Die zweite Hälfte des vergangenen Jahres beherrschte der Skandal um den Frankfurter und den Wiesbadener Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt die Schlagzeilen der hessischen Zeitungen. Nachdem eine Reihe von Vorwürfen gegen die beiden Verbände aufgekommen waren, ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft in Frankfurt und Wiesbaden. Die Vorgänge könnten jedoch nicht nur einen Imageschaden und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch der Ruf nach gemeinnützigkeitsrechtlichen Sanktionen wird lauter.
Fragwürdige Abrechnungen und Ausgaben bei Frankfurter Flüchtlingsheim
Auslöser der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen waren fragwürdige Abrechnungen und Ausgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb zweier Flüchtlingsheime durch die AWO Frankfurt. So soll die Stadt an die AWO Frankfurt im Zuge der Flüchtlingskrise hohe Zahlungen in Form von Tagespauschalen pro Flüchtling geleistet haben, damit sich die Heimbewohner selbst in einer Küche der AWO verpflegen können. Die AWO Frankfurt soll aber stattdessen einen externen Caterer beauftragt haben, der das Essen billiger geliefert haben soll. Auch die Absicherung der Flüchtlingsheime wirft Fragen auf: Nachdem zunächst ein fremdes Sicherheitsunternehmen beauftragt worden war, gründete die AWO Frankfurt schließlich ein eigenes Sicherheitsunternehmen, die AWO Protect gGmbH. Diese brauchte als gGmbH ihre Umsätze nicht zu versteuern.
Neben der Frage, ob die Leistungen gegenüber der Stadt ordnungsgemäß abgerechnet wurden, stellt sich auch die Frage, warum ein Sicherheitsunternehmen eigentlich gemeinnützig sein soll. Die Sicherheitswirtschaft mahnt an, dass durch die Gewährung der Steuerbegünstigung vom Finanzamt ein Nachteil zu Lasten von steuerzahlenden Wettbewerbern geschaffen worden sei. Aufgrund von undurchsichtigen Zahlungsströmen und personellen Verflechtungen geriet in der Folge auch der AWO Kreisverband Wiesbaden ins Visier und muss sich unangenehmen Fragen stellen.
Zahlung überzogener Gehälter
Insbesondere wird den AWO-Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden vorgeworfen, ihren Funktionären überhöhte Gehälter gezahlt und teure Dienstwagen zur Verfügung gestellt zu haben. Funktionäre der beiden Kreisverbände hätten Gehälter von bis zu 344.000 Euro erhalten. Auch seien Dienstwagen im Wert von 80.000 Euro zu Verfügung gestellt sowie teure Dienstreisen mit Übernachtung in Luxushotels bezahlt worden.
Gemeinnützige Organisationen müssen angemessene Gehälter zahlen
Überhöhte Gehaltszahlungen können für gemeinnützige Organisationen den Status der Gemeinnützigkeit gefährden, denn das Gesetz schreibt vor, dass sie keine unverhältnismäßig hohen Vergütungen zahlen dürfen. Ist eine Vergütung als unverhältnismäßig hoch zu bewerten, liegt eine Fehlverwendung von steuerbegünstigten Mitteln vor, die zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen kann. Wann eine Vergütung als unverhältnismäßig gelten muss, kann nicht pauschal gesagt werden, sondern ist anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
Zum einen will gutes Personal auch gut bezahlt werden, zum anderen muss ein gemeinnütziger Verein darauf achten, dass seine steuerbegünstigten Mittel zweckgerichtet ausgegeben werden. Da die Finanzämter stets über aktuelle Vergleichszahlen verfügen, tun steuerbegünstigte Organisationen gut daran, sich bei der Festlegung ihrer Gehälter im Vorhinein abzusichern. Im Falle der AWO-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden wurde dies offensichtlich nicht getan, so dass die Gehälter nun im Nachhinein gerechtfertigt werden müssen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten.
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Fälle wie dieser zeigen: Gerade große gemeinnützige Organisationen sollten ihre Tax-Compliance professionalisieren, damit die Einhaltung der Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts sichergestellt ist. Neben finanziellen Schäden durch eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit und der damit verbundenen Nachversteuerung lassen sich so oftmals auch massive Imageschäden verhindern.
Presseberichte der FNP vom 16.06.19 und 23.12.19
Presseberichte der hessenschau vom 14.11.19 und 08.01.20
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Gemeinnützige Organisationen: Die Vergütung muss angemessen sein
Sehr geehrter Herr Fein,
Ihr Familienname nimmt ein Wort des Lobes für Ihren geteilten Beitrag vorweg. Möchte mich im Rahmen meines BA – Studiums vertieft mit dem Steuer- und Gemeinnützigkeitsrecht beschäftigen. Dort lauert einige Fallstricke und blinde Flecken, denen man als Verwalter einer NPO gewachsen und sich bewusst sein muss. Um seine Hände und die Organisation nicht derart zu verbrennen.
Werde vorerst Ihre Seite durchforsten, wünsche Ihnen beste Gesundheit und eine gesegnete Adventszeit.
Mit freundlichen Grüßen
Lukas Riethmüller
(Sozialmanagement Student der Hochschule Nordhausen)
Sehr geehrter Herr Riethmüller,
vielen Dank für das Lob und viel Erfolg für Ihr Studium!
Mit freundlichen Grüßen
Isabelle Wolf