Der Grat zwischen Selbstlosigkeit und Eigennützigkeit eines Stifters ist schmal. Verfolgt der Stifter mit der Errichtung seiner Stiftung primär eigennützige Zwecke, ist die Gemeinnützigkeit der Stiftung in unmittelbarer Gefahr.
Sammler errichtete Kunststiftung
Im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass ein zu starkes Eigeninteresse des Stifters gemeinnützigkeitsschädlich ist. Ein Sammler von Kunstgegenständen hatte eine Stiftung errichtet, der er seine Kunstgegenstände im Wert von ca. 121.000 Euro überließ. Die Stiftung sollte die Sammlung verwalten, um neue Kunstgegenstände erweitern und auch Kunstprojekte fördern.
Vermögenstrennung nicht ausreichend
Unbedachterweise beließ der Stifter die Kunstgegenstände anfangs in seinem Haus, wenn auch in speziell der Stiftung zur Verfügung gestellten Räumen. Danach mietete die Stiftung separate Räume, die jedoch in räumlicher Nähe zum Haus des Stifters lagen. Aus der Sammlung wurden nur einzelne Kunstobjekte kurzzeitig in Museen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies war für das Finanzamt Grund genug, der Stiftung aufgrund der Gesamtumstande den Gemeinnützigkeitsstatus zu entziehen. Denn, so das Finanzamt, es mangelte der Stiftung an der notwendigen Selbstlosigkeit, die für die Anerkennung als gemeinnützig zwingende Voraussetzung ist.
Die Stiftung verteidigte sich im Wesentlichen damit, dass die Einrichtung von Ausstellungsräumen eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, da Versicherungsfragen geklärt, ferner geeignete Räumlichkeiten gefunden und auch spezielle Bilderrahmen etc. angeschafft und eingebaut werden müssten.
Keine Vergabekriterien und fehlende Besitzaufgabe schädlich
Dies überzeugte allerdings auch den BFH nicht. Seiner Auffassung zufolge hatte der Stifter seinen Besitz an den Kunstgegenständen nicht ausreichend eingeschränkt. Vielmehr hatte er jederzeit Zugang zu den Gegenständen, die anfangs sogar im Erdgeschoss seines Wohnhauses untergebracht waren.
Der Stifter hatte, so der BFH, die Kunstgegenstände der Stiftung daher faktisch gar nicht übergeben. Das höchste deutsche Finanzgericht störte sich auch an den fehlenden Vergabekriterien für Stipendien. Sie waren nicht transparent; vielmehr vergab die Stiftung Stipendien nach Gutdünken des Stifters. Insgesamt, so der BFH, diente die Stiftung daher dazu, die Sammlung für den Stifter zu erhalten und sie zum Nutzen des Stifters auszuweiten. Dies sei eigennützig, aber nicht gemeinnützig.
Abgrenzung zwischen Selbstlosigkeit Eigeninteresse fließend
Die Abgrenzung zwischen Selbstlosigkeit einerseits und schädlichem Eigeninteresse andererseits ist fließend und einzelfallabhängig. Vorliegend dürften für den BFH die Gesamtumstände maßgeblich gewesen sein, der Stiftung die Selbstlosigkeit abzusprechen. Allein der Umstand des ungehinderten Zugangs zu den früheren eigenen Kunstgegenständen rechtfertigt jedenfalls den Entzug der Gemeinnützigkeit nicht. Auch wird man einer Stiftung eine gewisse Zeit einräumen müssen, geeignete Ausstellungsräume zu finden und sie angemessen einzurichten. Gerade bei hochwertigen Kunstsammlungen wäre ein überstürztes Vorgehen falsch. Auch die Nähe der später angemieteten Räumlichkeiten zum Wohnhaus des Stifters ist für sich genommen kein überzeugender Grund, der Stiftung die Selbstlosigkeit abzusprechen. Häufig ist eine räumliche Nähe zwischen Stiftung und Stifter sogar sinnvoll. Schließlich profitiert die Stiftung regelmäßig vom Engagement des Stifters, sei es durch sein Einwerben von Spenden oder durch das (kostenfreie oder vergünstigte) Überlassen von Räumlichkeiten.
Angesichts der Tatsache, dass im vorliegenden Fall offenbar alle genannten Gesichtspunkte zusammenkamen und es darüber hinaus an objektiven Kriterien für die Vergabe der Stipendien mangelte, ist die Entscheidung des BFH aber richtig.
Bei weiteren Fragen zum Stiftungsrecht oder zum Verlust der Gemeinnützigkeit sind Ihnen unsere erfahrenen Anwälte gerne behilflich.
BFH, Beschluss vom 24.05.2016, Az. V B 123/15
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