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AWO — die Wiedererlangung der Gemeinnützigkeit

Die AWO Frankfurt und die Aberkennung von deren Gemeinnützigkeit war ein Thema, das unter den gemeinnützigen Organisationen für Aufmerksamkeit gesorgt hatte (wir berichteten). Nach dem Verlust der Gemeinnützigkeit für die Jahre ab 2014 gab die AWO Frankfurt nun bekannt, dass sie den Status der Gemeinnützigkeit wiedererlangt habe.

Grund für die Aberkennung seien erhebliche Mittelfehlverwendungen und der damit verbundene Verstoß gegen das Selbstlosigkeitsgebot des § 55 AO gewesen.

Keine Steuerbegünstigung für entsprechende Veranlagungszeiträume

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit führt nicht zu einem endgültigen Verlust der Steuerbegünstigung, wie dies z.B. bei Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke der Fall ist. Vielmehr wird die Steuerbegünstigung bei der sog. Aberkennung der Gemeinnützigkeit nur für die Veranlagungszeiträume versagt, in denen der Verstoß gegen die gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen festgestellt worden ist.

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Die „Wiedererlangung“ der Gemeinnützigkeit steht den betroffenen Organisationen offen, sofern die in der Satzung oder in der tatsächlichen Geschäftsführung begründeten Ursachen für die Aberkennung beseitigt worden sind — so auch im Fall der AWO Frankfurt.

Wann droht ein Verlust der Gemeinnützigkeit?

Die Versagung der Steuerbegünstigung erfolgt durch den Erlass von Steuerbescheiden durch das zuständige Finanzamt. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Wichtig ist, dass nicht jeder Verstoß gegen gemeinnützigkeitsrechtliche Vorschriften oder andere Rechtsnormen unmittelbar zur Aberkennung der Steuerbegünstigung führt. Vielmehr lassen sich drei Stufen unterscheiden:

1. Stufe

Einmalige und geringfügige Verstöße, die nicht fortgesetzt werden, können unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit den Entzug der Gemeinnützigkeit nicht rechtfertigen. Als „Sanktion“ kommt in solchen Fällen vielmehr eine behördliche Auflage in Betracht, die zu befolgen ist. Wird dagegen verstoßen, liegt ein sanktionierbarer Verstoß vor, der zur Aberkennung führt. 

2. Stufe

Als zweite Kategorie können punktuelle, schwerwiegende Verstöße verstanden werden, die nicht kontinuierlich auftreten. Diese Verstöße sind also nicht struktureller Natur, sondern es wird nur vereinzelt gegen Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen. In solchen Fällen erfolgt eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit für einzelne, nicht bestandskräftige Veranlagungszeiträume.

3. Stufe

Fortgesetzte und besonders schwerwiegende Verstöße können zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit für bis zu zehn Jahre und damit zum rückwirkenden Verlust aller Steuervergünstigungen führen. Hierunter fallen insbesondere Verstöße gegen gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsätze, die struktureller Art sind, wie z.B. ein Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung. Auch Verstöße der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Rechtsordnung können hierunter fallen, wenn sie von der betreffenden Körperschaft systematisch und mit einer gewissen Planmäßigkeit herbeigeführt werden.

Folgen des Entzugs der Gemeinnützigkeit

Wird die Gemeinnützigkeit aberkannt, folgt eine steuerliche Behandlung ohne Privilegien wie die Befreiung von der Körperschaft- oder Gewerbesteuer nach § 5 Nr. 9 KStG bzw. § 3 Nr. 6 GewStG.

Dies kann zu erheblichen Steuernachzahlungen führen, da alle Gewinne steuerpflichtig sind, die den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1–3 EStG). Darüber hinaus besteht das Risiko der Spendenhaftung. Allerdings bleiben z.B. Mitgliedsbeiträge steuerfrei.

Keine nachträgliche Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen

Auch wenn die Steuerbegünstigung für die Zukunft wiedererlangt wurde, darf die gemeinnützige Körperschaft für Veranlagungszeiträume, für die die Steuerbegünstigung versagt wurde, keine Zuwendungsbestätigungen ausstellen.

Die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen ist nur bei Körperschaften möglich, bei denen der Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer nicht länger als fünf Jahre oder die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Im Falle der AWO besteht diese Möglichkeit nicht, da die Gemeinnützigkeit ab 2014 aberkannt wurde.

Umfassende Beratung zum Entzug der Gemeinnützigkeit

Unsere Experten stehen Ihnen bei einer drohenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit oder bei der Beseitigung von Aberkennungsgründen, die in der Satzung oder in der tatsächlichen Geschäftsführung liegen sind, gerne zur Verfügung.

Weiterlesen:
Aberkennung der Gemeinnützigkeit
AWO-Skandal: Was können gemeinnützige Organisationen daraus lernen?

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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