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Jahresrückblick 2024: Drei wichtige Urteile für gemeinnützige Körperschaften

Jahresrückblick 2024: Drei wichtige Urteile für gemeinnützige Körperschaften

Gemeinnützige Organisationen stehen stets vor der Herausforderung, ihre Tätigkeiten im Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht auszuüben. Das Jahr 2024 brachte einige bedeutende Gerichtsentscheidungen, die weitreichende Auswirkungen auf den gemeinnützigen Sektor haben. In diesem Beitrag beleuchten wir die drei wichtigsten Urteile und ihre Konsequenzen für die Praxis.

Anforderungen an die Einladung zu hybriden Mitgliederversammlungen

In seinem Urteil vom 27.06.2024 (3 C 78/24) setzte sich das AG Spandau mit den praktisch bedeutsamen Anforderungen an die Einladung zu einer hybrid durchgeführten Mitgliederversammlung auseinander. Diesem Urteil kommt insoweit eine besondere Aussagekraft zu, als es erstmals handhabbare Leitlinien etabliert, an denen sich Vereine in vergleichbaren Situationen orientieren sollten. Das Amtsgericht traf dabei folgende Kernaussagen:

  • Das Einladungsschreiben hat die digitalen Tools, unter deren Verwendung die Mitgliederversammlung abgehalten werden soll, eindeutig zu bezeichnen. Vor dem Hintergrund des Rede- und Antragsrechts der Vereinsmitglieder ist es dabei nicht ausreichend, lediglich das Abstimmungstool zu benennen, sondern auch die Festlegung der Kommunikationsplattform (bspw. Teams oder Zoom) ist bereits im Einladungsschreiben erforderlich.
  • Eine verbindliche Anmeldefrist, die eine Teilnahme an der Mitgliederversammlung bei späterer Meldung ausschließt, ist grundsätzlich unzulässig. Auch wenn der Verein zur effizienten Planung ein Interesse an der Kenntnis der konkreten Teilnehmerzahl hat, ist eine solche Ausschlussfrist nur auf Grundlage einer entsprechenden Satzungsregelung möglich.

Werden diese Vorgaben nicht beachtet, ist die Einladung zur Mitgliederversammlung fehlerhaft, sodass sämtliche dort gefassten Beschlüsse nichtig sind.

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Kooperation gemeinnütziger Körperschaften

Ein weiteres wichtiges Urteil fällte das Finanzgericht Hamburg am 26.09.2023, das auch 2024 noch Auswirkungen hat. Es betrifft die Zusammenarbeit gemeinnütziger Organisationen. Zentrale Punkte der Entscheidung:

  • Ein planmäßiges Zusammenwirken gemeinnütziger Körperschaften erfordert keine Regelung in der Satzung der leistungsempfangenden Organisation.
  • Das Gericht widerspricht damit der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung, die ein „doppeltes Satzungserfordernis“ verlangte.
  • Diese Auslegung entspricht dem Ziel des Gesetzgebers, die Zusammenarbeit im gemeinnützigen Sektor zu erleichtern und zu entbürokratisieren.

Obwohl dieses Urteil die Kooperation zwischen gemeinnützigen Organisationen vereinfacht, ist zu beachten, dass die Revision zum Bundesfinanzhof noch anhängig ist (Az. V R 22/23).

Schadensersatzforderungen gegen ehemalige Geschäftsführer

Ein drittes bedeutsames Urteil betraf den Fall des ehemaligen Geschäftsführers der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt. Dieses Urteil hat weitreichende Implikationen für die Haftung von Führungskräften in gemeinnützigen Organisationen. Wesentliche Aspekte des Urteils:

  • Der ehemalige Geschäftsführer wurde zu einer Schadensersatzzahlung von ca. 1,8 Millionen Euro verurteilt.
  • Das Gericht sah einen Verstoß gegen das Gebot der ausschließlichen Verwendung von Mitteln für satzungsmäßige Zwecke.
  • Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Compliance und sorgfältiger Geschäftsführung in gemeinnützigen Organisationen.

Handlungsempfehlungen für Ihre NPO

Diese Urteile verdeutlichen die komplexen rechtlichen Herausforderungen, denen sich gemeinnützige Körperschaften gegenübersehen. Um die Gemeinnützigkeit und die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse nicht zu gefährden, sollten Organisationen

  • ihre Einladungsschreiben sorgfältig prüfen und an den Stand der Rechtsprechung anpassen,
  • Kooperationen mit anderen gemeinnützigen Organisationen rechtssicher gestalten,
  • Strikte Compliancerichtlinien einführen und deren Einhaltung überwachen.

Haben Sie Fragen zur Umsetzung dieser Urteile in Ihrer Organisation? Benötigen Sie Unterstützung bei der Anpassung Ihrer Satzung oder Ihrer internen Prozesse? Die Experten aus unserem NPO-Team stehen Ihnen gerne für eine individuelle Beratung zu diesen und weiteren Themen rund um die Gemeinnützigkeit zur Verfügung.

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Elmar Krüsmann

Rechtsanwalt Elmar Krüsmann ist auf die Beratung von Nonprofit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert. Oftmals ist er dabei auch mit grenzüberschreitendem Bezug tätig.

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