
Eine Mitgliederversammlung ist einzuberufen, wenn 10% der Mitglieder dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangen. Dieses gesetzlich in § 37 BGB geregelte Minderheitsbegehren dient zum einen dem Minderheitenschutz, indem es gewährleistet, dass die Vereinsminderheit ihr Anliegen der Mitgliederversammlung als oberstem Vereinsorgan zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen kann. Zudem ist es auch Instrument der Vorstandskontrolle, da das Einberufungsrecht Mittel ist, der Entstehung einer Funktionärsherrschaft vorzubeugen.
Wird das erforderliche Quorum erreicht, können die Mitglieder des Vereins vom Vorstand die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen. Kommt der Vorstand dem nicht nach, können die betroffenen Vereinsmitglieder die Einberufung der begehrten Mitgliederversammlung gerichtlich erzwingen. Daraufhin ermächtigt das zuständige Gericht die Mitglieder zur Einberufung und Durchführung der Mitgliedersammlung. Das Gericht kann außerdem anordnen, wer die Mitgliedersammlung leiten soll.
Tagesordnungsergänzungsrecht
Das Minderheitenbegehren schließt das Recht ein, Ergänzungen der Tagesordnung zu verlangen. Dafür gelten die gleichen Voraussetzungen wie für das Minderheitsbegehren.
Regelungsmöglichkeiten in der Satzung
Das gesetzliche Einberufungsrecht und Tagesordnungsergänzungsrecht kann nicht durch eine abweichende Satzungsregelung ausgeschlossen werden. Möglich ist es jedoch, eine von dem gesetzlichen 10-Prozent-Quorum abweichende Regelung in die Satzung zu integrieren. Dabei ist zu beachten, dass die Satzung den für die Einberufung erforderlichen Teil der Mitglieder nicht auf die Hälfte der Mitglieder oder mehr festsetzen darf. Umgekehrt ist jedoch anzumerken, dass bei Publikumsvereinen schon das Erfordernis von 10% eine große Hürde darstellt, die eine wirksame Vorstandskontrolle sehr erschweren kann, sodass über ein geringeres Quorum nachgedacht werden muss.
Ehemaliges Vorstandsmitglied ficht Ermächtigung des Amtsgerichts an
Gegen die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung und Leitung einer Mitgliederversammlung kann Beschwerde eingelegt werden. Bei Erfolg führt diese dazu, dass die durch das Gericht ausgesprochene Ermächtigung nichtig ist. Zulässig ist die Beschwerde jedoch nur, wenn sie der Vorstand als gesetzlicher Vertreter des Vereins gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB oder aber die Mitglieder des Vereins in der erforderlichen Mindestanzahl einlegen.
Im einem kürzlich vom Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg zu entscheidenden Fall hatte das Amtsgericht zwei Mitglieder ermächtigt, eine Mitgliederversammlung zur Neuwahl des Vorstandes durchzuführen. Die Mitgliederversammlung wurde entsprechend durchgeführt und ein neuer Vorstand gewählt. Ein Mitglied des bisherigen Vorstandes wollte dann im Nachhinein die Ermächtigung anfechten. Das lehnte das Registergericht ab – zu Recht, wie das OLG entschied: Den Beschluss des Registergerichts, der eine Ermächtigung ausspricht, kann nur der Verein, vertreten durch seinen Vorstand, anfechten. Da das anfechtende Mitglied aber in der betreffenden Mitgliederversammlung als Vorstand abgewählt worden war, hatte es im Nachhinein als nunmehr einfaches Mitglied kein Anfechtungsrecht.
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Das Gericht stellte zudem klar, dass die auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse auch dann wirksam sind, wenn sich die Ermächtigung im Nachhinein als nichtig erweist. Der amtierende Vorstand kann also nur vor der Einberufung der Versammlung wirksam gegen die Ermächtigung vorgehen. Es steht ihm zudem frei, selbst eine Versammlung einzuberufen, weil die gerichtliche Ermächtigung das Einberufungsrecht des Vorstands nicht (zeitweilig) aufhebt.
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OLG Brandenburg Beschluss v. 09.06.2023 – 7 W 57/23
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