Neu gegründete NPOs und NPOs, die kürzlich eine Satzungsänderung durchgeführt haben, können beim Finanzamt die Erteilung eines sog. Feststellungbescheids beantragen. Darin bescheinigt das Finanzamt, dass die Satzung der NPO den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht und sie damit befugt ist, Spendenbescheinigungen auszustellen. Was NPOs tun können, wenn das Finanzamt die Erteilung des Bescheids ablehnt, hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 02.12.2020 ausgeführt.
Finanzamt verweigert Erteilung eines Feststellungsbescheids
In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um einen Verein, dessen Antrag auf Erteilung eines Feststellungsbescheids vom Finanzamt abgelehnt worden war. Zur Begründung hatte das Finanzamt ausgeführt, es gebe Hinweise, die darauf hindeuteten, dass die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins nicht den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entspräche. Die Satzung selbst enthielt jedoch keine Fehler und entsprach den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen.
Nur satzungsmäßige Anforderungen entscheidend
Nachdem das Finanzamt den Einspruch des Vereins gegen die Entscheidung abgelehnt hatte und auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung erfolglos geblieben war, reichte der Verein Klage vor dem Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt ein. Zusätzlich beantragte der Verein im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gerichtlich die Aussetzung der Vollziehung des Ablehnungsbescheids und hilfsweise den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Erteilung eines Feststellungsbescheids. Das Gericht entschied im Rahmen des Eilrechtsschutzes zugunsten des Vereins und begründete seine Entscheidung damit, dass das Finanzamt für die Erteilung des Feststellungsbescheides nur die satzungsmäßigen Anforderungen überprüfen dürfe. Die Befürchtung, die tatsächliche Geschäftsführung könne einer Anerkennung der Gemeinnützigkeit entgegenstehen, sei dagegen an dieser Stelle nicht von Bedeutung.
Verein hat einen falschen Antrag gestellt
Das Finanzamt teilte die Ansicht des Finanzgerichts jedoch nicht und legte Beschwerde vor dem BFH mit der Begründung ein, der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei von vornherein nicht zulässig gewesen. Die NPO hätte stattdessen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen müssen. Der BFH gab dem Finanzamt Recht. Denn durch den Antrag auf Erteilung eines Feststellungsbescheids gemäß § 60a AO begehre die NPO eine steuerliche Begünstigung, die ihr bislang nicht zugestanden habe. Nur durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte das Finanzamt zum Erlass eines solchen begünstigenden Bescheids gezwungen werden können. Dagegen laufe der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ins Leere, da kein belastender Bescheid vorgelegen habe, gegen dessen Vollzug sich der Verein hätte wehren können.
WINHELLER unterstützt NPOs beim Thema Anerkennung der Gemeinnützigkeit
Aus verfahrensrechtlicher Sicht hat der Verein einen groben formellen Fehler begangen, indem er einen falschen Antrag gestellt hat. Dieser Fall zeigt daher, wie wichtig die Begleitung von Einspruchs- und Gerichtsverfahren durch erfahrene Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht ist.
Aus rein gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht war der Fall hingegen eindeutig: Die tatsächliche Geschäftsführung einer NPO durfte nach bisheriger Rechtslage nicht Teil der Satzungsprüfung nach § 60a AO sein. Das Finanzamt hätte dem Verein daher einen Feststellungsbescheid gemäß § 60a AO erteilen müssen. Anders ist es allerdings seit Jahresbeginn 2021: Seitdem dürfen die Finanzämter tatsächlich die Erteilung eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verweigern, wenn die tatsächliche Geschäftsführung einer NPO nicht gemeinnützigkeitsrechtskonform ist – auch wenn die Satzung selbst keine Mängel enthält.
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BFH, Beschluss v. 02.12.2020 – V B 25/20
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