnungsgemäß ist oder dass aus anderen Gründen, die tatsächlicher oder rechtlicher Art sein können, der Erlass einer Anordnung nicht gerechtfertigt ist.
Ist die Anordnung bereits zugestellt und kann oder soll sie nicht befolgt werden, können ihre negativen Rechtsfolgen nur dadurch abgewehrt werden, indem durch Einschaltung von spezialisierten Rechtsanwälten die Finanzaufsicht veranlasst wird, die Anordnung zurückzunehmen oder aufzuheben. Gelingt dies nicht, ist der Rechtsweg zu beschreiten.
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