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Haushaltshilfeleistungen: Nur Leistungen an hilfsbedürftige Personen sind steuerbefreit

Haushaltshilfeleistungen: Nur Leistungen an hilfsbedürftige Personen sind steuerbefreitErbringt ein Unternehmen Haushaltshilfeleistungen sowohl an hilfsbedürftige als auch nicht hilfsbedürftige Privatpersonen, stellt sich die Frage, ob diese insgesamt als steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 16 UStG behandelt werden dürfen. „Nein“, sagt das FG Münster in seinem Urteil vom 25. Februar 2020.

Kommt es für die Befreiung auf die einzelne Leistung an?

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass ein Unternehmen, das Haushaltshilfeleistungen sowohl an hilfsbedürftige als auch an nicht hilfsbedürftige Privatpersonen erbracht hatte, diese insgesamt als steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 16 UStG behandelte. Die Betriebsprüferin versagte die Steuerbefreiung für diejenigen Umsätze, die gegenüber nicht hilfsbedürftigen Privatpersonen erbracht worden waren. Die Steuerbefreiung sei nur für Leistungen an hilfsbedürftige Personen zu gewähren. Da dem dagegen eingelegten Einspruch des Unternehmens vom Finanzamt nicht abgeholfen wurde, reichte es Klage vor dem Finanzgericht ein.

Nach Ansicht der Klägerin komme es auf die Hilfsbedürftigkeit der Person, gegenüber der die Leistung erbracht wurde, nicht an. Stattdessen stelle § 4 Nr. 16 UStG auf die Einrichtung als solche ab. Es würden nicht einzelne Leistungen, sondern die Einrichtung insgesamt von der Umsatzsteuer befreit, sodass auch Haushaltshilfeleistungen an nicht hilfsbedürftige Personen von der Umsatzsteuer befreit seien. Falls das Gericht dennoch auf die einzelne Leistung abstellen wolle, sei Nr. 4 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 53 AO einschlägig. Die Regelung nimmt die Hilfsbedürftigkeit für alle Personen ab einem Alter von 75 Jahren pauschal an.

Konkreter Nachweis der Hilfsbedürftigkeit notwendig

Das Finanzgericht Münster hat die Klage abgewiesen. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG kommt es dem Gericht zufolge auf die einzelne Leistung an. Eine pauschale Steuerbefreiung für die gesamte Einrichtung gibt es nicht. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut sowie der Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 16 UStG.

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Die Steuerbefreiung wird daher nur gewährt, wenn es sich beim Leistungsempfänger um eine hilfsbedürftige Person handelt. Hilfsbedürftig im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG sind Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung und Pflege bedürfen, weil sie krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Für jede betreute oder gepflegte Person müssen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung buchmäßig nachgewiesen werden (siehe Abschnitt 4.16.2 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE)). Eine Pauschalisierung der Hilfsbedürftigkeit für alle Personen über 75 Jahren gemäß Nr. 4 des AEAO zu § 53 AO zwecks Vereinfachung lehnt das Gericht ab. Zum einen lehne sich die Definition der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG an die sozialrechtliche Definition der Hilfsbedürftigkeit an und zum anderen gebe es in § 4 Nr. 16 UStG keinen Verweis auf § 53 AO. Insofern habe § 4 Nr. 16 UStG als spezielleres Gesetz Vorrang vor § 53 AO.

Schwachstellen rechtzeitig identifizieren

Das Urteil des FG Münster hat weitreichende Folgen für Unternehmen, die (steuerfreie) Haushaltshilfeleistungen gemäß § 4 Nr. 16 UStG erbringen. Betroffene Unternehmen müssen die Hilfsbedürftigkeit der von ihnen betreuten oder gepflegten Personen lückenlos und individuell gemäß Abschnitt 4.16.2 des UStAE dokumentieren – ein hoher Verwaltungsaufwand. Wie das Finanzgericht Münster betont hat, ist zudem eine pauschale Annahme, alle Personen, die eine bestimmte Altersgrenze überschritten haben, seien hilfsbedürftig, nicht zulässig.

Unternehmen, die auf Nummer sicher gehen wollen, beauftragen in Vorbereitung auf die nächste Betriebsprüfung ihren Steuerberater mit der Durchführung einer Betriebsprüfungssimulation, um mögliche Schwachstellen in der steuerlichen Dokumentation zu identifizieren und die Dokumentation finanzamts- und gerichtsfest aufzusetzen. Gerne sind Ihnen dabei unsere Experten für Gemeinnützigkeitsrecht behilflich.

FG Münster, Urteil v. 25.02.2020 – 15 K 2427/17 U

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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