FTX, die einst drittgrößte Kryptobörse der Welt, ist bei Investoren im Kryptobereich spätestens seit dem 09.11.2022 in aller Munde. An diesem Tag berichteten weltweit die Medien über Zahlungsschwierigkeiten der Plattform. Binance, der unangefochtene Weltmarktführer, wurde zwar kurzzeitig als Retter gehandelt. Daraus wurde allerdings nichts. Binance hat schnell eine Rolle rückwärts vollzogen und sich von der Übernahme von FTX distanziert – zu groß und nicht mehr zu stopfen waren offensichtlich die Löcher in den Bilanzen von FTX.
Insolvenzantrag ist gestellt
FTX hat in den USA mittlerweile einen Insolvenzantrag gestellt. Das Problem für Anleger: Kryptowerte, die FTX für Investoren verwahrt, könnten Teil des Konkursverfahrens werden. Der FTX-Investor könnte so zum gewöhnlichen, ungesicherten Insolvenzgläubiger werden. Er würde damit den Zugang zu seinen Kryptoeinlagen verlieren.
Betroffene Anleger sollten das weitere Verfahren aufmerksam verfolgen, um ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren nicht zu verlieren. Möglicherweise bietet sich ihnen auch die Möglichkeit, sich kostengünstig einer Sammelklage gegen FTX oder sonstige Beteiligte anzuschließen, um so zumindest für einen Teil ihrer erlittenen Verluste entschädigt zu werden. Solche Sammelklagen sind in den USA häufig in Fällen anzutreffen, in denen eine Vielzahl von Menschen durch ein Unternehmen geschädigt wurde.
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Steuerliche Auswirkungen der FTX-Insolvenz auf deutsche Investoren
Daneben kann auch das Steuerrecht dazu dienen, den erlittenen Schaden zu begrenzen. Investoren, die vor der endgültigen Schließung von FTX noch die Möglichkeit hatten, sich von Kryptowerten in ihrem Portfolio mit Verlust zu trennen, können diese Verluste steuerlich geltend machen, sofern die veräußerten Kryptowerte vor weniger als einem Jahr vor ihrem Verkauf angeschafft wurden. Solche Verluste mindern mögliche (künftige) Gewinne und helfen damit, Steuern zu sparen. Sie sind also bares Geld wert.
Sie wirken steuerlich aber nur dann, wenn sie auch realisiert wurden. Genauso wie Gewinne erst dann zu besteuern sind, wenn ein Coin (innerhalb eines Jahres nach Anschaffung) mit Gewinn veräußert wurde, sind Verluste nur dann steuersparend einsetzbar, wenn ihnen ein Veräußerungsvorgang zugrunde liegt. Reine Schwankungen der Kurse von Kryptowährungen hingegen gehören zur Normalität und haben steuerlich keinerlei Auswirkungen. Auch die Insolvenz einer Börse, die dazu führt, dass der Anleger auf sein Depot nicht mehr zugreifen kann, ist keine Veräußerung in diesem Sinne und führt daher nach aktueller Gesetzeslage nicht zu einem steuerlich relevanten Verlust beim Anleger.
Bitte beachten Sie insoweit auch unseren ausführlichen Beitrag zum Thema Verluste.
Steuerlicher Verlust ausnahmsweise auch ohne Veräußerung möglich?
Ist der Handel über FTX bereits ausgesetzt, sind Veräußerungen nicht mehr möglich. Der Anleger kann seine Verluste also nicht mehr realisieren, steuerlich relevante Verluste nicht mehr kreieren. Erschwerend kommt hinzu, dass ein länger andauerndes Insolvenzverfahren die im deutschen Recht geltende Haltefrist von einem Jahr weit überschreiten wird. Selbst wenn der Anleger dann also wieder Veräußerungen vornehmen könnte, wären die nach einem Jahr realisierten Verluste steuerlich nicht mehr relevant. So erging es übrigens auch den von der Insolvenz der Kryptobörse Mt. Gox betroffenen Anlegern. Das Mt.-Gox-Insolvenzverfahren dauert bereits seit vielen Jahren an; in all den Jahren hatten die Anleger keine Chance, über ihre Kryptowährungen zu verfügen.
Verlust und Veräußerung sollten gleichbehandelt werden
Diese Rechtslage wirft die Frage auf, ob sie gerecht ist. Macht es einen Unterschied, ob ein Verlust durch eine Veräußerung realisiert wird, die dem Anleger einen Wert von z.B. nahezu 0 Euro einbringt (und einen steuerlich verrechenbaren Verlust) oder ob der Anleger dadurch einen Totalverlust erleidet, dass er tatsächlich nicht mehr über seine Coins verfügen kann, z.B. weil er keinen Zugriff mehr auf seinen Account hat oder weil er seine Coins im Zuge eines Scams endgültig verloren hat (ohne, dass er damit einen steuerlich relevanten Verlust generiert)?
Wirtschaftlich sind beide Fälle gleichwertig. In beiden Fällen ist die Leistungsfähigkeit des Anlegers in derselben Höhe gemindert. Unseres Erachtens müssen diese beiden Fälle daher steuerlich gleichbehandelt werden. Zumindest aus unserer Sicht sprechen verfassungsrechtliche Gründe, z.B. der Gleichbehandlungsgrundsatz und das ihn konkretisierende Leistungsfähigkeitsprinzip, dafür, dass die Verluste auch in Fällen, in denen z.B. eine Börse wie FTX sämtliche Auszahlungen sperrt und in die Insolvenz rutscht, vom Finanzamt anerkannt werden müssen.
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