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Minderheitenschutz im Verein: Einberufung von Mitgliederversammlungen durch gerichtliche Ermächtigung

Einberufung von Mitgliederversammlungen durch gerichtliche Ermächtigung

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem aktuellen Beschluss vom 05.09.2024 (Az. 27 W 73/24) die Beschwerde eines Vereins gegen die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Mitgliederversammlung zurückgewiesen. Der Fall zeigt, wie wichtig die Rechte der Vereinsmitglieder sind und wie diese wirksam durchgesetzt werden können, wenn der Vereinsvorstand untätig bleibt.

Minderheitsbegehren im Verein

Ein Verein sah sich mit einem Minderheitsbegehren nach § 37 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) konfrontiert. Diese Vorschrift gibt einer qualifizierten Minderheit von Vereinsmitgliedern das Recht, die Einberufung einer Mitgliederversammlung zu verlangen, wenn der Vorstand dieser Pflicht nicht nachkommt.

Um ein Einberufungsverlangen geltend zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Eine Minderheit von mindestens einem Zehntel der Mitglieder oder ein in der Satzung bestimmter geringerer Teil der Mitglieder muss das Verlangen geltend machen.
  • Das Verlangen muss schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe an den Vorstand gerichtet werden.
  • Der Vorstand muss dem Verlangen nicht nachgekommen sein.

Im konkreten Fall hatte der Vorstand des Vereins trotz Ankündigung keine Einladung zu einer beantragten Mitgliederversammlung verschickt. Eine ursprünglich für den 26.04.2024 anberaumte Versammlung war ohne Angabe von Gründen abgesagt worden, und auch für einen späteren Termin war keine Einladung erfolgt. Das Amtsgericht (AG) Lemgo hatte daraufhin auf Antrag der Mitglieder eine gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung der Versammlung erteilt.

Hiergegen wandte sich der Verein mit dem Argument, die Voraussetzungen für eine solche Ermächtigung lägen nicht vor.

Qualifizierte Minderheit kann Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen

Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Vereins als unbegründet zurück: Nach § 37 Abs. 1 BGB kann eine qualifizierte Minderheit die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen, wenn der Vorstand dieser Pflicht nicht nachkommt. Die gerichtliche Ermächtigung soll den betroffenen Mitgliedern die Möglichkeit geben, ihr Recht auf Mitwirkung an Vereinsentscheidungen durchzusetzen.

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Im vorliegenden Fall seien diese Rechte durch das Verhalten des Vorstands verletzt worden, da weder die ursprünglich geplante Versammlung durchgeführt noch wie angekündigt eine neue Einladung versandt worden sei. Die Mitglieder hätten auch ein berechtigtes Interesse an einer zeitnahen Durchführung der Versammlung gehabt, da wichtige Entscheidungen – wie z.B. Vorstandswahlen – getroffen werden mussten. Solange der Vorstand seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, habe das Minderheitsbegehren Bestand. Das OLG Hamm führte hierzu aus, dass nur eine tatsächlich erfolgte Einladung durch den Vorstand dem Minderheitsbegehren die Grundlage entziehen könne. Die bloße Ankündigung einer Einberufung reiche nicht aus.

Das Gericht stellte zudem klar, dass Beschlüsse einer aufgrund gerichtlicher Ermächtigung einberufenen Versammlung die gleiche Wirksamkeit haben wie die einer ordnungsgemäß einberufenen Mitgliederversammlung.

Mitgliederrechte wahren und Konflikte mit Mitgliedern vermeiden

Die Entscheidung des OLG Hamm unterstreicht die Bedeutung der Mitgliederrechte im Verein und zeigt, dass Vorstände die Interessen der Mitglieder stets im Blick haben müssen. Vorstände sind daher gut beraten, die Interessen der Mitglieder nicht aus den Augen zu verlieren. Vorstände sollten Mitgliederversammlungen rechtzeitig und fristgerecht einberufen und im Falle der Absage oder Verschiebung den Mitgliedern eine angemessene Begründung geben. Eine gerichtliche Auseinandersetzung kann erhebliche Kosten und Reputationsschäden verursachen, daher sollten Konflikte möglichst frühzeitig intern geklärt werden.

Vorstände müssen daher die satzungsmäßigen und gesetzlichen Regelungen zur Wahrung der Mitgliederrechte genau kennen und beachten. Die Regelungen sollten auf die individuellen Bedürfnisse des Vereins und seiner Mitglieder zugeschnitten sein und die Vereinsarbeit nicht lähmen, z.B. durch missbräuchliche Anträge. Minderheitenrechte sollten so ausgestaltet sein, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Mitglieder und der Handlungsfähigkeit des Vorstands gewahrt bleibt. Eine gute Satzung ist auf die individuellen Bedürfnisse des Vereins zugeschnitten und so gestaltet, dass sie einen Missbrauch der Mitglieder- und Minderheitenrechte erschwert, ohne diese auszuhebeln.

Unsere Experten unterstützen Sie gerne bei der Gestaltung Ihrer Satzung. Wir beraten Sie individuell und helfen Ihnen, rechtssicher und im Sinne einer guten Vereinsführung zu handeln.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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