Wenn der Verdacht aufkommt, dass der Stiftungsvorstand eine strafbare Untreue begangen hat, besteht die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung. Das hat der Fall vor dem Landgericht (LG) Saarbrücken erneut gezeigt: Vier Mal hatte die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz ihrem Vorstand wegen des Verdachts auf Untreue gekündigt. Der Vorstand versuchte sich zwar dagegen zu wehren, aber ohne Erfolg. Das LG Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 23. Juli 2015 klargestellt: Wenn schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen und diese das Vertrauen zerstören, das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderlich wäre, reicht der bloße Verdacht einer Pflichtverletzung aus, um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Vorstand erhält monatliche Zulage
Der Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz hatte neben seiner Aufgabe, das Saarland-Museum zu leiten, auch die Projektleitung für einen Erweiterungsbau des Museums inne. Dafür erhielt er eine monatliche Zulage. Der Vorstand betraute ein bestimmtes Unternehmen mit dem Vorhaben, was die Staatsanwaltschaft wiederum dazu veranlasste, wegen Vorteilsnahme gegen den Vorstand zu ermitteln. Außerdem stand der Verdacht der Untreue im Raum, weil der Vorstand regelmäßig das Kuratorium auf Kosten der Stiftung zum Essen eingeladen haben soll.
Das Anstellungsverhältnis wurde daraufhin gekündigt – mit Formulierungen wie „wegen der Ihnen bekannten Vorwürfe…“ oder „wegen des Verdachts der Vorteilsnahme“. Zwar ging der Vorstand gegen diese Kündigungen gerichtlich vor. Erfolg hatte er damit aber nicht – zu schwerwiegend waren die Vorwürfe. Bei der Frage, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, kommt es letztlich nämlich immer darauf an, ob es beiden Seiten zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis doch noch fortzusetzen (jedenfalls bis zum Auflauf der ordentlichen Kündigungsfrist) oder ob das Vertrauen so zerrüttet ist, dass es auf jeden Fall sofort für beendet erklärt werden muss. Der einschlägige Gesetzeswortlaut findet sich in § 626 Abs. 1 BGB wieder. Danach kann ein Dienstverhältnis „aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (…) nicht zugemutet werden kann.“ Die außerordentliche Kündigung kann aber nur innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Kündigungsberechtigte von den maßgeblichen Tatsachen wusste.
Verdacht auf Pflichtverletzung kann Kündigungsgrund sein
Eine schwere und schuldhafte Pflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Steht die Pflichtverletzung aber noch gar nicht fest, sondern steht nur der Verdacht im Raum, dass eine solche Pflichtverletzung begangen worden sein könnte, kann aber selbst dieser Verdacht ein valider Kündigungsgrund sein. In diesem Fall muss der Arbeitgeber aber darlegen können, dass er alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hat. Insbesondere muss er dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Es geht dabei darum, den Verdacht zu erhärten, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung begangen hat bzw. – umgekehrt – zu ermitteln, dass er es nicht gewesen ist.
Erklärungsfrist beginnt mir Ende der Ermittlungen
Während dieser Aufklärungsphase fängt die zweiwöchige Erklärungsfrist noch nicht zu laufen an. Erst wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und der Kündigende nunmehr im Bilde ist, beginnt die Erklärungsfrist. Die Ermittlungen dürfen freilich nicht hinausgezögert werden. Bei strafbarem Verhalten des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber aber den Ausgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und in dessen Verlauf kündigen, so das Gericht, wobei aber auch hier der Kündigungszeitpunkt nicht willkürlich gewählt werden darf. Ein möglicher Kündigungszeitpunkt ist z.B. der Zeitpunkt der Anklageerhebung nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, denn nach der Strafprozessordnung setzt die Erhebung einer Anklage einen „hinreichenden Tatverdacht“ voraus; wird dieser bejaht, besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung.
LG Saarbrücken, Urteil vom 23.07.2015 – Az. 4 O 346/11
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