Bundesregierung plant das „Kurzprospekt“ für Emissionen bis acht Millionen Euro
Soll ein unternehmerisches Projekt verwirklicht werden oder steht eine unternehmerische Großinvestition an, stellt sich immer wieder die Frage nach der Finanzierung. Abseits der klassischen Bankfinanzierung über ein Darlehen stellt die Emission von Wertpapieren eine geeignete alternative Form der Unternehmensfinanzierung dar. Unternehmen, die Wertpapiere ausgeben, können u.a. auf die bei Darlehen übliche Sicherheitenstellung verzichten. Stattdessen müssen Unternehmen die notwendigen Informationen über das Wertpapier und den Emittenten in einem öffentlich zugänglichen Prospekt zur Verfügung stellen.
Wertpapierprospekt „light“ für Emissionen unter acht Millionen Euro
Die Bundesregierung hat mit einem Gesetzentwurf vom 01.06.2018, der die Emission von Verkaufsprospekten betrifft, für Aufsehen gesorgt. Danach soll eine neue Vorschrift in das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) eingefügt werden, die die Prospektanforderungen für kleinere Emissionen von bis zu acht Millionen Euro Volumen erheblich vereinfachen würde. Anbieter würden für diese künftig keinen vollumfänglichen Verkaufsprospekt nach den Vorschriften des WpPG mehr benötigen, sondern müssten lediglich ein dreiseitiges „Wertpapier-Informationsblatt“ veröffentlichen.
Neues Gesetz könnte ICOs beflügeln
Die neue Vorschrift könnte besonders für Anbieter sog. Initial Coin Offerings (ICOs) bzw. Tokensales interessant sein. Diese neue Form der Unternehmensfinanzierung stieß in der jüngsten Zeit auf enormes Interesse und könnte auf diesem Weg gewissermaßen seine zweite Entwicklungsstufe nehmen. Denn bislang wurden die meisten Tokens im Rahmen von ICOs ohne Verkaufsprospekte ausgegeben, was regelmäßig schlicht dem Umstand geschuldet war, dass diese nicht als Wertpapiere einzuordnen waren. Wegen des geringen formalen Aufwands war dies bisher für Emittenten ein Vorteil.
Andererseits durften derartige Tokens jedoch keine Dividenden oder Ausschüttungen versprechen, und auch die Gewährung von Mitbestimmungsrechten an die Tokenholder war nicht möglich. Daher erhielten die Investoren in der Vergangenheit lediglich Tokens, die ihnen die Chance auf einen Wertzuwachs der Tokens selbst infolge von Kurssteigerungen versprachen. Mit Ansprüchen oder Rechten gegenüber der emittierenden Gesellschaft waren diese aber nicht verbunden.
Geringerer Aufwand zur Erfüllung der Informationspflichten
Die neuen Prospektanforderungen könnten dieses Problem jedoch lösen. Da der Aufwand für die Erstellung eines lediglich wenige Seiten umfassenden Informationsblattes weitaus geringer ist als für das Abfassen eines vollständigen Wertpapierprospekts, wäre es für künftige ICOs wesentlich einfacher, ihren Investoren beteiligungsähnliche Rechte einzuräumen. Damit würden die Tokens – ähnlich wie Anteile am Unternehmen – echte Rechtspositionen vermitteln und wären für ein breiteres Anlegerpublikum attraktiv, als dies bei bisherigen ICOs der Fall war.
WINHELLER unterstützt Unternehmen bei Finanzierungsvorhaben und ICOs
Für Unternehmen mit einem Investitionsbedarf im einstelligen Millionenbereich kann es sich daher sehr lohnen, die weitere Entwicklung der Verkaufsprospektvorschriften im Blick zu behalten. Bei einer Umsetzung des Gesetzentwurfs können sich interessante Möglichkeiten für die Durchführung eines ICOs oder auch die Emission einer herkömmlichen Unternehmensanleihe bieten. Unsere Anwälte aus dem Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht beraten Sie gerne.
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