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Freiwillige Sonderzahlungen keine betriebliche Übung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich kürzlich in verschiedenen Parallelsachen wieder einmal mit „freiwilligen“ Sonderzahlungen zu beschäftigen. Im neuesten Streitfall war zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmer arbeitsvertraglich die Zahlung eines jährlichen Weihnachtsgeldes vereinbart, das „derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt“ und dessen Höhe „jährlich durch die Arbeitgeberin bekannt gegeben wird“. Zugleich war vereinbart, dass es sich um eine „freiwillige Leistung“ handeln solle. Bis einschließlich des Jahres 2013 leistete die Arbeitgeberin in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehaltes.

Aufgrund eines negativen Betriebsergebnisses entschied die Arbeitgeberin im September 2014, keine weiteren Boni an die Belegschaft zu zahlen und unterrichtete die Mitarbeiter im Oktober 2014, dass die gesamtwirtschaftliche Lage die Zahlung eines Weihnachtsgeldes nicht zulasse. Tatsächlich drohte der Arbeitgeberin bei Zahlung erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone.

Höhe der Sonderzahlung liegt im Ermessen des Arbeitgebers

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen und das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben hatte, entschied nun das BAG, dass die Klage unbegründet sei. Zwar hindere die Bezeichnung des Weihnachtsgeldes als „freiwillige Leistung“ nicht die Entstehung eines Anspruchs des Arbeitnehmers. Jedoch konnte die Arbeitgeberin die Bestimmung der Höhe der Sonderzahlung in ihr billiges Ermessen legen. Die wirtschaftliche Schieflage rechtfertigte somit die Reduzierung der Sonderzahlung im Rahmen des billigen Ermessens der Arbeitgeberin.

Keine betriebliche Übung durch langjährige Zahlung in gleicher Höhe

Das BAG entschied zudem, dass durch die langjährige vorbehaltlose Zahlung des Weihnachtsgeldes in gleichbleibender Höhe weder eine Vertragsänderung eingetreten ist noch eine betriebliche Übung entstanden ist. Nach Ansicht des BAG habe die Arbeitgeberin nicht mehr getan, als die bestehende arbeitsvertragliche Vereinbarung umzusetzen und ihr Ermessen bei der Bestimmung der Höhe der Sonderzahlung auszuüben. Anhaltspunkte für den Willen einer Vertragsänderung habe es nicht gegeben.

Rechtliche Beratung zur Gestaltung von Sonderzahlungen und Gratifikationen

Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen. Nach faktischer Abschaffung des früher sehr verbreiteten Freiwilligkeitsvorbehalts durch die Rechtsprechung des BAG stärkt die Entscheidung die Möglichkeiten zur Vereinbarung von sog. Ermessensvergütungen. Der Arbeitgeber erhält dadurch mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung seines Vergütungssystems, ohne dass eine betriebliche Übung entsteht, auch wenn der Arbeitgeber über lange Jahre Sonderzahlungen in gleichbleibender Höhe zahlt.

Rund um die rechtliche Beratung bei der Gestaltung von flexiblen Vergütungssystemen und die gerichtliche Vertretung bei Streitigkeiten um die Zahlung von Gratifikationen und Sonderzahlungen stehen Ihnen unsere Spezialisten für Arbeitsrecht gerne zur Seite.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2017, 10 AZR 376/16
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2017, 10 AZR 97/17

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Ellen Pusch

Rechtsanwältin Ellen Pusch hat sich am Standort München auf das Arbeitsrecht und als zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV) auf das Erbrecht spezialisiert. Sie gestaltet und optimiert Arbeits-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträge und begleitet Umstrukturierungsvorhaben und M&A-Transaktionen (Betriebsübergänge).

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